Die Diwa vertrug die Bilmer Landluft nicht

Als Liebesnest für Wiener Opernsängerin geplant/ Doch der Diva war die Bilmer Landluft unerträglich

Als Kämmerer des Herzogs von Cumberland genoss der einstige Bilmer Bauernjunge Friedrich Bauermeister nicht nur in Wien großes Ansehen

Von Lothar Rolf Luhm

Bilm. Das hatte sich Friedrich Bauermeister nicht träumen lassen, dass seine 1905 erbaute Villa am Behmerothsfeld in Bilm auch noch nach hundert Jahren so viel Aufmerksamkeit erregen würde. Damals kamen allerlei Gerüchte auf, als er den Prachtbau, das heutige Hotel, in Sichtweite seines bäuerlichen Elternhauses errichten ließ - für seine Geliebte, die später seine zweite Ehefrau wurde. Heute hat sich das Liebesnest zum Park-Hotel gewandelt, das in neuem Gewand eine Zierde des Dorfes ist. Diesbezüglich gebührt dem Ehepaar Petra und Achim Budde ein großes Lob, die im Sinne ihrer Eltern das alte Patrizierhaus immer wieder stilgerecht herausgeputzt haben, obwohl es nicht mehr unter Denkmalschutz steht.
Damals, als Friedrich Bauermeister 1882 den Gebäudetrakt des einstigen Vollmeierhof No 45 erwarb und dort eine Villa errichtete, war das Gerede im Dorf groß. Hatte doch der helle Bauernjunge inzwischen als Buchhalter Karriere gemacht und war in Wien als Kämmerer des Herzogs von Cumberland zu großem Ansehen und noch mehr Geld gekommen. Dort hatte er auch die Opernsängerin Engel Sofia Luise Traphagen kennen gelernt und ihr in Penzing bei Wien ein Appartement eingerichtet, so dass er „aus familiären“ Gründen nicht mehr so oft die alte Heimat besuchen konnte. Darum war auch ein alter Schulfreund, der Bilmer Landwirt August Schrader, in die Bresche gesprungen, um für ihn vor dem Königlichen Amtsgericht in Burgdorf am 23.November 1882 den Kaufvertrag für das Villen-Grundstück zu unterzeichnen.
Allerdings stand das Bilmer „Liebesnest“ meist leer, da Ehefrau Engel Sofia Luise das Flair der großen Gesellschaft vermisste. Überdies war der Diva, wie man sich erzählt, auch die Bilmer Landluft unerträglich, da viele Bauern von der Schweinezucht lebten. Sie zog es vor, wenn schon nicht in Wien, so doch in Hannover zu leben, wo sie auch 1942 verstarb. Ihr Ehemann, in Ilten begraben, hatte bereits Jahre zuvor das Zeitliche gesegnet. Danach wurden Haus und Hof verkauft und der Erlös unter den Erben Baumeisters verteilt.
Käufer des Grundstücks mit der Villa wurde der Fuhrunternehmer August Rödiger, von dem es die Eheleute Edith und Geerd Budde 1977 erwarben und sich damit einen Lebenstraum erfüllten. Inzwischen haben Achim und Petra Budde auf dem ehemaligen Vollmeierhof No 45 die Zügel fest in der Hand, der sich Park-Hotel in der Region Hannover nicht nur „als Liebesnest“ einen guten Namen erworben hat.
Vor 750 Jahren noch Stammsitz
der Adelsfamilie von Bilm

Der Vollmeierhof Nr. 45, auf dem heute das Park-Hotel steht, war zweifelsfrei noch vor etwa 750 Jahren Stammsitz der adligen Familie von Bilm, die inzwischen ausgestorben ist. Doch bereits 1617 wird im Erbenregister Christoff von Lüpke als Hofbesitzer des etwa 60 Morgen umfassenden Hofes genannt. Als letzter des Geschlechts gilt Oberforstmeister Georg von Lüpke, der Anno 1811 vom Großfürsten Wolf von Metternich aus Lobke eine hohe Hypothek aufnahm, da er seiner Schulden nicht mehr Herr wurde. Trotzdem musste er 1817 den Vollmeierhof parzelliert verkaufen, so u.a. auch an die Familie Bauermeister auf dem benachbarten Bauernhof Nr. 4, der heute vom Landwirt Bettmann bewirtschaftet wird. Dort steht auch das Elternhaus von Friedrich Bauermeister, der als Kämmerer des Herzogs von Cumberland die benachbarte Hofstelle kaufte und dort für seine zweite Ehefrau Engel Sofia Luise eine Villa errichten ließ. 1977 erwarb das hannoversche Ehepaar Edith und Geerd Budde die Villa, um sich einen Lebenstraum zu verwirklichen. Die Buddes hatten schon vorher immer wieder Privatgäste in ihr Einfamilienhaus am Sperlingsfeld in Hannover-Buchholz aufgenommen, so auch Zarah Leander, die 1961 während ihres Gastspiels im GOP dort vier Oktoberwochen lang wohnte und sich sehr wohl fühlte, wie es im Gästebuch nachzulesen ist. Neben zahlreichen anderen Prominenten war auch Vico Torriani im Hause Budde ein gern gesehener Messegast. lrl