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Die evangelisch-lutherische Friedenskirche in Arnum

Die evangelisch-lutherische Friedenskirche in Arnum

Wer hatte schon einmal die Gelegenheit, dabei zu sein, wenn eine Kirchengemeinde sich mit manchmal gewaltigen Umwegen an den Bau einer Kirche wagen darf. Allein das zu schildern, wäre eine sehr spannungsvolle Geschichte von Gemeinde und ihren einzelnen Menschen. Denn es stoßen schon bei dem Ansinnen so etwas anzufangen, eine Kirche bauen, Ansichten aneinander, die nicht unbedingt am Ende geeint sind. Von 1972 bis 1994 erlebte ich diese Geschichte als „Nachbar“ und dann als unmittelbar Mitarbeitender. Ich erinnere mich an einen Ausspruch, der immer wieder unverrückbar in die Diskussionen eingeführt wurde: „Wozu braucht es in diesen Zeiten noch eines Prachtbaues, der nur sehr selten genutzt wird?“ - Und wenn dieser Satz heute 2009 gelesen wird, hat er schon seinen eigenen Geschmack. Mir begegnete er um 1975 im Blick auf eine zu bauende Kirche in Arnum das erste Mal, dann wieder oft in den 1980er Jahren; bis dann schließlich um 1989 die Pläne aus den Köpfen aufs Papier kamen und das Gebäude reale Gestalt annahm.

Arnum, bis 1945 ein Dorf südlich von Hannover gelegen an der damals noch so genannten Reichsstraße 3, ein uralter Handelsweg von Hamburg nach Basel. Schon 1928 ist der Verkehr auf dieser Straße so stark, dass es Pläne einer Umgehungsstraße gibt – die bis heute nicht gebaut wurde. Mitten in diesem Dorf ein winzig kleine Wehrkapelle. Die Kirche der Arnumer steht seit mindestens 1140 neben an in Wilkenburg. Die St.Vitus-Kirche ist die Kirche für mehrere Dörfer. Arnum hat um 1940 um sechshundert Einwohner, Landwirte und Arbeiter der nahen Großstadt. Dann kommen die Flüchtlinge aus dem Osten... und dann die Stadtflüchtigen aus Hannover und die, deren Beruf es nach Hannover gezogen hat und die lieber nicht in der Großstadt leben möchten. Um 1965 ist Arnum bereits mit dreitausend Einwohnern dem kleinen Wilkenburg (800 Einwohner) ganz sauber über den Kopf weg gewachsen. Die kleine Kapellengemeinde entwickelt ein eigenes Leben, die erstmals zweite Pfarrstelle für Wilkenburg wird gleich in Arnum angesiedelt, der Pastor wohnt in einem Reihenhaus mitten in der Gemeinde... Und es schon längst klar, es müssen in Arnum eigene Gemeinderäume geschaffen werden. Arnum ist noch immer eigenständige Kommunalgemeinde, plant seinen Ort mit einem neuen Zentrum entfernt von der lästigen Bundesstraße, ein großer Marktplatz ist vorgesehen ein schöne Rathaus und an diesem Rathausplatz – gleich neben der Feuerwehr darf die evangelische Kirchengemeinde Wilkenburg sich einen Platz reservieren für eine Gemeindezentrum mit allem drum und dran. Am 15.Dezember 1968 wird der erste Bauabschnitt eingeweiht, das großzügige bemessene und räumlich ausgestattete Gemeindehaus. Nach wirklich tief gehenden Auseinandersetzungen kommt im Verlaufe dieser Entwicklung auch zum „Abspalten“ der Kapellengemeinde von Wilkenburg und damit zur neuen Friedens-Kirchengemeinde. Als nächster Bauabschnitt war vorgesehen, die Kirche an das Gemeindehaus anzubauen. Armierungen und eine lange provisorische fensterlose Wand zeigten dieses deutlich an. Die Gottesdienst wurde im Gemeindesaal gefeiert. Ein Raum der dafür erkennbar ungeeignet war, wie sich aus einem ganz kleinen Nebenaspekt nachträglich ablesen lässt. Im Fotoarchiv der Gemeinde gibt es etliche Bilder, die den Gottesdienstraum in Aktion zeigen und der Altar steht im Verlaufe der folgenden Jahre an 5 verschiedenen Plätzen, obwohl der Raum nur vier Seitenwände aufweist. Auch war der Raum übers Jahr gesehen an viel zu vielen Tagen für die Gottesdienste zu klein bemessen (offiziell zugelassen waren 90 Personen, die Kirchengemeinde hatte dem Zeitpunkt des Baus schon 2.500 Gemeindeglieder), das Raumklima darum eine Katastrophe... Irgendwann wurde die kleine Kapelle an der Bundesstraße wieder entdeckt, geeinigt, neu bestuhlt... Es war wirklich kein Zustand für die Kirchengemeinde... Der Vollständigkeit halber soll aber auch erwähnt werden: 1974 überrollte die weise Landesregierung von Niedersachsen im Anflug von Wahnsinn mit dem Anspruch Geld sparen zu wollen das Land mit einer Kommunalreform, die alles andere als sinnvoll war; Arnum gehörte damit zur neuen Kunstgemeinde Hemmingen; aus dem Rathaus wurde nichts, die ersten am Marktplatz errichteten dreigeschossigen Mietshäuser stand einsam und eher unschön am Ortsrand, der unbearbeitete Markplatz selber entartete mehr und mehr zu einem Wildplatz mit Zufallsgrün und Bauschutt. Und statt mitten im Ort befand sich nun auch das sehr flach gehaltene Gemeindezentrum der evangelischen Kirchengemeinde. (Noch heute lässt sich das Drama von 1974 gut erkennen!)
Die Kirchengemeinde brauchte dringend einen größeren Gottesdienstraum, das war klar und auch von Seiten der Landeskirche anerkannt. Der alte Plan hatte noch immer vertragsrechtlichen Bestand, aber war für die finanzielle Situation der Landeskirche zu überdimensioniert.
Für die nun notwendigen neuen Planung stand ausreichend Bauplatz zur Verfügung. Und aus den Eckpunkten „geringe Finanzmittel“ und „möglichst großer Raum“ entstand die Friedenskirche, die nicht versteckt und geduckt hinter anderen Häusern gesucht werden muss, sondern die durchaus einen markanten Blickpunkt darstellt, an dem man nicht einfach so vorbei kommt. Vielleicht kommen eines Tages sogar noch viel mehr Menschen dort vorbei, denn schon seit geraumer Zeit gibt es den Plan die Stadtbahn von Hannover her bis nach Arnum zu verlängern und dann würde wohl dort eine der Haltestellen eingerichtet.

