Spaziergänge in der Leineaue: Die Sache mit dem Werwolf
Das Naherholungsgebiet Südliche Leineaue erstreckt sich von der Haustür in Döhren oder Wülfel bis hin zum Schulenburger Berg mit dem Schloss Marienburg als krönenden Abschluss. Die Leinemasch bietet sich dabei nicht nur als eine wunderschöne Landschaft für Ausflüge ins Grüne an; sie steckt auch voller Geschichte. In den vergangenen 20 Jahren habe ich in loser Folge interessante historische Details und Ausflugsziele im MASCHSEEBOTEN – das ist eine Stadtteil-Zeitung in Döhren und Wülfel - vorgestellt. Die Hefte mit den einzelnen „Spaziergängen in die Leineaue“ sind längst vergriffen. Daher sollen nach und nach die einzelnen Beiträge nun bei myheimat einen weiteren Leserkreis bekannt gemacht werden. Vielleicht findet sich sogar ein Verleger, der die gesammelten Beiträge einmal als Heftchen veröffentlicht.
Heute: Die Sache mit dem Werwolf
Aus dem Bereich der südlichen Leineaue sind allerlei Sagen und Märchen überliefert. Die Legenden, die sich um die Teufelskuhle ranken, wurden bereits an anderer Stelle vorgestellt. Hier sollen zwei Geschichten aus Hemmingen und Ricklingen folgen.
Am Weg von der Landwehrschänke in Ricklingen nach Arnum lag früher eine große Sumpfwiese. Heute heißt dieses Weg "Göttinger Chaussee" und ist gut ausgebaut und statt des Morastes links und rechts liegt nun an der Straße der Hemminger Ortsteil Westerfeld. Die früher hier einmal vorhandene Sumpfwiese wurde "Arnumer Sieken" genannt. Des Nachts zeigten sich in alter Zeit hier allerlei trügerische Lichter. Wehe dem, der diesen Lichtern folgte. Sie führten ihn immer weiter in den Sumpf hinein und selten gelang es dem Wanderer, wieder die rettende Landstraße zu erreichen.
Noch schauriger ist die Geschichte von dem Ricklinger Werwolf. Dieses Untier hauste einst am Wullwinkel. Das ist ein Ort westlich des Lindener Friedhofes. Tagsüber war der Wehrwolf ein stiller und fleißiger Tagelöhner. Manche Nacht aber überkam ihn eine unheimliche Macht. Dann legte er einen Zaubergürtel an und verwandelte sich in einen Werwolf.
Eines Tages - so erzählt die Sage, näherte er sich - als altes Weib verkleidet - auf dem Hemminger Weg von der Teufelskuhle her der Koppelriede. Hier weidete eine Herde Schafe. Plötzlich warf der Werwolf seine Vermummung ab und raubte mit schrecklichem Geheul, glühenden Augen und gesträubten Haaren ein Jungtier aus der Herde. Die Hirten flohen und verkrochen sich am Hanensteg. Der Werwolf konnte ihnen nicht folgen. Statt dessen ging er durch Bäcker Bocks Garten in dessen Hinterhaus und erschreckte dort die Frauen und Kinder. Dann entwich er wutschnaubend durch den Rauchfang.
Die heutigen Spaziergänger brauchen allerdings keine Angst mehr zu haben. Weder Werwölfe noch Irrlichter treiben sich in unserer Zeit in der Leineaue herum. Dafür ist im gut ausgebauten Naherholungsgebiet kein Platz mehr.
Quelle: Ernst Bock, Heimatbuch des Landkreises Linden
Vielleicht gibt es ja mal wieder richtige Wölfe hier, wer weiß?