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Mit Rat und Tat durch das Jahr

Blättern Sie gemeinsam mit mir im 'Hessischen Volkskalender' des Jahres 1909 !

Ein 112-seitiges Heft liegt vor mir auf dem Schreibtisch. Die Vorder- und auch die Rückseite sind lose, leicht eingerissen und auch mit dem einen oder anderen Flecken bedeckt. Nun, das Heft ist ja schon über 100 Jahre alt und hat immer noch viel zu erzählen.

Auf jeweils zwei Seiten sind die Monate des Jahres mit einem Garten-, Bienen-, Geflügel- sowie Jagd- und Fischereikalender abgedruckt:

Januar - Wintermonat
Februar - Hornung
März - Lenzmonat
April - Ostermonat
Mai - Wonnemonat
Juni - Brachmonat
Juli - Heumonat
August - Erntemonat
September - Herbstmonat
Oktober - Weinmonat
November - Windmonat
Dezember - Christmonat.

Neben Bauernregeln und einem Spruch zum jeweiligen Monat hilft der Kalender auch mit Rat und Tat, wie z. Bsp.

Haushaltstipps
- "Alte unbrauchbare Korken trocknet man, legt sie in einen Blechkasten, tränkt sie mit etwas Petroleum und gebraucht sie zum Feueranmachen."

- "...gesprungenes Porzellan legt man in einen Kochtopf und bedeckt es mit dünner, abgesahnter Milch so weit, dass dieselbe noch einen Finger breit darüber geht. Dann lässt man die Milch mehrere Stunden kochen. Nachdem dies geschehen ist, nimmt man den Topf vom Feuer, lässt aber das Porzellan noch ruhig darin liegen; erst wenn die Milch ganz verkühlt ist, nimmt man das Porzellan heraus. ...Jetzt ist der Gegenstand so fest geworden, als wenn er gekittet wäre."

oder

zur besonderen Beachtung
- "Ein erfahrener Hamburger Arzt sagte: Die Bonbons sind für die Kinder ebenso gefährlich wie der Branntwein für die Erwachsenen. Mit Bonbons fängt der Gaumenkitzel an; mit Zigaretten wird der Reiz verändert und erneuert; dann geht es daneben zu Bier, Wein und Schnaps, und bald ist der Trunkenbold fertig."

Auf den Seiten 82 bis 86 befindet sich ein Verzeichnis über Messen und Märkte des Jahres 1909. Unter der Überschrift 'Regierungsbezirk Kassel' lesen wir:
Dreihausen - 14. April, 19. Oktober (Schweinemarkt)
Gelnhausen - 2. Februar, 27. April, 24. Juni, 29. September, 30. November (Krammarkt)
Kirchhain in Hessen - 19. Januar, 3. Februar,...15. Juni,... 7. September,...30. November (Viehmarkt), 29. Dezember (Krammarkt)
Marburg - 2. Februar, 25. März, 3. Mai, ...31. Dezember (Krammarkt), 18. Februar, ...8. Juli, ...25. November (Schweinemarkt) ... usw.

Der Kalender führt seine Leser durch das kirchliche Jahr und ist auch ein Ratgeber für die Landwirtschaft. So schreibt Lehrer Joh. H. Schwalm aus Obergrenzebach 'Wie ich meinen Apfelwein herstelle' auf den Seiten 52 bis 54 und auf den Seiten 85 bis 86 wird über den richtigen Einsatz von Düngemitteln berichtet.

Mein besonderes Interesse fand ein Bericht mit dem Titel Bauer und Dichter. Pfarrer Fr. Ellenberg aus Sebbeterode berichtet hier über den Heimatdichter Heinrich Naumann aus Nanzhausen. In dem Artikel erfahren wir über das Leben des Heimatdichters:
'...Geboren am 20. November 1856...als das zweite Kind und erster Sohn der Landleute Joh. Jak. Naumann und Elisabeth, geb. Siemon. Von 1863 - 70 habe ich die Schule in Lohra besucht... Drei Winter 1872 - 73 und 74 habe ich wöchentlich viermal Privatunterricht in Rechnen, Schreiben und Geographie bei Herrn Lehrer Blettner gehabt. ...1877 - 80 diente ich bei der 3. Eskadron im 3. Schlesischen Dragoner-Regiment Nr. 15 zu Hagenau im Elsaß. ...1882 übernahm ich den Hof... Im selben Jahr 1882 verheiratete ich mich mit Elisabeth Blatt aus Lohra... 1892 starb meine liebe Frau... Zwei Kinder im Alter von sechs und vier Jahren blieben bei mir...' .

Der Verfasser des Artikels berichtet weiter: '...dass dieser brave, schriftgewandte Bauersmann mit der Zeit so viel zusammengeschrieben hat, dass zwei Bücher entstanden sind':
"Vom Heimatacker" und "Du mein stilles Tal" !

Ergänzt wird dieser Bericht noch durch eine Seite der Oberhessischen Presse vom 29.09.1982, die lose zwischen den Kalenderseiten lag. Unter der Überschrift "Mann der Feder und des Pfluges" berichtet die Zeitung anlässlich des 40. Todestages über den Heimatdichter Heinrich Naumann.

Auf der Rückseite des Kalenders befindet sich eine Aufstellung über die 'Einkommensteuer in Preußen'. Bei einem Einkommen von 900 bis 1.050 Mark sind z. Bsp. 6 Mark an Steuern zu zahlen und bei 30.500 Mark bis 32.000 Mark betragen die Steuern 900 Mark.

Der 'Hessische Volkskalender' wurde herausgegeben von Pfarrer Fr. Ellenberg aus Sebbeterode und war zu einem Preis von 40 Pfennigen erhältlich. Gedruckt wurde er von dem Verlag Friedr. Lometsch aus Cassel.

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5 Kommentare

Diese alten Kalender sind außerordentlich wertvoll, erlauben sie doch nicht nur Einblicke in das Volksleben der damaligen Zeit sondern können beispielsweise auch als Quelle für Geschichtliches und Genealogisches dienen.

@Bertram, der 30.12.1909 war ein lt. dem Kalender ein Donnerstag !

Das ist ja ein kleiner Schatz. Sehr schön geschildert

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