Von Kirchenarchitektur und Skeletten auf dem Dachboden
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Zur WebseiteDie Heuchelheimer Kirche steht mitten im Dorf und ist das älteste Gebäude des Ortes. Sie vereint in ihren Mauern viele Epochen der Architektur vom 13. bis hin zum 20. Jahrhundert. Diese Kirche hat als eines von 3 Gebäuden das große Feuer von 1646 überlebt, sie hat Kriege fast unbeschädigt überstanden. Eine ihrer 3 Glocken sollte im 2. Weltkrieg eingeschmolzen werden, jedoch fand sie den Weg zurück von den Bremer Schmelzöfen in den Kirchenturm, unbeschädigt! Sie überlebte den Modernisierungswarn der 60er-70er Jahre ,nein sie hat an Architektur gewonnen. Sie hat eine Kirchengemeinde, die sich ihrer Verantwortung des geschichtsträchtigen kleinen Kirchenbaus bewusst ist . Fangen wir mal im 13 Jahrhundert an. Die Kirche wird gebaut als Ersatz der alten Holzkirche. Bauherrin war die 2. Tochter der Heiligen Elisabeth von Marburg. Von dieser romanischen Kirche ist uns der Turm erhalten geblieben. Hier betritt man als Besucher auch den Innenraum der Kirche. In der Decke sind noch die Löcher zu sehen, durch die die Glockenseile geführt waren. Der Besucher bekommt jetzt von dem Gebäude die Geschichte gezeigt. Die Unterschiede in der Architektur sind deutlich zu sehen. Wenn man sich nach rechts dreht, schaut man in den Chor. Diese Erweiterung der Kirche wurde im 13 . Jahrhundert vollzogen. Die Bögen der Decke sind verziert und die Gläser der Fenster zeigen biblische Motive. In diesem Chor steht ein Schmuckstück. Der Marienaltar, der aus dem Ende des 15. Jahrhunderts stammt. Dieser Flügelaltar ist aufwendig in Wiesbaden-Biebrich von Fachleuten des Amtes für Denkmalpflege restauriert worden und schmückt wieder die alte Martinskirche. Wenn wir uns jetzt einmal umdrehen, bekommen wir den Blick zur Empore und der Orgel im Kirchenschiff. Das erweiterte Kirchenschiff kam um 1450 dazu. Die Malereien sind eindrucksvoll und farbenfroh. An einem Seitenaltar befindet sich das spätgotische Kruzifix. Das Gesamtbild ist überwältigend. Solch eine Perle habe ich nicht erwartet. Nach der Reformation wurde die Heuchelheimer Kirche evangelisch. Das Gotteshaus wurde zu klein und man baute im Jahr 1592 die hölzerne Empore, die Wandmalereien wurden überstrichen. Die Turmspitze musste im Jahr 1613 erneuert werden ,,da sie umgefallen sei,, in dieser neuen Form ist sie uns heute erhalten. Verputzt wurde die Kirche um 1862. Die Martinskirche bekam 1925 die Orgel. Erbaut durch die Orgelbauer Förster & Nicolaus aus Lich, mit zwei Manualen und 13 klingenden Registern. Im Jahr 1926 wurden die Wandmalereien wieder freigelegt und das erste Mal saniert. Aufgrund der wachsenden Gemeinde wurde die Kirche in den 60er Jahren zu klein. Aber man hat die alte Kirche erhalten! Im Pfarrgarten wurde ein Anbau errichtet. Der Bau von 1970 ist durch einen Glaskorridor mit der alten Martinskirche verbunden. Die Giebelseite ist verglast und bietet den Kirchenbesuchern den Blick auf ihre alte erhaltene Martinskirche. In Heuchelheim findet sich alt und neu in wunderbarer Art miteinander verbunden. 1981 bis 1982 erfolgte die letzte Restaurierung der Wandmalereien durch Fachleute des Denkmalschutzes. In der Martinskirche Heuchelheim sind die Wandmalereien sehr gut erhalten. In der Kirche befinden sich auch Gräber. Jedoch hat Heuchelheim seine Adligen nicht in der Kirche begraben. In Heuchelheim dürfen laut Salbuch von 1741 nur der Pfarrer und seine Frau in der Kirche begraben werden. Neben den Pfarrern ist auch einem Schultheiß die Ehre zu Teil geworden, einen Ruheplatz im Inneren der Kirche zu finden. Der Innenraum der Kirche mit den aufwendigen Malereien, dem Marienaltar, dem Kruzifix, sowie der Emporenbereich wurde fachgerecht restauriert. In einer Nische befinden sich alte Bibel und Kelche aus verschiedenen Epochen, die man in Heuchelheim nicht versteckt, sondern offen der Gemeinde ausstellt. Im Jahr 2009 wurde eine Dachsanierung fällig. Das Sakristeidach sollte neu gedeckt werden. Sorgfältig wurde abgedeckt. Dabei entdeckten die Handwerker menschliche Gebeine. Sofortiger Baustopp und Polizeiarbeit auf dem Kirchendach waren die Folge. Riesen Aufregung in der Gemeinde. Wie kommen Skelette auf das Kirchendach? Wie lange liegen die da schon? Gab es einen Mord? Dass es sich bei dem Fund um einen historischen Knochenfund handelt, war nach Untersuchungen der Gießener Rechtsmedizin recht schnell klar. Laut Professor Verhoff, dem damaligen Leiter des Instituts für Rechtsmedizin der Universität Gießen, handelt es sich bei den Funden um die menschlichen Überreste von 12 Personen: Frauen, Männer, ein Jugendlicher, ein Kind und ein Säugling, die irgendwie auf das Dach der Sakristei gelangt waren. Laut einer Radiocarbon- Datierung war der Todeszeitpunkt der ältesten Person um das Jahr 1017. Der Turm ist das älteste Bauelement der Kirche und wurde um das Jahr 1230 erbaut. Wie passt das zusammen? Die Sakristei wurde um das Jahr 1350 an die Kirche angebaut. Für diesen Anbau musste eine Stütze der gotischen Chormauer weggenommen werden. Um die Statik zu gewährleisten und die Mauer zu stützen, hat man vermutlich den Aushub, der bei der Fundamentaushebung entstand, auf das Gewölbe der Sakristei gebracht.
Bauschutt und Gebeine? Ja, denn rund um die alte Kirche war auch früher der Friedhof. Man geht davon aus, dass bei den Anbauarbeiten für die Sakristei Familiengräber angeschnitten wurden. Die Gebeine wurden mit Erde und Steinen auf das Gewölbe der Sakristei geschafft und nicht wieder auf dem
Friedhof beigesetzt. Man kann davon ausgehen, dass sich dort noch mehr Gebeine des ersten Heuchelheimer Friedhofs befinden. Um die Statik der Kirche nicht gefährden,hat man sich aber entschieden, die vorhandene Situation so zu belassen. Die Gebeine wurden auf den Dachboden des Chorraums gebracht. Eine kurze Erklärung und die Untersuchungsergebnisse wurden der schlichten Gebeinkiste noch beigelegt. Kommende Sanierer sollen nicht wieder ratlos vor den Funden stehen. Demnächst steht für die Martinskirche die kostspielige Sanierung der Zifferblätter an der Kirchturmuhr an. Die Suche nach einem Sponsor ist am Laufen. Welche Überraschung wird die kleine Kirche für ihre geschichtsbewusste Gemeinde noch bereithalten? Ich bedanke mich beim Kirchenvorstand für die nette Zusammenarbeit.
danke. von aussen schaut sie wenig spektakulär aus aber innen eine perle!