Tennis einst und heute in Lehrte - ein Rückblick
Ende Mai 2009 konnte der Tennis-Club Rot-Gold Lehrte das 40jährige Bestehen seiner Tennisanlage am Lehrter Stadtpark/Hohnhorstweg feiern. Ich habe damals zur Eröffnung eine Chronik verfasst, die sich auch mit der Lehrter Tennisgeschichte befasst. Vielleicht interessiert es , vielleicht gibt es noch Lehrter Bürger, die sich an die erste Lehrter Tennisanlage bei Bethmann an der Iltener Straße erinnern. Viel Spaß beim Lesen. lrl
Festschrift zum 25jährigen Bestehen des Tennis-Clubs Rot-Gold Lehrte
Gelesen, gehört, notiert
und aus eigener Erfahrung:
Von Lothar Rolf Luhm
Tennis ist kein Sport wie jeder andere. Tennis gleicht einem Duell auf zwei Pistolen, nur mit dem Unterschied, daß jeder sich bemüht, möglichst dorthin zu schießen, wo der Partner nicht steht. Tennisspieler duellieren sich auf Distanz - und bis zur letzten Minuten bleibt ungewiß, wer Sieger wird. Der Mensch, der sich entschlossen hat, dieses Spiel zu erlernen, sollte zu allererst gewarnt werden: Er wird leiden von der ersten Stunde an; er wird süchtig werden und Ärger bekommen mit vielen Mitspielern; er wird mehr Niederlagen als Siege erleben.
Das Geheimnis eines knallharten Aufschlags wird ihn bis in den Schlaf verfolgen. Er wird neidisch nach jenen schielen, die das Vorrecht genießen, zum Zwecke des Trainings leicht einen Platz belegen zu können, während er sich unter denjenigen befindet, die sich um einen Platz in der Rangliste bemühen.
Tennis ist ein Sport, der dem zuschauenden Laien leichte Beschwingtheit vorspiegelt, wo jedoch hundert und tausend Stunden langen Übens dahinterstehen. Tennis vermittelt dem Beobachter leicht das Gefühl, ein Kinderspiel zu sein, obgleich gerade Tennis viel Schweiß und Muskelkater verursacht. Tennis hat den Charakter eines heimlichen Gauklers, eines Verführers : Schau her, so leicht ist das - das kannst du doch auch !
Kenner der Materie behaupten, daß der Boxer im Ring der einsamste Mensch der Welt sei. Sie irren Der Tennisspieler ist tausendmal einsamer. Der Boxer spürt und hört die Zuneigung seiner Freunde auch noch in der Niederlage; die Freunde eines Tennisspielers werden stumm. Der Gegner der Partner eigentlich, ist weit weg.
Jeder Sport spiegelt Leben wider - gewinnen und verlieren, lachen und weinen, Träume und Wirklichkeit, Geradlinigkeit und Tricks, Fairneß und Fouls. Tennis offenbart ein solches Leben in konzentriertester Form. Und hier mag das Geheimnis dafür liegen, warum man sich so gern dem Duell mit den weißen Bällen bedingungslos unterwirft, einem Spiel, das vor rund hundert Jahren von England aus die Welt eroberte. Major Walter Clopton Wingfield kann sich rühmen, Tennis „erfunden“ zu haben, obwohl nachweislich schon andere vor ihm das Spiel auf dem grünen Rasen, in engen Gassen und auch hinter Klostermauern auf unterschiedliche Art und Weise erprobten. Auf jeden Fall war der pensionierte Kommandeur der Dragonder-Garde Ihrer Majestät, der einst auf Wimbledoner Boden Rekruten drillte, allen eine Nasenlänge voraus, als er sich das Tennisspiel am 23. Februar 1874 patentamtlich schützen ließ. Schon zwei Jahre später gründeten englische „Tennismissionare“ in Deutschland Tennisklubs, so in Hamburg, in Freiburg und in Bad Pyrmont. Aber auch viele Jahre später versuchten auch Lehrter Bürger, die als Kurgäste das Spiel gesehen und daran Gefallen gefunden hatten, es auch in Lehrte zu spielen.
Ganz Genaues weiß man nicht, doch wie aus einem Protokollbuch aus dem Jahre 1923 hervorgeht, waren es Lehrer Ludwig Boedeker als erster Vorsitzender, Herr Jünnemann als zweiter Vorsitzender, Herr Hoppe als Kassierer, Fräulein Eggers als Schriftführerin sowie die Herren Söhlke und Wich als Spielwarte des Tennisvereins, die am 23.Januar jenes Jahres beschlossen, bei Bethmann an der Iltener Straße einen Tennisplatz zu erbauen. Festgelegt wurde, vorerst nicht mehr als 30 Mitglieder aufzunehmen. Das Eintrittsgeld betrug im Jahre 1923 für die Damen 1000 Mark und für die Herren 2000 Mark.
