Damhirsche am Rande der Stadt Lehrte
Klaus Ulrichs liebstes Steckenpferd sind Hirsche
Seinen Förstertraum am Aligser Torfweg verwirklicht
Von Lothar Rolf Luhm
Aligse-Lehrte. Der 77jährige Rentner Klaus Ulrich aus Lehrte ist ein leidenschaftlicher Angler. Er kennt die besten Fischgründe zwischen Norwegen und Irland, und er weiß zu gegebener Jahreszeit, wo man noch wie in alten Zeiten Pfifferlinge und Steinpilze in rauen Mengen finden kann. Letztes ist sein Geheimnis, dass er nicht einmal seinen besten Freunden verrät. Doch sein liebstes Steckenpferd reitet er am Torfweg im Aligser Forst vor den Toren der Stadt Lehrte: Es ist ein Rudel Damwild, das er zusammen mit seiner 74jährigen Ehefrau Herta in einem rund 10.000 Quadratmeter umfassenden Gehege betreut.
Schon lange hatte Klaus Ulrich nach einem Grundstück Ausschau gehalten, auf dem er seinen Lebenstraum naturverbunden verwirklichen konnte. Aufgewachsen am Rande der Schorfheide vor den Toren Berlins wollte er eigentlich Förster werden; doch daraus wurde nichts. Er flüchtete nach Lehrte und fand hier Arbeit und Brot, mal unter Tage als Bergmann, mal über Tage in der Landwirtschaft, und schließlich als Fuhrunternehmer. Solange die Dampflokomotiven noch durch Lehrte prusteten, versorgte er die Bundesbahn im Bereich der Direktion Hannover und auch andere Unternehmen mit Kohle, wenn er nicht gerade mit der Angelrute unterwegs war.
Der Zufall wollte es, dass einer seiner Kunden nicht zahlen konnte und ihm anbot, ein Waldgrundstück dafür in Pacht zu übernehmen. Herta und Klaus Ulrich waren einverstanden. Erst waren es Schafe, Gänse und Hühner, denen der Waldgarten allein gehörte. Aber es gab auch zwei Teiche, aus denen sich die Ulrichs bis auf den heutigen Tag mit Karpfen, Zander, Aalen oder auch mal mit einem prächtigen Hecht versorgen können.
Als sie eines Tages hörten, der hannoversche Tiergarten würde Wildbret nicht nur zum Verzehr, sondern auch Hirsche zum Verkauf anbieten, griffen sie sofort zu. Nach einem monatelangen Behörden-Hürdenlauf erhielten sie die Erlaubnis, ein Rudel Damwild zu halten. Derweil sind es ein Leit-Hirsch, sechs Hirschkühe und vier Kälber, die in der großzügig gestalteten Gehege zusammen mit einigen Hühnern wie in freier Natur leben.
Um ihre Hirsche zu füttern, sammeln sie im Herbst Kastanien und aussortierte Kartoffeln, die bei der Rodung überall am Wegesrand zu finden sind. Auch hilft Klaus Ulrich gelegentlich Bauern bei der Arbeit und erhält als Lohn mal ein Fuder Heu oder eine Ladung Runkeln. Darüber hinaus kauft er bei Bedarf Trockenfutter hinzu
Traurig stimmt es die Ulrichs, wenn alljährlich zur Weihnachtszeit ein paar Hirsche zum Abschuss freigegeben werden müssen. Mal sind es drei oder auch mal vier Tiere. Das richtet sich danach, wie viele Neugeborene hinzu gekommen sind. Die Auswahl überlassen sie einem von Amts wegen zugelassenen Jäger, der die geschossene Hirsche auch fachmännisch zerlegt und dafür mit einer guten Keule belohnt wird. Und was nicht für den Eigenbedarf benötigt wird, das erhalten Freunde und Bekannte.
Das nenne ich mal ein erfülltes Rentnerdasein. Respekt vor Klaus Ulrich und seiner Gattin, dass beide in ihrem fortgeschrittenen Alter noch die viele Arbeit bewältigen und damit ihren Lebenstraum weiterhin leben können. Danke, Lothar Rolf, für diesen schönen Artikel.