myheimat.de setzt auf dieser Seite ggf. Cookies, um Ihren Besuch noch angenehmer zu gestalten. Mit der Nutzung der AMP-Seite stimmen Sie der Verwendung von notwendigen und funktionalen Cookies gemäß unserer Richtlinie zu. Sie befinden sich auf einer sogenannten AMP-Seite von myheimat.de, die für Mobilgeräte optimiert ist und möglicherweise nicht von unseren Servern, sondern direkt aus dem Zwischenspeicher von Drittanbietern, wie z.B. Google ausgeliefert wird. Bei Aufrufen aus dem Zwischenspeicher von Drittanbietern haben wir keinen Einfluss auf die Datenverarbeitung durch diese.

Weitere Informationen

Nachtflugregelung für alle deutschen Verkehrsflughäfen auch Hannover

Wie Flughafenbetreiber das Nachtflugverbot aushebeln wollen

Jetzt verstehen Sie wahrscheinlich kein Wort mehr – das kommt vom Fluglärm, den Sie gerade hören. Wenn es nach der schwarz-gelben Koalition geht und Sie zu den Tausenden von Menschen gehören, die in der Nähe eines Flughafens wohnen, werden Ihre Nächte vielleicht auch bald so laut.

Warum? Antworten von Eric Beres und Sebastian Bösel.

Bericht:

Nachts über Frankfurt am Main. Rund 40 Maschinen zwischen 23 Uhr und 5 Uhr morgens.

O-Ton, Stephan Pülm, Flughafen-Anwohner:

»Das ist auf jeden Fall ein belastender Faktor, wenn man nicht ordentlich schlafen kann. Besonders, wenn diese Flugzeuge, die rauschen ja einmal kurz rüber. Man wird einmal kurz wach, hochgeschreckt, legt sich wieder hin. Dann kommt der nächste.«

Stephan Pülm und seine Frau wohnen in Frankfurt-Sachsenhausen, wenige Kilometer vom Flughafen entfernt. Sie hatten die Hoffnung, dass es in der Nacht künftig ruhiger wird, keine Nachtflüge mehr. Ein Versprechen der Politik. Denn die hatte mit den Anwohnern eine Art Pakt geschlossen.

Es geht um den Ausbau des Frankfurter Flughafens. Eine neue Landebahn soll gebaut werden. Das bedeutet: Noch mehr Fluglärm. Doch Starts und Landungen sollte es am Flughafen dann nur noch am Tag geben. So immer wieder das Versprechen des hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch.

O-Ton:
»Zwischen 23 und 5 Uhr gibt es keine geplanten Flüge.«

O-Ton:
»Dieses Nachtflugverbot wird realisierbar sein.«

O-Ton:
»Es bleibt bei der Aussage, dass es eine unabdingbare Koppelung zwischen dem Nachtflugverbot und dem Ausbau gibt.«

Nur ein taktisches Versprechen? Im Verfahren um den Ausbau wollte die Hessische Landesregierung auf einmal doch Nachtflüge zulassen. Gemeinden klagten. Der Verwaltungsgerichtshof in Kassel verbot schließlich die Nachtflüge.

Deutschlandweit entscheiden Richter im Streit um den Ausbau von Flughäfen immer wieder zugunsten der Anwohner.

Doch jetzt gibt es schon wieder Unruhe unter den Anwohnern. Bürgerversammlung in Frankfurt-Sachsenhausen. Stephan Pülm und andere Bürger sind besorgt. Denn es hat sich herumgesprochen: Die Bundesregierung will Nachtflüge auf deutschen Flughäfen leichter möglich machen. Und zwar per Gesetz. Das steht im Koalitionsvertrag.

O-Ton:
»Die Bevölkerung, der ist das Nachtflugverbot versprochen worden. Und jetzt haben sie einen Weg gefunden, um das auszuhebeln.«

O-Ton:
»Ich bin entsetzt und ich bin noch mehr verbittert.«

O-Ton:
»Also das ist das letzte Gesetz, was jetzt noch fehlt in der Kette. Und dann ist alles perfekt. Und das ist einfach schlimm «

Was die Anwohner aufregt, ist eine Passage im Koalitionsvertrag. Die Bundesregierung will auf deutschen Flughäfen „international wettbewerbsfähige Betriebszeiten“ sicherstellen. Durch eine „Präzisierung im Luftverkehrsgesetz“.

