Wie war das damals mit Gerhard Schröder, Frau Fischer?
Almuth Fischer war 23 Jahre die Vorsitzende im Freundeskreis und Förderverein der Bibliotheksgesellschaft Lehrte und gehörte 1986 zu den Gründungsmitgliedern.
Im E-Mail-Interview gibt sie Lesetipps für den Sommer und erzählt eine Anekdote über eine Lesung in den neunziger Jahren, für die sie den damaligen Ministerpräsidenten Gerhard Schröder als Gastleser gewinnen konnte.
Was zeichnet den Förderverein der Bibliotheksgesellschaft Lehrte aus?
Den Verein zeichnet das Bemühen aus, Lobbyisten- und PR-Aufgaben zur Förderung der Stadtbibliothek wahrzunehmen. In Zeiten knapper Kassen bleiben Einrichtungen, die in kommunalen Haushalten keine Pflichtveranstaltung sind, leicht mal auf der Strecke. Wir versuchen daher, die Bibliothek in ideellem Sinne – grundgesetzliches Recht des Bürgers auf Information – und auch im praktischen Sinne zu unterstützen und zu fördern.
Sie haben im Laufe der Jahre viele Aktivitäten ins Leben gerufen, um die Menschen zum Lesen zu bewegen. Welche davon legen sie den Lehrtern besonders an Herz?
Ans Herz legen möchte ich den Lehrtern und darüber hinaus allen: Lesen kann durch keine andere Aktivität ganz ersetzt werden! Lesen fördert Bildung und Wissen. Hörbücher, Tonkassetten und Fernsehen sind nicht unwichtig, sie tragen jedoch nicht in dem Maße zur Ausbildung von Fantasie, Kreativität und Vision bei wie die Printmedien. Mit ihnen hat jeder Mensch die unersetzbare Möglichkeit, sich und die Welt selbst zu gestalten.
Können Sie mit Ihren Aktionen auch Schüler erreichen?
Schüler waren lange Zeit ein Schwerpunkt unserer Aktivitäten: Es gab die Jugendbuchwoche, Bibliotheksfeste etc. Leider mussten wir feststellen, dass Jugendliche – wenn überhaupt – nur mäßiges Interesse zeigten. Daher werden Schulen (hier die Grundschulen) mit Autorenlesungen, veranlasst durch die Stadt-und Schulbibliothek, abgedeckt. Der Förderverein kauft verstärkt Klassensätze und fördert Leseprogramme der Schulen.
Es ist Sommerzeit: Welche drei Bücher empfehlen Sie den Lehrtern als Urlaubslektüre? Warum?
Hier meine Vorschläge: „Der falsche Apostel“ von Peter Temayne. Der Ferienzeit angemessen ein Band mit Kurzgeschichten. Kriminalfälle die im Irland des 7. Jahrhunderts spielen. Eine Nonne, Schwester Fidelma, die gleichzeitig Anwältin in der keltischen Rechtsprechung ist, löst die Probleme mit Witz und scharfem Verstand. Eine spannende Lektüre! „Die Hütte“ von William Paul Young. Dort begegnen wir einer Auseinandersetzung mit Glaubensfragen, die verpackt in eine märchenhafte Geschichte, unterhaltsam und nachdenkenswert ist. „Die souveräne Leserin“ von Alan Bennett ist ein höchst vergnügliches Werk, das sich mit den Lesegewohnheiten der Queen befasst, die plötzlich eine Leihbibliothek frequentiert.
In den neunziger Jahren gelang Ihnen ein Coup: Als Gastleser konnten Sie Gerhard Schröder, damals noch Niedersachsens Ministerpräsident, gewinnen. Erzählen Sie uns doch kurz, wie es dazu kam und wie die Resonanz bei der Lesung war?
