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Rund um den Beginenturm - ein Sprung in Hannovers Stadtgeschichte
Trutzig steht er da und setzt ein markantes Zeichen, wo einst die Mauern der Stadt lagen. Fast 700 Jahre hat der Beginenturm mittlerweile auf dem Buckel, aber noch immer schaut er standfest auf die Leine am Hohen Ufer und sicher könnte er uns manch spannende Geschichte flüstern.
Als Wehrturm gegenüber der Burg Lauenrode errichtet, ist er auch ein Zeichen für das Selbtsbewusstsein der Bürgerinnen und Bürger der Stadt. Die Burg steht schon lange nicht mehr, der Beginenturm aber hat in den letzten Jahren eine Schönheitskur erhalten, und nach Abschluss der Renovierungsarbeiten ist er nun auch wieder für Besucherinnen und Besucher geöffnet, die hier sonntags einen Sprung in Hannovers Stadtgeschichte wagen können.
Jeden Samstag herrscht wuseliges Treiben am Fuße des Turmes, denn dann stöbern halb Hannover über den Flohmarkt am Hohen Ufer und ersteht das eine oder andere Schätzchen. Archäologinnen und Archäologen finden an der alten Leineinsel und der Roßmühle gerade Schätze aus der Stadtgeschichte. Denn lange hat der Beginenturm auf die Leineinsel geschaut, die hier bis nach Ende des zweiten Weltkrieges das Stadtbild prägte. Sie lag zwischen zwei Flußarmen der Leine und bis vor der Sanierung der Leineufermauer konnte man Reste der alten Bebauung in der Mauer entdecken. Da diese stark einsturzgefährdet war, wurde 2013 mit der Sanierung begonnen. Bei Ausgrabungen konnten Funde aus dem Mittelalter belegen, dass auf der Leineinsel durchaus wohlhabende Bürger der Stadt lebten. Bisher hatte man angenommen, dass hier ein Armenviertel der Stadt lag. Das mag wohl auch an der jüngeren Vergangenheit der Insel gelegen haben, als sich der Massenmörder Haarmann hier herumtrieb.
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Zur WebseiteDie Skulptur "Mann mit Pferd" von Hermann Scheuernstuhl erinnert an die Pferdeschwemme, die einst zu Füßen des Beginenturmes am Ufer der Leine lag. Über einen abschüssigen Weg wurden die Pferde hier zum Wasser geführt, um sie dort zu reinigen. Hinter den Mauern des Zeughauses verbirgt sich heute das Historische Museum. Wenn iht tiefer in die Geschichte der Stadt eintauchen möchtet, solltet ihr einen Besuch des Museums einplanen. Nur ein paar Schritte weiter erinnert das Marstalltor neben dem Zeughaus an das Reithaus "Alter Marstall", das an der Burgstraße stand. Nach dem Krieg wurde das erhaltene Tor hierher versetzt. Es wird vom Wappen Georgs I. (König von England) geziert und wurde nach Plänen von Remy de la Fosse errichtet.
Links vom Marstalltor machen Löcher im Bauzaun neugierig auf die Arbeiten dahinter. Denn auch hier wird in Hannovers Geschichte geschaut. Während der Bauarbeiten zu Wohn- und Geschäftshäusern, die auf dem ehemaligen Gelände der Gehörlosenschule entstehen, werden alte Baureste und Funde aus der Vergangenheit freigelegt und kartiert. Ein Plakat am Bauzaun informiert über das Gesicht der Straße "Roßmühle" Ende des 19. und Mitte des 20. Jahrhunderts. Wie der Name schon vermuten lässt, hat hier früher eine Mühle gestanden, die im 16. Jahrhundert vom Rat der Stadt an der Ecke zur Burgstraße aufgestellt wurde. In der Burgstraße steht auch heute noch das älteste Fachwerkhaus der Stadt. Ein Schlenker dorthin lohnt sich.
Dicht bebaut war auch das Leineufer rechts vom Beginenturm vor dem Krieg. Heute könnt ihr hier in Gaststätten einkehren oder über die Uferpromenade bummeln. Wer hier wie wir etwas genauer schaut, wird in den Mauerritzen Straßenkunst entdecken, die uns schmunzeln lässt. Gleich neben dem Neuen Tor liegt das Leineschloss, in dem auch heute noch Politik gemacht wird. Denn hier ist der Niedersächsische Landtag eingezogen. Während der Renovierung des Plenarsaales tagt er allerdings in nächster Zeit ein paar Schritte weiter im Georg von Cölln-Haus in der Altstadt. Ob der Beginenturm uns mehr zur tragischen Geschichte des Grafen Königsmarck verraten kann? Der soll im Leineschloss ermordet und anschließend in die Leine geworfen worden sein, weil er eine Affäre mit der verheirateten Sophie Dorothea hatte. Ihr Mann Georg Ludwig (späterer König Georg I. von England) war "not amused", ließ sich von seiner Frau scheiden und verbannte sie bis an ihr Lebensende nach Ahlden.
Flüstert uns der Turm etwas aus Zeiten des Räubers Hanebuth? Er soll hier unter den Mauern der Stadt hindurch einen geheimen Gang gehabt haben. Zu Füßen des Beginenturms sieht man noch seinen Eingang. Doch so sehr ich auch mein Ohr an die alten Mauern des Turmes drücke - er schweigt.
Fortsetzung folgt...
Hier geht es zu einer Tour über den Roten Faden
Quellen:
"Der Rote Faden" Broschüre der Stadt Hannover
"Hannover - Rundgänge durch die Geschichte" von Ekkehard Oehler-Austin
"Hannover - Kunst- und Kulturlexikon" Knocke, Thielen
"Hannover - Führer durch die Stadt und ihre Bauten" Architekten- und Ingenieurverein Hannover
"Alt-Hannover - Die Geschichte einer Stadt in zeitgenössischen Bildern" Kunstverein Hannover
Infotafel / Plakat an der Baustelle "Roßmühle"
Sehr schön geschrieben, und natürlich interessant. Es lohnt sich auch eine Führung durch den Turm (seit einigen Monaten möglich) mitzumachen. Auch wenn er nicht eingerichtet ist, so ist die Wirkung der alten Mauern doch eindrucksvoll. Man erfährt dabei viel Wissenswertes. Auch eine gut gelungene Computeranimation wird gezeigt.