Herbstlich-besinnlicher Parkbesuch
Als Neubürger hatte ich – anlässlich der Erkundung von Garbsens Umgebung – den Parkfriedhof Stöcken ins Auge gefasst, dessen Kapelle mir bei der Fahrt mit der Stadtbahn längst aufgefallen war. Friedhöfe verraten viel über alteingesessene Familien, Wohlstand, Konfession, Begräbniskultur, Kunstverstand eines Ortes. Der Eindruck des Stöckener Stadtfriedhofs auf den Besucher ist überwältigend: eine herrliche Parklandschaft mit immer neuen Durchblicken auf Statuen, Brunnen oder Wasserflächen, hohe Grabmalkunst mit antiken Tempeln, ägyptisierenden Obelisken und Sphingen, prächtigen Erbbegräbnissen. Die Trauer stellt sich häufig in Gestalt griechisch gewandeter Frauen dar, die Rosen ausschütten oder Kränze in der schlaff niederhängenden Hand halten und in Schmerz versunken zu Boden oder zum Bild des Verblichenen träumerisch aufblicken. Ein kriegerischer Jüngling mit Kurzschwert starrt entschlossen ins Weite, während ein anderer sich auf die gelöschte Lebensfackel stützt. Selbst einfache Steine sind von einer Ästhetik, die man auf heutigen Friedhöfen, wo Phantasielosigkeit und Eintönigkeit kaum mehr zu überbieten sind, vergeblich sucht. Glücklich, wer in einem alten Friedhof wie dem Stöckener der ewigen Ruhe pflegen oder der Auferstehung entgegendämmern darf.
Ich dachte immer, auf einem christlichen Friedhof würden (mit Engeln und Kreuzen usw.) die Gedanken auf das Jenseits gerichtet. Stattdessen wird in diesem Beitrag mit leichtgekleideten Frauengestalten der irdischen Schönheit gehuldigt. Übrigens gibt es, glaube ich, in Stöcken auch ein moslemisches Gräberfeld, auf dem so etwas wohl nicht möglich ist.