Jahresempfang zwischen historischen Straßenbahnen
Der diesjährige Jahresempfang des Bezirksrates Döhren-Wülfel bot einen eher rustikalen Rahmen. Biergarten-Garnituren waren in einer Wagenhalle mitten auf Schienen aufgestellt, das Rednerpult stand auf einem kleinen Arbeitswaggon und links und rechts reihten sich historische Straßenbahnen.
Bezirksbürgermeisterin Antje Kellner hatte am letzten Aprilsonntag (30. April) zu dem traditionellen Treffen zwischen örtlicher Politik und Vertretern des öffentlichen Lebens auf den Straßenbahnbetriebshof der Üstra an der Thurnithistraße eingeladen.
„Die Üstra feiert in diesem Jahr ihr 125. Jubiläum“, begründete Bezirksbürgermeisterin Kellner die Wahl des Veranstaltungsortes. Üstra-Vorständler und Hausherr Willi Lindenberg begrüßte dann nicht nur die rund 200 Gäste aus Politik, Wirtschaft und Vereinen im Namen seines Verkehrsunternehmens, er zeichnete auch die lange Geschichte des hannoverschen Straßenbahnverkehrs nach. Sie ist mit dem Stadtbezirk Döhren-Wülfel eng verbunden. Der erste Betriebshof der Straßenbahn entstand schräg gegenüber dem Döhrener Turm. „Die ehemalige Direktorenvilla steht heute noch“, erzählte, Lindenberg. Aus der Stadt verkehrte dann hier die erste Straßenbahnlinie mit der wenig überraschenden Nummer „1“ zunächst bis zum Döhrener Turm, später wurden die Gleise bis in die Dörfer Döhren und Wülfel hinein verlängert. Über ein Kuriosum wusste Lindenberg ebenfalls zu berichten. Die Messelinie von der Hildesheimer Straße bis zum Messegelände in Mittelfeld entstand innerhalb von nur neun Wochen. „Heutzutage dauert eine Streckenverlängerung von der Planung bis zur Einweihung mindestens vier Jahre“, so Lindenberg.
Auch Bezirksbürgermeisterin Antje Kellner griff in ihrer Rede das Üstra-Jubiläum auf. „Wir veranstalten unseren Empfang jedes Jahr an einem anderen Ort, damit Sie die Möglichkeit haben, die Vielfalt dieses Stadtbezirks kennenzulernen. In diesem Jahr nun also in der Oldtimerhalle der Üstra, wo uns die Geschichte des öffentlichen Personennahverkehrs in Hannover nicht nur anschaut, sondern ganz anfassbar ist“, sagte sie. „Wenn man sich diese 125 Jahre Üstra -Geschichte anschaut, kann man eigentlich nur staunen: Was für eine rasante Entwicklung haben das Gebiet des heutigen Stadtbezirks, das Transportwesen und der Personennahverkehr seitdem genommen!“ Auch die Dörfer Döhren und Wülfel machten seinerzeit eine rasante Entwicklung durch. Kellner: „Vor 125 Jahren war hier jede Menge los. Arbeitskräfte mussten angeworben werden. Ein großer Schwung kam nach 1873 vor allem aus dem Eichsfeld. Zuwanderer, die von den Einheimischen oft misstrauisch beäugt wurden, und die auch nicht allen uneingeschränkt willkommen waren. Die waren nämlich irgendwie anders. Die waren nämlich: katholisch. Und natürlich brachten diese Neuankömmlinge nicht nur ihre Familien mit, sondern auch ihren Glauben.“ Dann schlug Antje Kellner den Bogen zum Heute: „Die Menschen haben damals die Herausforderungen ihrer Zeit nur bestehen können, indem sie ihr Leben selbst in die Hand genommen haben. Veränderungen kann man nur bewältigen, indem man sich ihnen stellt, jeder in seiner Zeit. Lassen Sie uns das hier im Stadtbezirk Döhren- Wülfel auch weiterhin gemeinsam tun. Und lassen Sie uns den heutigen Rattenfängern keine Chance geben.“
Im Mittelpunkt des Bezirksratsempfanges standen aber wieder die Ehrungen von zwei Einwohnern aus dem Stadtbezirk, die sich ehrenamtlich um ihre Mitbürger verdient gemacht haben. Die frühere Bezirksratsfrau Eva-Maria Hartmann und der langjährige 1. Vorsitzende der Kolpingfamilie in Döhren, Paul Majer, erhielten in diesem Jahr neben einem Blumenstrauß die Ehrennadel und Ehrenurkunde des Bezirksrates. Auch der Integrationsbeirat vergab anlässlich des Empfanges den Integrationspreis 2016. Preisträgerin war Sabine Lüdtke-Pilger, die mit ihrer Projektidee „Café Erdball“ den Beiratsvorsitzenden Manfred Milkereit und die übrigen Mitglieder überzeugen konnte. Sabine Lüdtke-Pilger plant voraussichtlich nach den kommenden Sommerferien auf dem Fiedelerplatz eine Veranstaltung, welche, wie sie sagt, „die Vielfältigkeit der Kulturen“ repräsentieren soll. Auf dem Platz sollen beim „Café Erdball“ Köstlichkeiten mit unterschiedlichen kulturellen Einflüssen angeboten werden.
Ein Drehorgelspieler und der Musikzug der Funkenartillerie Blau-Weiß Hannover Döhren sorgten für die musikalischen Unterhaltung während des Bezirksratsempfanges; Vertreter des Förderverein Straßenbahn Hannover standen in alten Üstra-Uniformen bereit, um etwas über ihre Arbeit und über die historische Wagensammlung in der Halle zu erzählen. Eine Reihe von Gästen hörte zum ersten Mal, dass es in Döhren eine Halle mit Straßenbahnoldtimern gibt. Wer wollte, konnte dann zum Abschluss des Empfanges auf den harten Holzbänken eines historischen Straßenbahn-Triebwagens Platz nehmen und eine Runde um den Betriebshof drehen.