Einen Coup möchte ich diese Geschichte nicht nennen, eher schon eine Sparmaßnahme. In den 90er Jahren, als wir noch das Bibliotheksfest veranstalteten, fehlte uns für eine Abendveranstaltung ein Autor für eine Lesung. Mir war zu der Zeit das damals erschienene Buch „Reifeprüfung“ von Gerhard Schröder in die Hände gekommen und hier sah ich die Rettung für unseren Programmpunkt und unsere finanziellen Sorgen. Der Förderverein war dem MP kein Unbekannter, da seine damalige Ehefrau Hiltrud Schröder die Präsidentin unseres Niedersächsischen Dachverbandes war. Auf Anfrage kam aus der Staatskanzlei eine Zusage und keinerlei Honorarforderungen. Ich war also frohen Mutes. Das Bibliotheksfest fand statt und war den ganzen Tag über außerordentlich gut besucht. Für den Abend hatten wir das Forum im Lehrter Gymnasium vorgesehen. Wie es sich zu unserem großen Schrecken dann herausstellte, leerte sich die Stätte mit zunehmendem Abend. Kurz vor dem Eintreffen des Gastes musste ich begreifen, dass es die von mir erwarteten Besucherströme nicht geben würde! Peinlich berührt standen wir in der Eingangshalle als Gerhard Schröder mit seiner Begleitung eintraf. Ich rief ihm gleich entgegen: „Es sind keine Besucher gekommen.“ Daraufhin meinte er ungerührt und sichtlich amüsiert: “Macht nichts, dann gehen wir gleich zum Italiener“. Es wurde am Ende doch noch eine nette, kleine Gesprächsrunde in den Räumen der Bibliothek.
Jetzt, wo Sie Ihr Vorstandsamt im Förderverein an Sabine Spengler abgegeben haben, haben Sie bestimmt etwas Zeit übrig. Wie nutzen Sie diese?
Ganz ohne Arbeit am Buch geht es bei mir doch nicht. Ich nehme weiterhin meine Mitgliedschaft bei dem Förderverein Freunde und Förderer der Gottfried Wilhelm Leibnitz Bibliothek e.V. (Nds.Landesbibliothek) wahr. Weiter bin ich Mitglied in der Israel Jacobson Gesellschaft, die für die Liberale jüdische Gemeinde eine Bibliothek aufbaut. Hier ist Basisarbeit gefordert, an der ich mich gerne beteilige.
Mal abgesehen vom Förderverein der Bibliotheksgesellschaft: Was macht Lehrte lebenswert?
Richtige „Lehrter“ sind mein Mann und ich nicht gerade, wir wohnen nämlich erst seit 1975 in dem Ortsteil Ahlten und fühlen uns doch „als Zugereiste“ sehr wohl dort. Lebenswert ist unser Dorf allemal, außer Grün und einer Feldmark – ideal für Fahrradfahrten und Spaziergänge mit dem Hund – bietet es eine ausgezeichnete Infrastruktur. Mir als angestammter Schwäbin ist die norddeutsche Tiefebene sehr vertraut geworden.
Und was sollte in Lehrte besser werden?
Lehrte sollte mehr „aus sich machen“. Ich bin überzeugt davon, dass es in gemeinsamen Aktivitäten zu schaffen ist, die Stärken dieser kraftvollen Stadt hervorzuheben und im Wettbewerb mit anderen Gemeinden in der Region seinen Platz zu finden. Ich denke, Lehrte ist mit seinem Stadtmarketing auf einem guten Weg dahin.
Seit Anfang 2009 schreiben Bürgerreporter aus Lehrte auf dem Portal myheimat. Was halten Sie von dem Projekt?
Ich denke, es ist ein guter Ansatz, sich mit dem regionalen Umfeld zu beschäftigen und „Heimat“ zu empfinden. Es regt Nachdenken darüber an, selbst aktiv zu werden.
Hallo Almuth,
schön von Deinen vielen Aktivitäten zu lesen. Ich wünsche Dir noch viel GLÜCK bei der Basisarbeit im Zusammenhang mit dem Aufbau einer Bibliothek für die Liberale jüdische Gemeinde. Reinhard