Von der Mühlenromantik im Süden Hannovers ist nichts geblieben
Der 3. Juni 1866 verlief für den Südstädter Müllermeister Heinrich Georg Stimmer tragisch. Die rotierenden Flügel der Windmühle auf dem Engesohder Berg erschlugen seinen eineinhalbjährigen Sohn Albert. Die einst todbringenden mächtigen Flügel sind heute zu einem der schönsten Ausflugsziele für Hannoveraner geworden. Als „Alte Mühle“ bietet das letzte hölzerne Windkraftwerk der Landeshauptstadt im Hermann-Löns-Park Mühlenromantik pur.
Bevor die Alte Mühle nach Kleefeld zog, klapperte sie einst auch an zwei Standorten in der Südstadt. Als eine Bombe im Zweiten Weltkrieg das Erbbegräbnis der Familie Plathner auf dem Engesohder Friedhof zerstörte, kamen Fundamente aus gelben Ziegelsteinen wieder ans Tageslicht. Die alten Mauerreste gehörten zu einem Haus, in dem einst der Müller der „Alten Mühle“ wohnte. Denn zwischen 1863 und 1873 stand Hannovers Sehenswürdigkeit auf dem höchsten Punkt des Engesohder Berges. Erst als der neue Friedhof weiteren Platz beanspruchte, musste die Mühle weichen. Nach einem Abstecher in cellersche Lande kam das technische Denkmal dann 1938 in den Hermann-Löns-Park.
Die Geburtsstunde der Alten Mühle schlug 1701 auf einer Bastion der Stadtbefestigung südlich des Aegidientores. Für 474 Taler, 22 Groschen und sieben Pfennig baute hier der Mühlenbaumeister Hans Behrendts einen Nachfolger der 1606 verschwundenen Windmühle vom Himmelreich. 1748 zog die Alte Mühle zum ersten Mal um, neuer Standort war der heutige Opernhausplatz. Ab 1844 klapperte sie dann auf dem Emmerberg in der Südstadt, bis 1863 auch hier der Müller erneut seine Koffer packen musste.
Schon früher einmal wurde in der Südstadt am Emmerberg Korn für das tägliche Brot gemahlen. Als die Leine noch weiter östlich floss, trieb sie das hölzerne Rad einer Wassermühle des einstigen Dorfes Embere an.
Urkundlich erwähnt ist diese „Niedere Mühle bei Embere“ erstmals 1183. Das Mahlwerk ging vermutlich ein, als die Leine ihren Lauf änderte. Bis 1502 ist allerding immer noch von einem Mühlenhof die Rede.
Etwas mehr als von der Südstädter Wassermühle ist immerhin von der Döhrener Mühle bekannt. Der hannoversche Unternehmer Johann Duve ließ Mitte des 17. Jahrhunderts die Anlage und das Leinewehr von Grund auf renovieren. Damals muss ein ganzes System von Mahlgängen durch das Leinewasser angetrieben worden sein. 1652 ist bereits von einer Ölmühle, einer Kupfermühle einer Flutmühle und einer Sägemühle die Rede.
Sogar steinerne Erinnerungen an Döhrens erste seit 1402 urkundlich belegte „Industrie“ sind den Nachgeborenen geblieben. Das Historische Museum verwahrt einen Wappenstein vom Mühlengebäude und die Gedenktafel über den großen Umbau 1667 durch Johann Duve. Und im Chor der Döhrener St. Petri-Kirche hängt ein Grabstein aus dem Jahr 1630 eines gewissen Jobst Möller. Der Stein zeigt im Familienwappen ein Mühlrad. Zu Recht, denn die Familie Möller bewirtschaftete mehrere Generationen lang die Döhrener Mühle mitsamt den Mühlenhof. Obwohl die Wassermühle 1884 abgebrochen wurde, besitzen die Döhrener noch ein kleinwenig Mühlenromantik. Ein Laubenpieper baute sich in der Kleingartenkolonie Döhrbruch eine sieben Meter hohe Mühle. Heute Gartenlaube diente sie früher tatsächlich einmal als Schöpfmühle und pumpte Wasser für Blumen und Gemüse aus dem Untergrund herauf.
Das altersschwache Gebälk schon arg verfallen, die hölzernen Flügel vom Winde zerzaust. So malte 1922 Paul Leibelt die Windmühle von Bemerode. Das Bildchen ist die letzte Erinnerung an diese historische Landmarke, die sogar Eingang in das Wappen von Bemerode fand. Um 1930 müssen die letzten Reste der Mühle verschwunden sein. Vor 30 jahren gab es kurz Hoffnung auf eine neue Windmühle am Kronsberg. Im damaligen Landschaftsplan Kronsberg war am alten Standort eine „Windmühle als Wahrzeichen“ vermerkt. Doch daraus sollte bis heute nichts werden.
Da auch die Kirchröder Mühle schon lange nicht mehr an der Lehrter Straße steht, bleibt mühleninteressierten Hannoveranern nur ein Ausflug in benachbarte Stadtteile. Neben der schon erwähnten Alten Mühle in Kleefeld ist vor allem die Anderter Mühle sehenswert. 1854 als Nachfolgerin von einer Wassermühle und einer hölzernen Bockwindmühle erbaut, dient das Gebäude heute als Wohnhaus.
Nicht nur im Süden der Landeshauptstadt gab es Mühlen. Über die Anlagen im Westen von Hannover hatte ich schon früher auf myHeimat berichtet:
Mühlen im Norden von Hnanover
Zum Bericht Mühlen im Osten von Hannover bitte hier klicken
Zum Bericht Mühlen im Westen von Hannover bitte hier klicken
"Ein Laubenpieper baute sich in der Kleingartenkolonie Döhrbruch eine sieben Meter hohe Mühle. " - klasse Idee die bestimmt auch bestaunt wird,
Danke Jens für die tollen Bilder !