Phantastischer Eisenbahnknoten Eldagsen
Phantastischer Eisenbahnknoten Eldagsen
Versuch einer chronologischen Rückschau
Der gute Anschluss an die sich entwickelnden Schienenwege entschied für ein Dorf, eine Stadt, ob sie ihren erreichten wirtschaftlichen, politischen oder kulturellen Standort im Umkreis bewahren, ausbauen oder gar verlieren würde. Gleichzeitig wurde um das neue Gefährt Dampflokomotive eine teilweise erbitterte Auseinandersetzung geführt, die teilweise in groteske Abgründe führte – aus heutiger Sicht. Aber es spielten bei den damals anstehenden Entscheidungsschritten handfeste wirtschaftliche Abwägungen und Spekulationen einzelner Personen oder Personengruppen eine Rolle; dort forcierten sie einen eher unpraktischen Streckenverlauf und an anderer Stelle verhinderten sie „erfolgreich“ die Fortsetzung jeder Planung.
Alles dies lässt sich an der damals für seinen Umkreis starken Stadt Eldagsen ablesen. Die sich einerseits erkennbar bemühte an den Schienenstrang zur großen weiten Welt angeschlossen zu werden. Wo es aber auch immer wieder widerstrebende Ansichten gab, die offen oder unterschwellig Planumsetzungen verhindern konnten.
1868;
Der Plan einer Schienenverbindung Löhne – Hameln – Springe – Nordstemmen wird endgültig fallen gelassen -– Eldagsen hätte damit bereits eine direkte Anbindung haben können. Hameln zeigte ein starkes Interesse an einer guten Verbindung nach Elze und weiter nach Hildesheim; Hannover lag gar nicht im Blickfeld eines Schienenweges.
Für die südliche Streckenführung (eröffnet 19.5.1875) Hameln – Coppenbrügge – Elze spricht darum auch ein höheres Frachtaufkommen aus dem Raum Salzhemmendorf, Duingen, Osterwald – dagegen wird der Raum Eldagsen als „gewerbe- und productenlose Gegend“ bezeichnet;
1872;
Die Eisenbahnstrecke Hannover-Altenbekener Eisenbahn (HAE) wird gebaut. Als erste Abschnitt wurde der von Hannover - Hameln am 13. April 1872 eröffnet; die Gesamtstrecke Hannover–Altenbeken ging am 19. Dezember 1872 in den Betrieb. - Die zunächst eingleisige Strecke wurde 1908 zwischen Hameln und Altenbeken und bis 1913 zwischen Hannover und Hameln zweigleisig ausgebaut. - Ab Sommer 1971 war die Strecke elektrisch befahrbar. - Eldagsens Bahnhof liegt 5km von der Stadt entfernt direkt an der Ortsgrenze Völksens;
(das alte Empfangsgebäude brannte erst 2008 ab)
1887;
Eldagsen erkennt zunehmend seinen Standortnachteil und bemüht sich um einen direkten Anschluss an die Hauptbahn.
Auf dem Tisch liegen zwei Pläne:
1] (als Neuauflage) „Springe – Eldagsen – Nordstemmen/Elze“
2] (als Verlängerung) „Springe – Münder -Lauenau“;
1894;
Die Pläne von 1887 werden sogar mit einer Trassenvermessung unterstrichen, die einen Weg über Alvesrode auswiesen.
ALLERDINGS: es ist lediglich eine Schmalspurbahn von Lauenau nach Barnten vorgesehen. Auch die Baugenehmigungen werden bis 1896 vorbereitet.;
1896;
In diese Planungen hinein fällt die Gründung eines Kleinbahn-Komitees in Linden (damals noch eine eigenständige Stadt) – der Konzessionsantrag für die erste Strecke wird gestellt
Als Streckenführung ist vorgesehen:
Linden – Pattensen – Gestorf – Eldagsen – Mehle
Es kommt zu Interessenkonflikten am Bereich Eldagsen u. Wülfinghausen – die Planungen werden daraufhin verändert und die Strecke soll nun über Holtensen – Boitzum – Sorsum geführt in Elze enden. Es waren dabei Abzweigstrecken nach Bennigsen und Wülfingshausen vorgesehen.
Wieder sprechen örtliche Interessen – nun vor allem in Eldagsen – gegen die konkreten Pläne; die Befürchtung: Ausflugsgäste aus Hannover könnten gleich bis Wülfingshausen durchfahren und die Gastwirte der Stadt gingen leer aus.;
Wichtig für die heutige Sicht: der motorisierte individuelle Kraftverkehr muss seinen Platz noch finden
1896;
Im Jahr 1896 bestand der Plan, eine 22,3 km lange Kleinbahn mit 1,00 m breiter Spur von Nordstemmen aus über Barnten, Schulenburg, Adensen, Hallerburg, Alferde, Eldagsen und Alvesrode nach Springe zu erstellen, die sowohl dem Personenverkehr wie auch dem Güterverkehr dienen sollte. Die Kleinbahn sollte jährlich 100.000 Reisende und 30.000 Tonnen Güter (unter anderem Zuckerrüben für die Zuckerfabrik Nordstemmen) befördern. Der Bau der Kleinbahn scheiterte am Einspruch der Stadt Eldagsen und ihrer Landwirte, die keine Eisenbahn in ihrem Stadtgebiet haben wollten. (aus: WIKIPEDIA.COM);
In WIKIPEDIA.COM sind vermutlich mehrere Pläne zusammengefasst dargestellt eingeflossen
1898;
Die Strecke Nenndorf – Lauenau – Münder wird südlich von (Bad-) Münder an die Strecke nach Hameln angeschlossen, damit ist die Variante über Springe nach Nordstemmen hinfällig geworden;Die Strecke im Sünteltal wurde inzwischen wieder komplett abgebaut
1898;
Es werden Pläne einer Straßenbahnlinie (Hannover-) Rethen – Pattensen bekannt, die sogar bis Eldagsen trassiert werden sollte.
