Misburg im Weltkrieg und der Wiederaufbau.
Juan Carlos Blanco Varela berichtet weiter mit Wolfgang Illmer (beide Ritter des spanischen Ritter-Orden „Enxebre Orde da Vieira") über den Weg Misburgs und seiner Bevölkerung zwischen und nach den Kriegen.
Zwischen Kleefeld und Misburg verkehrte zum ersten Mal ab dem 15. Februar 1929 der E-Bus.
Die Menschen in unserer Gemeinde dachten, dass Schlimmste ist durch, doch dann kam an einem Freitag, dem 24. Oktober 1929 eine sehr schlimme Nachricht, „Absturz der New Yorker Börse". Damit war der Wohlstand der 20er Jahre fulminiert worden, die gesamte Weltwirtschaft sank in einen Finanzchaos, die Industrie auch in Misburg konnte auf einmal nur einen Bruchteil ihrer Produktion auf dem Markt absetzen, die Arbeitslosigkeit stieg rapide, mit der Konsequenz, dass die Kaufkraft dramatisch zurück ging.
Diese Weltwirtschaftskrise traf den Industriestandort Misburg besonders hart, so dass der Gemeindevorsteher Gustav Bratke unermüdlich für die Erhaltung der Arbeitsplätze und für die Schaffung neuer Arbeitsmöglichkeiten kämpfte.
Großer Konkurrenzkampf um den Standort der Ölraffinerie.
Um den Standort der neuen Ölraffinerie, stand Misburg im Konkurrenzkampf mit anderen Städten. Auch Peine hatte großes Interesse die Ölraffinerie zu bekommen. Gustav Bratke musste mit handfesten Argumenten die wichtige Position und Infrastruktur Misburgs erläutern. Jetzt hatte es sich gezeigt, dass es richtig war, Jahre vorher Land auf Vorrat zu kaufen. Damit war die Fläche, wo sich die Ölraffinerie installieren sollte, bereits vorhanden, sie gehörte der Gemeinde Misburg und konnte sofort der Ölgesellschaft zu Verfügung gestellt werden.
Der Stichkanal mit Hafen für den Umschlag von Industrieprodukten wie Zement, Kali, Erze und Kohle war fertig, das war auch für die Ölindustrie wichtig. Auch der Eisenbahnknotenpunkt Lehrte, befand sich in unmittelbarer Nähe. Dies waren die Argumente von Gustav Bratke. Misburg hatte damals die beste Infrastruktur im Raum Hannover für die Niederlassung der Ölindustrie. Gustav Bratke und seine festen Argumente hatten ein großes Gewicht und Überzeugungskraft für die Ölgesellschaft, sie beschloss die Ölprodukte in Misburg herzustellen. Misburg erhielt Dank des Einsatzes von Gustav Bratke den Zuschlag als Produktionsstandort für das Ölwerk (die spätere Deurag-Nerag).
Die Deurag-Nerag produktierte in Misburg von 1931-1986.
An dieser Stelle möchte ich über eine Person berichten, die in der Deurag-Nerag nach dem zweiten Weltkrieg in der Verwaltung tätig war:
Karl Heinz Posehn (geb. am 10. 12. 1925), Träger des Bundesverdienstkreuzes im Jahr 1989. Der gebürtige Hannoveraner, wuchs in der Stadt Lehrte auf. Während seines Dienstes für das Vaterland, ist Karl Heinz Posehn bei einem Einsatz am 14. November 1944 an der Loire-Mündung, durch einen Granatsplitter an seinen Augen verwundet und dadurch blind geworden.
Am 23. Dezember 1944 (einen Tag vor Weihnachten), kehrte er zu seinen Eltern nach Lehrte zurück. Im Februar 1946 begann er seine Tätigkeit in der Verwaltung der Deurag und zog 10 Jahre später, 1956 mit seiner Familie nach Misburg. Er wohnte in der Hermann Löns Straße, die nach der Eingemeindung von Misburg zu Hannover im Jahr 1974, in Werfelstraße umbenannt wurde. Im Jahr 1985 ging er mit 60 Jahren in den verdienten Ruhestand. Am 31. Dezember 1985 wurde die Ölraffinerie stillgelegt.