Um den Tennisplatz ordentlich mit Kies aufschütten und befestigen zu können, mußte eine Summe von rund 700 000 Mark bereitgestellt werden. Die Damen verpflichteten sich, dafür je 20 000 Mark und die Herren je 35 000 Mark zu zahlen. Darüber hinaus wurde ein freiwilliger Arbeitsdienst eingerichtet, an dem jedes Mitglied wöchentlich wenigstens zweimal teilnehmen mußte. Wer unentschuldigt fehlte, mußte 500 Mark in eine Strafkasse zahlen. Im Juni 1923 war der Platz dann fertig.
Infolge der immer weiter fortschreitenden Geldentwertung mußte der Mitgliedsbeitrag inzwischen noch einmal erhöhte werden, so daß jetzt Damen 25 000 Mark und Herren 50 000 Mark zu zahlen hatten, vierteljährlich im voraus. Wer übrigens den Platz benutzte, ohne gewalzt und gesprengt zu haben und dabei erwischt wurde, mußte 100 000 Mark Strafe zahlen.
Am 9. September 1923 fand auf dem neuen Platz das erste Turnier statt; das Startgeld betrug „nur“ 500 000 Mark pro Mann. Die Damen waren von einer Gebühr befreit worden, da sie zugesagt hatten, einen Preis zu stiften.
Im Oktober 1923 wurde beschlossen, erst dann wieder Beiträge zu erheben, wenn sich die wirtschaftliche Lage im Deutschen Reich wieder normalisiert hat. In der Hauptversammlung im Januar 1924 war es dann soweit: Der Mitgliedsbeitrag für Damen wurde auf zwei Mark, der für Herren auf drei Mark monatlich festgesetzt.
Inzwischen hatte der Tennisklub Lehrte so viele neue Freunde gewonnen, daß zwei neue Tennisplätze hinter der Kreissparkasse in Lehrte erbaut werden konnten. Am 6. Mai 1928 wurde die neue Anlage feierlich eingeweiht. Immerhin bestand der Klub damals schon aus 52 Damen und 30 Herren.
Der Tennisplatz bei Bethmann an der Iltener Straße wurde fortan kaum noch genutzt, so daß 1930 der Beschluß gefaßt wurde, diesen dem Eisenbahn-Sportverein zu überlassen. Aber auch ansonsten ließ das Interesse am Tennissport nach. Obwohl damals die Beiträge nicht erhöht wurden, nahm die Mitgliederzahl laufend ab.Ja, es kam sogar soweit, daß ein Rechtsanwalt eingeschaltet werden mußte, der Mahnungen schrieb und Rückstände einklagte. Die Schulden des Tennisklubs wurden schließlich so groß, daß die Hauptversammlung beschloß, Plätze und Vermögen an die Kreissparkasse Burgdorf in Lehrte abzutreten und den Tennisklub mit Wirkung vom 1. September 1938 aufzulösen, was dann auch leider geschah. Natürlich gab es auch dann noch einige Idealisten, die die beiden Plätze in Schuß hielten und weiterhin fleißig den weißen Bällen nachjagten, bis infolge des beginnenden Weltkrieges das Schicksal der beiden Plätzen besiegelt war : sie wurden in Gemüsegärten umgewandelt.
Als nach der Währungsreform Anno 1948 Gemüse und Lebensmittel wieder in Hülle und Fülle angeboten wurden, besannen sich alte und neue Tennisfreunde in Lehrte darauf, daß es doch ganz reizvoll wäre, ähnlich wie Burgdorfer Tennisfreunde wieder einmal Tennis zu spielen. Anfangs stellte die Familie Canter an der Burgdorfer Straße ihren Privat-Tennisplatz zur Verfügung, so daß dort - unter schattigen Bäumen - sich rasch ein munteres Tinnisvölkchen zusammenfand mit dem Ziel, wieder in Lehrte einen Tennisklub aus der Taufe zu heben.
Hans Danhel wird allgemein als treibender Motor genannt, der zusammen mit Dr. Ernst-August Rumpeltin, Dr. Rudolf Mennicke und Ehefrau Toni, Rechtsanwalt Joseph Fischer, Franz Bade und Ehefrau Ruth sowie Karl Schulze am 14. März 1951 nach langen Vorbereitungen im Lehrter Ratskeller unseren heutigen Tennis-Club Rot-Gold Lehrte ins Leben rief.Von den Initiatoren zur Gründung sind Dr. Mennicke und Frau Toni, Rechtsanwalt Fischer sowie Frau Ruth Bade heute noch Bürger unserer Stadt. Dr. Ernst-August Rumpeltin ist nach Nienburg verzogen und die übrigen Taufpaten sind verstorben.
Wenn wir zurückblicken, können wir nicht umhin, unserem früheren Ehren-Vorsitzenden Karl Schulze ein Lob auszusprechen. Als Direktor der Kreissparkasse Burgdorf setzte er sich dafür ein, daß aus den Schrebergärten hinter „seinem“ Lehrter Kreissparkassen-Gebäude wieder Tennisplätze wurden, obwohl er selbst nicht Tennis spielte. Doch als späterer Jugendwart hatte er besonders ein Herz für die Jugend, zumal auch Rosemarie und Peter Spaß am Spiel mit den weißen Bällen hatten.