Das Ziel: „...eine gleichberechtigte Nachhaltigkeitsabwägung von wirtschaftlichen, betrieblichen und dem Lärmschutz geschuldeten Erfordernissen auch bei Nachtflügen“.

Gleichberechtigte Abwägung von Lärmschutz und Wirtschaftsinteressen – im Klartext: Die Nachtruhe soll künftig bei Genehmigungsverfahren keine so bedeutende Rolle mehr spielen. Prof. Bernhard Stüer ist einer der profiliertesten Verwaltungsrechtler. Er kennt alle Verfahren zum Flughafenausbau in Deutschland. Für ihn ist klar, mit dem Koalitionsvertrag soll erreicht werden:

O-Ton, Prof. Bernhard Stüer, Fachanwalt für Verwaltungsrecht:

»...dass die bisher strengen Maßstäbe, die für das Nachtflugverbot sich entwickelt haben, gelockert werden. Dieses bedeutet eine bessere wirtschaftliche Entwicklung, wenn es gut geht, und auf der anderen Seite eine Benachteiligung der vom Lärm betroffenen Bevölkerung.«

Hat der hessische Ministerpräsident also die Bevölkerung getäuscht? Will er mit einem Bundesgesetz Nachtflüge durch die Hintertür? Auffällig ist: Roland Kochs Minister für Wirtschaft und Verkehr, FDP-Mann Dieter Posch, war bei den Koalitionsverhandlungen dabei.
Er saß in der Arbeitsgruppe, in der es um den Luftverkehr ging. Wir treffen ihn am Rande einer Wirtschaftstagung.

Frage: Spielt das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht um den Frankfurter Flughafen auch eine Rolle bei den Koalitionsverhandlungen?

O-Ton:

»Nein überhaupt nicht «

Da haben wir andere Informationen. Eine des Vorsitzenden der Koalitionsarbeitsgruppe Verkehr lässt schriftlich mitteilen:

Zitat:

»Der Passus im Koalitionsvertrag ist u.a. entstanden vor dem Hintergrund eines Urteils des Verwaltungsgerichtshofs Kassel.«

Also genau jenes Urteil, das die hessischen Pläne für Nachtflüge vorerst gestoppt hat.

Und noch etwas ist pikant im Koalitionsvertrag: Das Ziel von Schwarz-Gelb „wettbewerbsfähige Betriebszeiten“ ist deckungsgleich mit der Forderung der ADV, dem Verband der deutschen Flughafenbetreiber.

Die Argumentation der Flughafenlobby ADV:

Zitat:
»Deutschland darf sich nicht von den internationalen Betriebszeiten des Weltluftverkehrs abkoppeln, indem die eigenen Flughäfen nachts geschlossen werden.«

Frage: Hatte die ADV Einfluss genommen auf die Verhandlungen, auf die Koalitionsverhandlungen?

O-Ton, Dieter Posch, FDP, Wirtschafts- und Verkehrsminister Hessen:

»Sie können davon ausgehen, wenn ich an Koalitionsverhandlungen teilnehme oder an Vorgesprächen, dann basiert das auf meinen Erkenntnissen, und da gehen viele Überlegungen mit ein.«

O-Ton, Prof. Bernhard Stüer, Fachanwalt für Verwaltungsrecht:

»Der Koalitionsvertrag, das ist meines Erachtens gar keine Frage, spielt natürlich auf wirtschaftliche Interessen stärker ab, als dass das die Rechtsprechung bisher tut, insofern haben sich natürlich mit ihrem Anliegen zunächst einmal diejenigen durchgesetzt, die solche Interessen vertreten.«

Das Interesse der deutschen Flughafenbetreiber ist klar: weiterer Ausbau und möglichst viele Nachtflüge. Die schwarz-gelbe Koalition will das entsprechende Gesetz unbedingt ändern. Es wird wohl lauter werden über den deutschen Dächern – auch in der Nacht.

