„Der Schuldenstand wird sich weiter reduzieren“: Ein Interview mit Kissings Bürgermeister Manfred Wolf über den Gemeindehaushalt, Standortpolitik und die Osttangente
myheimat: Herr Wolf, wie fällt am Ende des Jahres 2015 Ihre haushaltstechnische Bilanz aus?
Wolf: Das Jahr ist gut gelaufen, auch 2015 werden wir die im Haushalt eingeplante Kreditaufnahme von 1,242 Mio. € nicht tätigen. Der Schuldenstand wird sich dadurch weiter auf ca. 14,5 Mio. € reduzieren. Der Rücklagenstand beträgt gut 3,2 Mio. €. Im Haushalt ist eine Rücklagenentnahme von 1,6 Mio. € eingestellt, auf die wir unter Umständen verzichten können.
myheimat: Im Januar 2015 wurde im Finanzausschuss über den Haushalt und die notwendigen Investitionen gesprochen. Dabei bestand weitgehende Einigkeit, dass die Sanierung der Gemeindestraßen ein Schwerpunkt im Aufgabenkatalog sein müsse. Wie viele Straßen konnten im Jahr 2015 instand gesetzt werden?
Wolf: Ein Vollausbau wurde nicht getätigt. Es werden aber laufend Straßen nach dem Gutachten saniert bzw. unterhalten. Dazu zählen Maßnahmen wie Fugenverguss und punktuelle Sanierungen.
myheimat: Ein wichtiges Thema ist in Kissing auch die Kinder- und Jugendbetreuung sowie die Rahmenbedingungen für Schule und Unterricht. Die Grund- und Mittelschule klagte über Raumnot, die Kindergartenplätze wurden knapp…
Wolf: Um die Raumprobleme der Schulen zu lösen, werden die Mittagsbetreuung und der Hort in einen Neubau im Schulgelände an der Bahnhofstraße ausgelagert. Ebenso sollen neue Kindergartenplätze mit einem entsprechenden Anbau an die Johanniter-Krippe an der Bahnhofstraße geschaffen werden. Die jeweilige Inbetriebnahme ist für September 2016 geplant.
myheimat: Lassen Sie uns ein wenig über Wirtschafts- und Standortpolitik sprechen. Die Gemeinde Kissing hat in den letzten Jahren ihre Gewerbeflächen erfolgreich vermarktet. Eine der letzten gemeindlichen Gewerbeflächen ist das Areal neben der Ran-Tankstelle. Es umfasst 6400 Quadratmeter. Welche Branche wünschen Sie sich für dieses Filetstück am Ortseingang?
Wolf: Da bin ich nicht festgelegt. Es kann jedenfalls kein Discounter mit Lebensmittel oder eine normale Fertigungshalle sein. Das ist ein sehr repräsentativer Platz, der auch entsprechend bebaut sein sollte.
myheimat: Inwieweit können Sie als Bürgermeister vermittelnd tätig werden, wenn sich ein Unternehmer oder Investor für Gewerbegrundstücke interessiert, die sich in Privatbesitz befinden?
Wolf: Hier konnte ich in der Vergangenheit sehr oft mit Erfolg tätig sein. Das letzte Beispiel ist die Umsiedlung von der Firma Schneider aus Mering. Herr Wörner hat hier dringend eine Nachnutzung für sein Autohaus gesucht. Da konnte ich entsprechend vermitteln.
myheimat: Mit welchen Gewerbesteuereinnahmen rechnen Sie für das Jahr 2015?
Wolf: Für 2015 rechnen wir mit Gewerbesteuereinnahmen von rund 4,3 Mio. €. Allerdings geht hier noch die zu zahlende Gewerbesteuerumlage von ca. 720.000 € ab.
myheimat: Die Kreisumlage übersteigt meistens die Gewerbesteuereinnahmen. Plädieren Sie für eine Senkung der Kreisumlage?
Wolf: Wenn ich könnte, würde ich das System Bezirks- und Kreisumlage abschaffen. Es ist doch meiner Meinung nach nicht richtig, dass die eine Gebietskörperschaft in die Taschen der anderen langen muss.
myheimat: Im Jahr 2014 wurde die Gemeinde Kissing sehr für ihren Umgang mit Flüchtlingen und Asylbewerbern gelobt und als „Mustergemeinde“ in den Medien dargestellt. Konnte dieses Engagement im Jahr 2015 aufrechterhalten werden?
Wolf: Hier möchte ich ganz besonders den Mitgliedern des Helferkreises danken. Die haben hervorragende Arbeit geleistet und dieses Engagement im laufenden Jahr noch verstärkt. Außerdem sind noch viele neue Persönlichkeiten dazu gekommen.
myheimat: Kommen wir zu einem umstrittenen Verkehrsprojekt, das Sie während des ganzen Jahres intensiv beschäftigte. Die Osttangente erhitzte die Gemüter. Was halten Sie den Kritikern dieses Projektes argumentativ entgegen?
Wolf: Es geht hier in erster Linie um die Menschen in Kissing und deren Lebensqualität. Die Verkehrsströme, die von der jetzigen B2 nicht mehr bewältigt werden, fließen durch die Wohngebiete. Das kann auf die Dauer nicht richtig sein. Zahlreiche andere Orte haben Umgehungsstraßen bekommen und können jetzt ihre Lebensqualität mit neuen Ortskernen wie z.B. Königsbrunn verbessern. Interessanterweise kommen die meisten Gegner aus Gemeinden mit bereits realisierter Ortsumgehung und nicht aus Kissing.
myheimat: Welche Begegnung hat Sie persönlich im Jahr 2015 am meisten beeindruckt?
Wolf: Ein Treffen mit Heinz-Harald Frentzen, der Formel-1-Vizeweltmeister von 1997. Er ist heute tätig im Bereich Motorsport und fördert aktiv dort die Elektromobilität.