Am 20. 12. 1989, wurde diesem zugezogenen Misburger mit seiner Ehefrau Magdalena, für seine ehrenamtliche Tätigkeit mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande ausgezeichnet. Der damalige Sozialminister Niedersachsens Hermann Schnipkoweit, verlieh im Namen des Bundespräsidenten Richard v. Weizsäcker, in dem Sitzungssaal des Niedersächsischen Sozialministerium das Bundesverdienstkreuz am Bande an Karl Heinz Posehn für seine hervorragende ehrenamtliche Tätigkeit im Dienst der Bürger.
Reichspräsident von Hindenburg weihte die Anderter Schleuse ein.
Zurück zur Einweihung der Anderter Schleuse am 20. Juni 1928. Es war der Reichspräsident von Hindenburg, der bei der Einweihung, der Schleuse seinen eigenen Namen gab „Hindenburgschleuse". Sie war von enormer Wichtigkeit für den Industrieort Misburg.
Ich möchte daran erinnern, dass hier an dieser Stelle wo sich heute die Anderter Schleuse befindet, eine in Deutschland historische Schlacht stattfand. Durch eine Kriegsallianz zwischen Merowinger und Sachsen kämpften hier im Jahr 528 n. Chr. um die Siedlung Mudisa (Misburg) gegen den Germanenstamm der Thüringer, die nach Dornithi (Döhren) und Latussen (Laatzen) vertrieben wurden.
Im Jahr 1930, ist die NSDAP Ortsgruppe Misburg in einer Versammlung im Gasthof Schrader gegründet worden.
ein Jahr später 1931, begann der Bau der Ölraffinerie Deurag in Misburg:
1931 Baubeginn der Deurag.
1932 Inbetriebnahme der Produktion.
1935 Gründung der Nerag.
1955 Fusion beider Werke zu Deurag-Nerag.
Die St. Anna Kirche steht auf „heiligem Misburger Boden“.
Am 12. Juni 1932, wurde die „St. Annen-Kapelle" geweiht, Pastor Andres legte den Grundstein für den Bau. Der Standort der „St. Annen-Kapelle", ist nicht zufällig ausgesucht worden, dort wo im Jahr 1932 ein alter Bauernhof als Kapelle umgebaut wurde, stand zwischen 1013 bis 1585, die Burgkapelle der Mudzborgh. An dieser historischen Stätte, wo in früheren Zeiten die Bischöfe von Hildesheim oft zu Besuch waren, um ihre Gebete an Gott zu richten, wurde an diesen heiligen Ort die St. Annen-Kapelle errichtet. Es war Pastor Alpers im Auftrage des Bischof Nicolaus Bares von Hildesheim der diese Einweihung durchzog, der Vorgänger Pastor Andres hielt an diesem Tag eine historische Festpredigt.
Anton Scholand gründete 1932 den Heimatbund Misburg. Er schloss sich dem Heimatbund Niedersachsen an, der bereits seit 1901 bestand.
Die Gemeindevorsteher sind ab 1933 Bürgermeister genannt worden. In diesem Jahr kamen die Nationalsozialisten an die Macht. Gustav Bratke wurde verhaftet und der Misburger Freiheitskämpfer, der Sozialist Anton Macioszyk wurde am 23. Juni 1933 von den Nazis brutal zusammengeschlagen und ins Spritzenhaus in der Kurzen Straße verschleppt. Dort stellte die Bruderschaft der Mudzborgh später eine Gedenktafel auf. Diese Gedenktafel erinnert an die Ermordung dieses Sozialisten, der durch brutale Schläge der Nazis gestorben ist. Anton Macioszyk verriet nicht die Namen seiner Kameraden in der SPD, deshalb wurde er so brutal gefoltert. Die SPD sollte diesem Mann mehr Achtung und Respekt erzeugen.