Abmoderation Fritz Frey:

Natürlich haben wir alle Verantwortlichen angefragt, vor unsere Kamera wollte keiner. Nur der neue Bundesverkehrsminister Ramsauer teilt uns schriftlich mit, die Arbeiten an einem neuen Luftverkehrsgesetz hätten noch nicht begonnen. Es bestehe aber die Notwendigkeit für Nachtflugbetrieb, um die Position des Luftverkehrsstandorts Deutschland im globalen Wettbewerb zu erhalten.

Mindestens die Fluglärmgeschädigten werden das mit Interesse gehört haben. Zum Thema im Internet übrigens auch noch eine ausführlichere Fassung unseres Beitrages unter reportmainz.de

Quellenangabe: Sendung vom 16.11.2009, Internetseite von Reportmainz

Weitere Beiträge zu den Themen

NachtflügeLangenhagenairportNachtflugregelungFughafenHannoverIsernhagenAlles aus Langenhagen

4 Kommentare

Hallo Andreas,
da sind wir ja wieder in der Kontra-Position:
Kann es sein, das da schon Menschen gewohnt haben, bevor der Flughafen seinen Verkehr auch noch in die Nachtruhezeiten ausweitet hat?

Herr Rösler ehemaliger Landesminister und Arzt (!) jetzt so hört man will sich in Isernhagen ansiedeln. Vielleicht bekommt er da auch etwas vom Nachtflug mit, den er noch im Abgang nach Berlin genehmigt hat.

Ein anderes Beispiel, dass sich gerade in NRW abspielt, offensichtlich die gleiche Methode:
Dort hat gerade ein Gericht den Bau eines Kohlekraftwerks von E.on gestoppt, weil es dort einen Vorrang für Erneuerbare Energien im Landesrecht gibt. Was macht die CDU-FDP-Regierung unter Rüttgers?
Sie will die Streichung des Vorranges für regenerative Energiequellen aus dem Gesetz zur Landesentwicklung erreichen - damit E.on das größte Kohlekraftwerk Europas bauen kann. Morgen soll darüber im Landtag darüber abgestimmt werden. Ich habe mich an der Campact-Aktion beteiligt, um dies zu stoppen(http://www.campact.de/klima/datteln/buergerfragen)

Ich habe schon einen Kommentar bei Herrn Brunotte (MdL) abgegeben zu diesem Thema.
Herr Rösler wird mein Nachbar - schauen wir mal.
Man soll natürlich nicht alles verteufeln, ich bin auch für eine solide Argumentation bei diesen Dingen. Wir sind auch heute schon ein wenig überempfindlich in Sachen Lärm etc. Ich muss dazu sagen, Lärm stört, aber bei den Flugzeugen ist es z.Zt. nicht so dramatisch, weil die Lärmbelastung relativ kurz ist. Ständiger Autoverkehr ist wesentlich belastender (das habe ich während eines Kuraufenthaltes in einem 5* Hotel festgestellt). Wir leben hier schon um ehrlich zu sein noch recht ruhig, aber wir müssen aufpassen, dass das so bleibt. Das hat Priorität! Wir müssen daran arbeiten, dass sich die Situation nicht verschlechtert!!!!!!!!!!

Lärm an sich ist störend - das beginnt schon mit zu dünnen Wänden oder uneinsichtigen Nachbarn - was schwerer zu bekämpfen ist, als Flugzeuge.

KohleKW - nur kurz: Das neue KW produziert weniger CO2 - wer also an die Geschichte glaubt, anthropogenes CO2 beeinflusse das Klima, sollte sich freuen, dass marode KW ersetzt werden.

> "Kann es sein, das da schon Menschen gewohnt haben, bevor der Flughafen seinen Verkehr auch noch in die Nachtruhezeiten ausweitet hat?"

Ja, und dazu sagte ich doch im Kommentar schon was.
Selbst, wenn mir das Christkind persönlich heute versichern würde, es gäbe nie Nachtflugverkehr nebenan, würde ich das nicht glauben.

Und wie auch gesagt: "...aber anderen mutet man den Lärm ja auch zu - nämlich am Tage (wo auch nicht wenige Menschen ihre Ruhe bräuchten aus diversen Gründen (Arbeit, Gesundheit, etc.))..."

Beteiligen Sie sich!

Hier können Sie nur eine begrenzte Anzahl an Kommentaren sehen. Auf unserer Webseite sehen Sie alle Kommentare und Ihnen stehen alle Funktionen zur Verfügung.

Zur Webseite