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Strom nur gegen Bargeld: Bemerodes ungeliebter Ableger

  • Die Siedlung Seelhorst entstand als Projekt für Arbeitslose.
  • hochgeladen von Jens Schade

Der heutige Ausflug in die Geschichte von Kirchrode-Bemerode-Wülferode verlässt die Grenzen des Stadtbezirks und „wildert“ im Nachbarbezirk Döhren-Wülfel. Der Grund: Eine Grenzverschiebung in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts. Aber erst einmal der Reihe nach.

Anfang der 30iger Jahre bekam Bemerode einen neuen Ortsteil. Er entstand dort, wo sich zwischen Bemerode und Mittelfeld (der früheren Kolonie Wülfel) bis dato Spargelfelder erstreckten. Hier, wo nur ein altes Spargelhaus, Unterkunft für auswärtige Erntehelfer, stand, stellte die Stadt Hannover Siedlerstellen für Erwerbslose bereit. Das war der Startschuss für die Siedlung Seelhorst.

Heute gehört das Gebiet zum Stadtteil Mittelfeld und damit zum Bezirk Döhren-Wülfel. Doch dieser Teil von Bemerode wurde erst 1937 vom Dorf abgetrennt und der damaligen Provinzhauptstadt zugeschlagen. Manch ein Bemeroder mag seinerzeit wohl erleichtert aufgeatmet haben. Denn die Siedlung war ein durchaus ungeliebtes Kind. Als das Projekt begann, protestierten die gutsituierten Dorfbewohner von Bemerode mächtig gegen die Baupläne. Die Siedlung verdankt ihr Entstehen einer vom damaligen preußischen Innenminister Karl Severing angeregten Hilfsmaßnahme der Reichsregierung. Eine halbe Million Mark wurde Hannover für den Bau von 200 Siedlerstellen gewährt.

Das Gelände zwischen Bemerode und Mittelfeld wies eine Reihe von Vorteilen auf. Zum Teil gehörte der Grund und Boden bereits der Stadt, zum Teil der Kirche. Außerdem lag die Siedlung weitab vom Schuss und ursprünglich eben auch noch außerhalb der Stadtgrenze.

Die Siedlerhäuser, die vor allem durch Eigenarbeit ihrer zukünftigen Bewohner billig gebaut werden sollten, durften nur in drei Versionen entstehen. Typ A wies eine Wohnküche von 13,95 Quadratmetern und zwei Schlafkammern von 10,32 und 8,5 Quadratmetern Größe auf, Typ B verfügte für kinderrei¬che Familien über einen zusätzlichen Wohnraum und einer weiteren Schlafkammer im Dach. Zur Eigenversorgung diente neben dem großen Garten ein Kleintierstall. Toiletten gab es nur als Plumsklo. Die Wasserversorgung bestand aus je einem Brunnen für 20 Häuser. Als die HASTRA schließlich die erste Stromleitung in die Siedlung verlegte, kam die Energie nur gegen Bares aus der Steckdose. Der Zähler musste zuvor mit einer entsprechenden Zahl von Groschen gefüttert werden.

Trotz dieser primitiven Verhältnisse meldeten sich über 600 Bewerber für die Siedlung. Die Stadt wählte schließlich 202 erwerbslose Familienväter aus und im Mai 1932 fiel der Startschuss zum Bau. Hannover machte die endgültige Vergabe der Häuser in Erbpacht von einer Probezeit von fünf Jahren abhängig. Das kam dann nach 1933 den braunen Machthabern zu Gute, die damit ein Druckmittel gegen die Siedlungsleute in der Hand hatten. Die bisherigen Vertrauensleute im Vorstand des Siedlervereins konnten so durch linientreue Nazi-Männer abgelöst werden.

Der von den Nazis angezettelte Krieg brachte Leid auch über die Siedlung. Ein Bunker neben dem Festplatz erzählt noch davon. Ein Teil der Siedlerhäuser wurde durch Bomben beschädigt, das alte Spargelhaus - welches zuletzt als Schule diente - brannte nieder. Nach dem Krieg ging es aber wieder aufwärts. 1948 wurde eine Wasserleitung verlegt. Bald bekamen die Straßen eine Teerdecke und einen einseitigen einfachen Bürgersteig. 1952/53 ließen die Stadtwerke eine Gasleitung legen und 1967/68 begann die Stadt mit dem Bau der Kanalisation.

Die Serie „Geschichtliches aus der Südstadt“ ist beendet. Doch nicht nur im Südstädter Maschseekurier bin ich der Stadtteil-Geschichte nachgegangen. Außer dem Maschseekurier und dem heute noch existierenden Maschseeboten (für den hannoverschen Stadtbezirk Döhren-Wülfel) erschienen im selben Verlag zeitweise auch noch andere Stadtteil-Zeitungen: der Tiergarten-Blick, das Nordstadt-Echo, der Beeke-Blick und im Raum Badenstedt/Davenstedt ein Ableger des Ronnenberg-Blicks. Manchmal war diesen Titeln kein langes Leben beschieden. In einigen Ausgaben aber erschienen Beiträge zur Historie des jeweiligen Ortes. Die einzelnen Hefte sind natürlich schon lange vergriffen und vergessen. Auch wenn diese damaligen Artikel keine zusammenhängende Geschichte der Stadtteile ergeben, sondern nur einige wenige Aspekte schlaglichtartig beleuchten, sollen nun diese Geschichten in loser Folge nach und nach bei myheimat veröffentlicht werden. Bestimmt interessieren sie ja den einen oder anderen myheimat-User. Denn Heimatgeschichte ist immer aktuell und nie von gestern. Dieser Beitrag erschien im September 1995 im Tiergarten-Blick.

  • Die Siedlung Seelhorst entstand als Projekt für Arbeitslose.
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  • Die Bemeroder wollten sie nicht: Die Siedlung Seelhorst.
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2 Kommentare

Wieder mal sehr interessant!

Sehr interessant, vielen Dank!

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