Die Ergreifung der Macht in Deutschland durch Adolf Hitler.
Adolf Hitler kam kurz vor dem Tod von Paul von Hindenburg an die Macht in Deutschland. In dieser Zeit (1933) wurde auch die „ISK" (Internationaler Sozialistischer Kampfbund) gegründet, dieser Kampfbund war gegen die Machtpolitik von Adolf Hitler gerichtet. Daraufhin setzte Hitler sofort eine Gegenorganisation ein, um die „ISK" zu bekämpfen und gleichzeitig seine eigene Machtposition zu vertiefen, die „Gestapo" war geboren.
Die Gestapo hatte die Aufgabe, die freie Meinungsäußerug des Volkes zu verhindern, gleichzeitig das Aufspüren von „Freiheitskämpfer" mit sozialistischer Meinung und aller Art ähnlicher Bewegungen. Mit der Gründung der Gestapo erreichte Adolf Hitler eine fast vollständige Kontrolle über die damals sogenannten subversiven Elemente, dies machte aus dem damaligen Deutschland einen streng überwachten Polizeistaat.
Die ersten urgeschichtlichen Funde in Misburg wurden 1936 durch Anton Scholand gemacht.
Im Jahr 1936 sind die Olympischen Spiele in Berlin eröffnet worden. Das Flüssiggas für die olympische Flamme lieferte die Misburger Ölraffinerie Deurag. Die Feuerschalle für das olympische Feuer wurde ebenfalls von der Misburger Firma Rethfeld hergestellt und geliefert.
Im Jahr 1937 veröffentlichte Anton Scholand seine Misburger Chronik „Misburgs Boden und Bevölkerung im Wandel der Zeit".
Die Gemeinde Misburg kaufte 1939 den Kreisschen Hof und mit dem Einmarsch in Polen begann in diesen Jahr der „Zweite Weltkrieg".
Auf Misburg fielen die ersten Bomben.
Die ersten Bomben über Misburg fielen in der Nacht des 18. auf den 19. Mai 1940, es war 1:00 Uhr in der Nacht, die Bevölkerung, sowie die Warnsirenen sind überrascht worden, da keiner mit einem Luftangriff gerechnet hatte. Ziel der Bombardierungen war die Ölraffinerie, die Zementindustrie, die Reichsbahnanlagen und die Anderter Schleuse.
Der schwerste Luftangriff in Misburg, geschah kurz bevor der Krieg beendet wurde. Am 15. März 1945 sind viele Häuser und die Zementwerke fast völlig zerstört worden, es gab viele Tote und Verletzte, die Zementwerke mussten ihre Produktion einstellen.
Ein Konzentrationslager wurde in Misburg eingerichtet.
Von März 1944 bis April 1945 stand in Misburg das Konzentrationslager „Außenlager Neuengamme“. Die ersten Häftlinge sind am 26. Juni 1944, in Misburg angekommen, sie mussten auf dem Gelände der Deurag das eigene Lager einrichten. Sie wurden nach Misburg überführt, um Räumungsarbeiten nach den Bombardierungen der Ölraffinerie zu verrichten. Das waren gefährliche Arbeiten, bei der Räumung von Schäden unter katastrophalen Lebensbedingungen. Für die Bewachung der Häftlinge waren etwa 70 Männer des Landesschutzbataillon zuständig. Das Lager wurde am 6. April 1945 verlassen, die Häftlinge sind zum Teil zu Fuß und zum Teil mit Lastkraftwagen zum KZ-Lager Bergen Belsen gebracht worden, sie kamen am 8. April 1945 dort an.
(Die Chronik Misburg 2012, berichtet besonders ausführlich über „Misburg in Kriegszeiten". Wer diese Chronik nicht besitzt, weiß wenig oder nicht viel über das, was in den 12 Jahren NSDAP in Misburg geschah.)
