...Doch der grüßt da so gewandt, das ist unser Ferdinand
In wenigen Tagen, am 15. Mai 2011, wird es den ersten Schorsenbummel in diesem Jahr geben. Auf Hannovers Prachtboulevard Georgstraße werden viele HannoveranerInnen, zum Teil historisch kostümiert, zwischen Kröpcke und Georgsplatz unterwegs sein. Auf Opernplatz und Georgsplatz sind renommierte Big Bands angekündigt. Zeitlich ist die Wortschöpfung Schorsenbummel“ (Schorse=hannöversch>Georg=Bummeln auf der Georgstraße) nicht genau einzugrenzen, es ist aber bekannt, dass es um die Jahrhundertwende (19./20.) im Sommerhalbjahr sonntäglich zwischen 12 und 1 Uhr mittags auf den Stufen des Kgl. Hoftheaters (Opernhaus) ein sogenanntes Promenadenkonzert gab. Zumeist spielte eine Regimentskapelle Märsche, Opern-, Operetten-, Schlagermelodien u. Volkslieder (Quelle für Letzteres: Stadtlexikon Hannover). Für HannoveranerInnen aus gut bürgerlichen Kreisen ein willkommener Anlass, um auf der Georgstraße zwischen Ständehausstraße und Windmühlenstraße zu flanieren. Man wollte sehen und gesehen werden.
Auch ein gewisser Ferdinand war zu jener Zeit am Sonntag unterwegs. Eine Postkarte aus dem Jahr 1899 zeigt das Eingangsportal des Hoftheaters, darunter seitenverkehrt das Denkmal des hannoverschen Komponisten und Kapellmeisters Heinrich Marschner (1795-1861) und im Vordergrund die Pension Hempel, gemeint sind Insassinnen eines Mädchenpensionats nebst Lehrerinnen/Erzieherinnen. Aber wer ist Ferdinand?
Der hannoversche Lehrer und Schriftsteller Moritz Jahn (1884-1979) erinnert sich (aus Hannoversches Lesebuch, Teil 2, Seite 157/158, Autor Henning Rischbieter). Ein Auszug:
„Ferdinand Haars war von Beruf ein mittlerer Beamter (Anm: Eisenbahn-Betriebssekretär), seine literarische Spezialität war das vaterländische Gedicht. Er griff bei jeder sich bietenden Gelegenheit in die Saiten seiner nationalen Harfe und sandte immer wieder in schönem poetischem Selbstbewusstsein eins seiner Werke zum Kaiser oder zur Kaiserin, versäumte auch nicht, die Öffentlichkeit davon zu unterrichten, welche huldvolle Antwort er darauf erhalten hätte. Aber bekannt, wirklich bekannt wurde er doch eigentlich durch die Verehrung, die er dem weiblichen Geschlecht entgegenbrachte, vor allem dem Teil, der noch im Backfischalter stand. ZUR PROMENADENZEIT FLANIERTE ER, STOLZ UND GANZ KÜNSTLER, DIE GEORGSTRASSE ENTLANG, ZU ANDEREN ZEITEN AUCH AN DER HÖHEREN TÖCHTERSCHULE VORBEI* UND GRÜSSTE JEDES SCHÖNE KIND, DAS ER DIESER GNADE FÜR WERT HIELT, DURCH EINEN FORMVOLLENDETEN SCHWUNG SEINES KÜNSTLERHUTES“.
*gemeint ist wohl die Höhere Töchterschule I, Friedrichstraße, ab 22. April 1908 in der Langensalzastraße
So war er, der Ferdinand. Und nun können wir uns für Sonntag nur noch schönes Wetter wünschen.
Die Zeit war auch nicht gar so übel.