Fototipps: affenscharfe Bildwirkung trotz Unschärfe – Fotosafari im Erlebniszoo Hannover einmal anders
Früher war nicht wirklich alles besser. So hätte ich allein wegen der Überschrift zu diesem Fototipp wahrscheinlich von der überwiegenden Mehrheit der Fotografen – seien es nun professionelle oder Amateurlichtbildner – eisige Ablehnung erfahren. Unscharfe Fotos, das ging gar nicht. Es zeigte vielmehr, dass der Fotograf ein Stümper war und sein Handwerk nicht beherrschte. Klar, damals war fundiertes Fachwissen erforderlich, um eine scharfe Aufnahme zu Stande zu bringen. Doch heute schafft es wirklich jeder, mit Autofokus und Bildstabilisator einigermaßen scharfe Fotos aufzunehmen.
Trotzdem können natürlich immer noch einmal Fehler geschehen. Manchmal bedingt durch die Hektik oder einfach dank Pech, manchmal natürlich auch durch Unwissenheit hinsichtlich der Fototechnik. Aber der Punkt „Schärfe“ lässt sich daneben gezielt bei der Bildgestaltung einsetzen und möglicherweise verstärkt ein technisch nicht ganz einwandfreies Foto die Bildwirkung enorm.
Schauen wir uns - damit klar wird, auf welche Unschärfe dieser Beitrag abzielt – erst einmal alle Möglichkeiten an, die zu unscharfen Aufnahmen führen können.
1.) „Hardwaremäßig“ bedingte technische Unschärfe
Nicht alle Objektive zeichnen gleich scharf. Zwar hat sich in den letzten Jahren hinsichtlich dieser Fehlerquelle einiges getan, die Hersteller haben ihre Linsen immer raffinierter berechnet. Aber es gibt natürlich nach wie vor gute und schlechte Objektive. Und wenn eine Fotolinse kein scharfes Bild auf die Speicherkarte bringt, dann kann man eigentlich nur noch nach einem anderen Objektiv Ausschau halten.
Allerdings: Erstens erzielen viele dieser Objektive eine bessere Abbildungsleistung, wenn sie abgeblendet werden. Faustregel: Oft wird mit einer um zwei Blendenstufen geschlossenen Blende das Optimum erreicht. Zweitens weisen die meisten Objektive Schärfefehler eher in den Randbereichen auf. Hier hilft vielleicht schon ein nachträglicher Beschnitt der Aufnahme am Computer, es dürfen nur keine bildwichtigen Teile am Rand liegen.
Diese Unschärfen meine ich nicht, wenn ich von dem gezielten Einsatz bei der Bildgestaltung spreche. Jetzt könnte der eine oder andere zwar keck auf Weichzeichner-Objektive verweisen. Aber auch dieser Objekte sollten eigentlich scharf zeichnen, das scharfe Kernbild wird beim Weichzeichner lediglich von einem unscharfen Bild überlagert.
2.) Falsche Fokussierung
Das ist immer ein Fehler, der selbst heute immer wieder noch vorkommt. Denn trotz aller technischen Finessen kann auch ein Autofocus sich irren oder man liegt bei manueller Fokussierung doch daneben (ich vermisse ab und zu den guten alten Schnittbildentfernungsmesser). Diese Unschärfe meine ich also ebenfalls nicht.
3.) Bewegungsunschärfen
Hier kommen wir der Sache schon näher. Bewegungsunschärfen entstehen immer dann, wenn die Belichtungszeit zu lang ist, um trotz Bewegung das Motiv im Bild einzufrieren. Es gibt zwei Arten der Bewegungsunschärfe:
a) Das Motiv hält stille, aber die Kamera bewegt sich. Das ist der typische Verwackler und im Regelfall ein aufnahmetechnischer Fehler. Es wurde einfach eine zu lange Belichtungszeit gewählt. Gut, manchmal stoßen wir bei schlechten Lichtverhältnissen an Grenzen, die Blende geht nicht weiter auf und der ISO-Wert lässt sich entweder nicht noch mehr erhöhen oder revanchiert sich mit einer total verrauschten Aufnahme. Dann hilft nur noch ein Stativ. Haben wir das mal wieder nicht dabei (die Dinger sind ja schwer und unhandlich), dann hilft nur noch Improvisieren. Wir suchen uns eine Stütze, halten den Atem an, versuchen nicht zu zittern und hoffen auf viel Glück.
Eigentlich ist also dieser Typ der Bewegungsunschärfe ebenfalls ein typischer Fotografenfehler. Aber: es gibt Fotokünstler, die verreißen absichtlich bei der Aufnahme ihren Fotoapparat. Und manchmal haben solche Aufnahmen tatsächlich das gewisse Etwas.
b) Die Kamera ist stabil, aber das Motiv – oder Teile des Motivs - bewegen sich. Die Aufnahme ist „verwischt“. Auch dieser Fehler tritt auf, wenn eine zulange Belichtungszeit eingestellt ist, die die Bewegung nicht einfrieren kann. Aber mit Hilfe dieses „Fehlers“ lässt sich ganz bewusst eben auch „Bewegung" ausdrücken. Im Gegensatz zu Videografen sind wir mit unseren „Stehbildern“ ja auf eine Art Symbolik angewiesen, wollen wir in einem Foto Bewegung darstellen. Und das lässt sich mit Wischeffekten ganz gut machen.
Als Beispiel einmal zwei Aufnahmen von den Timberwölfen im Erlebniszoo Hannover. Einmal zeige ich ein Wolfsporträt (Bild 2), wie es für ein Tierfoto üblich ist. Unser tierisches Model hält still und lässt sich gut fotografieren. Aber der Wolf war dann nicht mehr still und stillte seinen Durst in dem kleinen künstlichen Bachlauf im Gehege des hannoverschen Yukon Bay. Um sein nasses Fell wieder trocken zu bekommen, schüttelte er sich. Diese „Geschichte“ lässt sich mit einer etwas längeren Belichtungszeit erzählen (da der Wolf sich sehr schnell bewegte, reichte hier schon 1/400 sec aus). Das Ergebnis ist auf Bild 1 zu sehen.
Zugegeben: es lässt sich vorher oft schlecht abschätzen, welche Belichtungszeit optimal ist. Denn es soll ja einerseits die Bewegung zu sehen sein, andererseits soll der Betrachter aber auch noch etwas vom Motiv erkennen können. Es wäre nach alledem nicht verkehrt, wenn Teile des Motivs deshalb möglichst noch einigermaßen scharf sind.
Eine Portion Glück gehört letztendlich immer mit dazu, um ein aussagestarkes Foto mit nach Hause zu bringen. Ist das Model geduldig und wiederholt seine Aktion mehrmals, empfiehlt sich eine Aufnahmereihe mit unterschiedlichen Zeiten. Hinterher präsentieren wir das beste Bild aus der Serie; wir müssen ja nicht gleich allen erzählen, dass wir neun andere Aufnahmen vom selben Motiv wieder gelöscht haben.
Ja, Schnittbildindikator kann man auch sagen