Am 10. Juni 1990 (Trinitatis) wird dann der Grundstein für die neue Arnumer Kirche gelegt. Es ist das Jahr, in dem Arnum selber auch feiert die erste Erwähnung in einer Urkunde aus dem Jahr 1090.
Die Planung des Gebäudes und des Geländes wurden als Einheit dem Architekten Helmut E.Simon (Wolfenbüttel) und seinen Partnern übertragen. Die Bauarbeiten gingen ohne nennenswerte Probleme von statten, so dass schon am 31,. August 1991 die fertige Kirche feierlich eingeweiht werden konnte! Für die Kirchengemeinde war der neue Gottesdienstraum von Anfang an ein Gewinn. Wenn auch die optische Gestaltung – offenkundig bis heute! - immer wieder zu seltsamen Anmerkungen herausfordert. So erinnere ich mich an die Präsentation des Modells, als mir heraus rutsche „sieht aus wie ein Westernfort“ und sich andere Anwesende mit ganz anderen Assoziationen einbrachten, auch „das kann notfalls auch als Produktionshalle für einen Gewerbebetrieb genutzt werden“ wurde eingeworfen und der Architekt nur schmunzelte. Ich meine mich zu erinnern, dass er nur sagte: Wenn das alles schon von Ihnen so gesehen wird, dann machen Sie doch auch so etwas daraus! Und er meinte es rundherum positiv.
Ein schriftliche Form der Vorstellung ist hier zu finden:
http://pruessner-hannover.de/kirchen/Arnum/index.h...

Einen augenfälligen Eindruck übernimmt in der Friedenskirche Arnum schon bei Eintreten die Figur des Christus, des gekreuzigten Jesus, dem in die Kirche hineingehenden genau gegenüber, an der wie rundherum schneeweißen Wand diese übergroße mächtige Figur an einem Holzkreuz. Ich erinnere mich an meinen Versuch das Holzkreuz selber nur kurz anzuheben – ohne die Figur – viel zu schwer! Und ich erinnere mich an den Zimmermann(!), der den Auftrag hatte die Figur auf diesem Kreuz zu befestigen, der in einer Pause seines Tun auf einmal sagte, wie aus dem Bauch heraus kommen: „Da merkt man erst, was damals geschehen sein muss! - unmenschlich!“. Der Corpus ist Werk von Professor Jürgen Weber aus Braunschweig und wer zu diesem Werk einen künstlerischen Zugang finden möchte, dem empfehle ich seine eigenen Worte, wie sie in der Festschrift zur Einweihung der Kirche 1991 abgedruckt zu lesen waren.
siehe hier: http://pruessner-hannover.de/kirchen/Arnum/index.h...

Im März 2007 wurde dann schließlich die für diese Kirche bestimmte Orgel eingeweiht. Sie stammt der Orgelbaufirma Elmar Krawinkel in Trendelburg. „SOLI DEO GLORIA - Allein zum Lobe Gottes“ - so steht es auf der Zentralpfeife. An der Spitze dieser Pfeife ist eine Taube eingraviert. Sie ist das Zeichen der Arnumer Friedenskirche.

~~~~~~~~~ Arnum, Bockstraße 33 ~~~~~~~~~
Nachtrag: Heute leben in Arnum etwa 7000 Menschen!

  • wir sind von Osten in die Kirch hineingegangen
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  • Die Leichtigkeit der Flügel geben dem Raum das Licht
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  • zwei Stufen nehmen die Altarstufen von innen mit dem Apsis-Bogen von außen auf - so entsteht die Möglichkeit auch draußen einen Gottesdienst zu feiern
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  • zwei Stufen nehmen die Altarstufen von innen mit dem Apsis-Bogen von außen auf - so entsteht die Möglichkeit auch draußen einen Gottesdienst zu feiern
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  • mit Geduld wächst hier ein 1000jähriger Rosenstock - wenn wir glauben, warten wir es ab!
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  • St.Vitus, nebenan in Wilkenburg - Allmählich ist Mutterkirche von einst fast für sich allein und wer weiß, eines Tages gehört sie als Teil zu einer der Töchter
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  • Die Wehrkapelle zierte bereits ein Jahr lang einen Poststempel
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Weitere Beiträge zu den Themen

Friedenskirche ArnumArnumHemmingen/Han.

7 Kommentare

Du hast Dir viele Mühe gemacht.
Kompliment
Gruss
Giuliano

Dein Bericht ist eines Kirchenhistorikers würdig.

Moderne Architektur, großartig umgesetzt mit viel Sinn.
Es gibt wenige moderne Gotteshäuser, dieses ist einfach schmuck.
Die Christusdarstellung ist eine Mahnung.

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