Natürlich war das Drum und Dran in den ersten Gründungsjahren nicht so ideal wie bei unseren jetzigen Plätzen am Stadtpark. Umkleiden mußte man sich damals im Pavillon des ehemaligen Kaffegartens des Ratskellers oder im Keller der Kreissparkasse, aber man konnte wieder auf zwei Plätzen spielen. Dr. Ernst-August Rumpeltin war der erste Vorsitzende nach der Wiedergründung. Unter seiner Regie kam noch ein dritter Tennisplatz hinzu.
„Menne“ Bade , ab 1957 Vorsitzender von Rot-Gold Lehrte, schaffte es gar, daß am 10. August 1957 der Tennisklub sein erstes eigenes Klubheim einweihen konnte, das der Bruder von Hans Danhel -Dipl. Ing. Rudolf Danhel/Langenhagen - unter Mitwirkung von Bauingenieur Gerhard Mertens und zahlreichen freiwilligen Rot-Gold-Helfern während eines Sommers erstellt hatte. Hier dürfen wir auch unser Klubmitglied Walter Gaste nicht vergessen , denn er überzeugte damals seine Mutter, daß der Tennisklub unbedingt ein Stück vom elterlichen Hausgarten für den Klubhausbau benötigte.
Inzwischen war nicht nur den Tennis-Club Rot-Gold Lehrte immer größer geworden, sondern auch die Kreissparkasse Burgdorf in Lehrte war in Raumnot geraten - in Parkraumnot genauer gesagt. Bankdirektor Karl Schulze, der inzwischen sein Amt als Vorsitzender an Hermann Strauß abgegeben hatte, schlug vor, mit Darlehen „seiner“ Sparkasse und angesparten Mitgliedsbeiträgen doch einen Neubau von Tennisplätzen ins Auge zu fassen. , Nun, der neue Vorstand mit „Hermännchen“an der Spitze, Erich-Alfred Rust als stellvertretenden Vorsitzenden, Karl Wolpert als Schatzmeister und Lothar Rolf Luhm als Pressewart hatte bereits ein Gelände im Auge, die sogenannte Froschwiese hinter dem Lehrter Stadtpark.
Mit den ersten Sonnenstrahlen im Frühjahr 1968 begann die Arbeit auf dem unwegsamen Gelände. Da wurden Bäume gerodet, Sandmassen bewegt, Steine geklopft, gezimmert und gemauert, so daß bereits am 22. Mai 1968 der Grundstein gelegt werden konnte. Und als 21. Oktober gleichen Jahres Richtfest gefeiert wurde, konnte man bereits erkennen, daß im nächsten Jahr auf der projektierten Anlage am Stadtpark nicht nur Frösche, sondern auch Tennisspieler auf fünf nagelneuen Rotsandplätzen hüpfen würden Zu Pfingsten 1969 war es dann endlich soweit,daß zahlreiche Ehrengäste aus nah und fern das Werk bestaunen konnten, das hier unter ehrenamtlicher Federführung der Architekten
August Hornbostel und Karl entstanden war. Bei dieser Gelegenheit wurde vor allem auch jenen Rot-Gold-Mitgliedern Dank gesagt, die nicht nur durch ihre allgemein erhöhte Beitragszahlung zur Vollendung der modernen Sportanlage beigetragen hatten, sondern die überdies Tag für Tag Hand angelegt hatten - monatelang!
Es ist noch gar nicht so lange her. Doch wenn man jetzt zurückblickt, so kann jedes Rot-Gold-Mitglied aus jener Pionierzeit stolz auf das Geschaffene sein, das immerhin alles in allem - ohne das gepachtete und urbar gemachte Grundstück - rund 250 000 Mark gekostet hat. Etwa ein Fünftel der Summe erhielt der Tennisklub von Stadt, Land und Sportbund als Zuschuß, doch rund 120 000 Mark zahlten die Mitglieder aus eigener Tasche, während der freiwillige Arbeitsdienst noch einmal mit gut 70 000 Mark zu Buche schlug. Die noch vorhandenen Schulden, knapp 50 000 Mark mögen es wohl noch sein, drücken nicht mehr. Im Gegenteil, sie reizen zu neuen Taten.
Ziel unseres alten, neuen Tennisklubs, der heute mit etwas Verspätung sein silbernes Jubiläum feiert, sind für erste zwei neue Tennisplätze. Bevor diese allerdings in Angriff genommen werden, muß noch etwas Wichtiges nachgeholt werden: Der Grundstein wartet noch immer auf die schöne kupferne Hülse mit Urkunden, Münzen und dieser Chronik, die an die gute Tat der Mitglieder erinnern soll.
Lothar Rolf Luhm Pfingsten 1969
Hallo, verehrter Willi Bührich, die Anregung ist Klasse. Ich kenne die LSV-Anlage nur vom Hörensagen, aber gegen eine Einladung habe ich nichts dagegen. Mein Bericht entstand auch nicht aus Konkurrenzdenken, sondern sollte nur aufzeigen, dass Tennis in Lehrte schon immer beliebt war.Ich selbst spiele schon seit rund 70 Jahren Tennis.