Die Kleinbahn-Linden wird in ihrer Planung genehmigt, und weist nur zwei Endpunkte auf (Elze + Mehle)
Doch diese Pläne gehen schnell wieder unter. Für die Finanzierung der 43km langen Strecke fehlten 50% der Geldmittel, die die Gemeinden und der Kreis hätten beitragen sollen.
1900 stimmt der Magistrat den Plänen zu. Die anderen Gemeinde an der Strecke jedoch scheuten das Risiko!
Das Projekt wird reduziert auf die Strecke Bennigsen – Bockerode – Eldagsen – Wülfinghausen.
Selbst eine sogenannte „Bandwurmbahn“ (wegen ihrer verwegenen Streckenführung durch möglichst viele Orte zwischen Leineufer und Saupark) soll die Planungen noch einmal aufwerten und Geldquellen erschließen.
Wenig später scheitern diese Pläne der Kleinbahn-Linden allein daran, dass der viel zu wertvolle Ackerboden des Calenberger Landes zu schade ist, als dass er für irgendwelchen öffentlichen Verkehr vergeudet werden dürfte.
1907;Für kurze Zeit gibt die Planung einer Kleinbahn von Bennigsen – über Eldagsen – Holzmühle nach Bodenwerder. Die Hannöversche Handelskammer bringt diesen Vorschlag zur Förderung der Wirtschaft im Raum Eldagsen ins Gespräch! - allein der Weg zwischen Holzmühle und Dörpe ließ diesen Plan schon aus allein technisch-wirtschaftlichen scheitern.
Eine „Dampf-Omnibuslinie“ von Nordstemmen über Wülfingen nach Eldagsen tröstet für kurze Zeit über das Scheitern hinweg.
1910;
Die Kraftomnibus-Linie Eldagsen – Barnten wird fest eingerichtet und stellst sich nur als schwacher Ersatz heraus. Ein so wichtige Stadt ohne direkten Bahnanschluss war für die Betriebe vor Ort ein Unding; alles gab es in Eldagsen: Elektrizität, bedeutende Betriebe, umfangreiche Landwirtschaft, Telefon, sogar eine Badeanstalt; doch der Bahnhof eine Stunde Fußweg entfernt.;
1912;
Im Sommer des Jahres 1912 erreicht der amtierende Bürgermeister von Eldagsen bei einem Besuch in Berlin, dass man sich dort ausdrücklich für einen Bahnanschluss Eldagsens einsetzen wollte.
Der Beginn des I.Weltkrieges (1914-1918) macht diese Zusage zunichte.;
1919;
Sehr konkrete Planungen werden für den Stadtrat Elsdagsens erarbeitet. Es soll eine normalspurige Kleinbahn von Völksen („ELDAGSEN“) vorbei an Mittelrode nach Eldagsen ergeben. Der Betriebmittelpunkt soll demnach in Eldagsen liegen. Der Bahnhof war geplant auf dem Gelände, wo heute die Katholische Allerheiligen-Kirche steht. Der Anschluss in Völksen war auf Höhe des Friedhofs, südlich der Hauptbahn vorgesehen.;
Pläne der Firma „Bahnindustrie Paul Ende, Berlin“ liegen im Eldagser Stadtarchiv vor.
1924;
Pläne einer elektrischen Bahn von Wülfinghausen über Eldagsen nach Nordstemmen scheitern.
Gleichzeitig wird durch eine öffentliche Indiskretion bekannt (Leserbrief in einer Tageszeitung), dass es in Eldagsen auch maßgebende Personen gibt, die sich schon seit langem gegen jeden Schienenweg nach oder durch Eldagsen einsetzen.;
1927;
Noch einmal letzte Ansätze zu einem Bahnanschluss von der Hamelner Strecke her. Die Arbeiten beginnen sogar und scheitern schließlich 1929 an der Bewältigung des Hochwasserbereichs Haller.
Übertragen ergeben alle diese Planungen für Eldagsen einen Eisenbahnknoten der besonderen Art. - Aber es wird auch deutlich, Eldagsen gab sich alle Mühe, dichter an die Schiene heran zu gelangen.
Lieber Christel,
danke für Deine umfangreiche Recherche. Die Eisenbahn ist doch Dein großes Hobby. Du hast hier wunderbar recherchiert und aufgelistet. Vieles kannte ich nicht. Leider ist es aber so, daß fast immer private wirtschaftliche Gründe bzw. Hindernisse manches vereiteln. Aber Du kennst mich ja und weißt, daß ich die "Sesamstraßenfrage" - Was wäre, wenn... - nicht stelle.
Und sehe ich mir den Bahnhofsplan an; ich glaube, ich würde gleich hinter dem Bahnsteig wohnen.
LG
Walter