Die Karriere der Kieler „Kilia“
Ziemlich im Abseits steht die wohlproportionierte „Kilia“ auf ihrem Sockel in der Dänischen Straße, aber dennoch verweist auch noch heute ihre Gestik auf den einstigen Zeitgeist und ihre historische Karriere.
Die bronzene Frauengestalt „Kilia“ stellt die Stadt dar. Sie ist in ein antikes Gewand mit Brustpanzer gekleidet, mit dem Stadtwappen auf der Brust, sie trägt ein Mauerkrönchen auf dem Kopf, sie hält in der linken Hand einen Lorbeerkranz und in der rechten ein Ruder als Symbol kluger Staatsführung. So soll sie das Selbstwertgefühl Kiels symbolisieren.
Der Bildhauer Eduard Lürßen, gebürtiger Kieler und Professor für dekorative Plastik an der Bauakademie in Berlin, hatte seinerzeit den Auftrag erhalten, die Standfigur zu gestalten, und zwar 1888 als Hochzeitsgeschenk der Stadt an den den Hohenzollernprinzen Heinrich und seine Braut Irene von Hessen, die von 1888 bis 1918 im Kieler Schloss wohnten. Fertiggestellt wurde Kilia durch den Bildhauer Lürßen allerdings erst 1890.
"Kilia" sollte als allegorische Darstellung der Stadt einen Brunnen schmücken, wobei der Künstler und die Stadt Kiel an eine Aufstellung in den Gartenanlagen an der Ecke Dänische- und Burgstraße dachten, damit er für alle zugänglich gewesen wäre.
Doch der Prinz selbst bevorzugte die Aufstellung im inneren Schlosshof, der durch die Gebäudeanlagen für die Öffentlichkeit nicht einsehbar war. Dieser Bitte wurde schließlich entsprochen.
Während der Revolutionstage 1918, als am 5. November die Schlosswache durch eine Patrouille des Soldatenrates ersetzt werden sollte, stellte sich Prinz Heinrich persönlich der Aufstandsbewegung entgegen, und nach der Revolution, nach dem Sturz der Monarchie 1918 und der Flucht des Prinzenpaares war die Kiliafigur aus nicht geklärten Gründen plötzlich vom Brunnen verschwunden.
1923 beantragte Prinz Heinrich, "Kilia" in seiner Gutsallee von Hemmelmark aufzustellen, und die Stadtverordnetenversammlung stimmte 1923 zu: „Das Standbild...stellt nach der Ansicht der befragten Kunstverständigen kein Kunstwerk dar und es fehlt ein rechter Verwendungszweck dafür.“ Die Stadt trennte sich leichten Herzen von ihrem ehemals bedeutenden Hochzeitsgeschenk.
Diesem Umstand ist es überhaupt zu verdanken, dass "Kilia" erhalten blieb, denn im Zweiten Weltkrieg wurde der Brunnen bei der Zerstörung des Schlosses ein Opfer der Bomben. 1977 kehrte die "Kilia" nach Kiel zurück. Prinzessin Barbara von Preußen, Herzogin von Mecklenburg und Enkelin des Hochzeitspaares von 1888, willigte ein, dass die "Kilia" ihren endgültigen Standort in der Nähe des Kieler Schlosses haben sollte.
Seit 1977 schmückt die Bronzeplastik "Kilia" den Fußgängerbereich der Dänischen Straße/Schlossgarten.