50 Misburger Frauen starben heldenhaft an der Flack, unter einem Bombenteppich.
Ein Flackstützpunkt in Buchholz, war für die Verteidigung des Luftraum über den Industrieort Misburg zuständig. Frauen aus Misburg wurden für die Flackstellung an der heutigen Straße Osterfelddamm, ausgebildet. Am 29. November 1944 ereignete sich dort ein tragischer Vorfall. An diesem Tag wurden drei Bombenteppiche auf Misburg abgeworfen, es waren noch viel mehr Bomben vorgesehen, doch die meisten verfehlten ihr Ziel und richteten große Schäden in Buchholz und im Roderbruch an.
Die Misburger Frauen sollten an der Flack ausgebildet werden doch dazu kam es nicht mehr. Beim ersten Eintreffen kam überraschend der Bombenangriff und alle wurden getötet.
Ein Wehrmachtsoffizier im Wehrkreis XI, machte damals folgende Aussage: „Hannover und nähere Umgebung wurde am 29. November 1944 zweimal angegriffen. In den Mittagsstunden ein Angriff durch 800 Kampfflugzeuge mit Jagdschutz in Stärke von etwa 400 Flugzeugen, Schwerpunkt: Teppichabwürfe auf Reichsbahnanlagen. Abgeworfen wurden etwa 3000 Sprengbomben verschiedener Kaliber. Gefallen: Bisher gemeldet 100 Personen darunter 50 Flackhelferinnen und 3 männliche Wehrmachtsangehörige in einem Flackstützpunkt."
In der Straße Osterfelddamm steht ein Gedenkstein mit einem Erinnerungschild, aufgestellt vom Pinkenburger Kreis. Diese Misburger Frauen, die für unsere Verteidigung ihr Leben opferten, verdienen unseren Dank und Anerkennung und man sollte, wie es die Bruderschaft der Mudzborgh tut, diesen Gedenkstein öfters besuchen, in Gedenken an diese Misburger.
Schicksale von Opfern der Nazis, worüber sehr wenig geredet wurde.
Wir möchten an dieser Stelle über das Schicksal der „Sintis" (Zigeuner) berichten, sie haben unter den Nazis viel gelitten, sie waren große Opfer des Nationalsozialismus und haben wie kaum ein anderes Volk die Grausamkeit der Nazis und des Krieges gespürt. Sie verdienen unser aller Anerkennung und Respekt, für alles was sie in dieser Zeit leiden mussten:
Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts, wurde der Torf als Brennmaterial durch die Kohle ersetzt. Somit entwickelte sich das Altwarmbüchener Moor zu einem nutzlosen und abgelegenen Ort. Bereits 1938 war dies ein Standort für die Nazis um missbillige Personen unterzubringen. Folglich wurde hier ein Lager für die „Sintis" eingerichtet. Es bestand aus alten Eisenbahnwaggons ohne hygienischen Einrichtungen, es hat gestunken, war voll mit Krankheitserreger und sah aus wie ein Ort des Todes. Es war ein Zwischenlager für die verfolgten Sintifamilien, um sie aus dem Stadtgebiet Hannover zu vertreiben.
Im Jahr 1943 wurden sie hoffnungslos von den Nazis zum KZ Auschwitz-Birkenau deportiert. Dort sind sie alle umgekommen. Heute steht als Mahnmal das „SINTI TOR" am Moorwaldweg in Altwarmbüchen, es ist ein einfaches Holztor und dort steht geschrieben: „DAS TOR VON AUSCHWITZ WAR DER EINGANG ZUR HÖLLE ".
Die Verfolgung jüdischer Ärzte.
Wir möchten auch an das Schicksal der jüdischen Ärzte erinnern, sie waren auch Opfer des NS-Regime. Sie haben große Leiden erlitten, nur weil sie Juden waren. Das wurde in Hannover eine lange Zeit verschwiegen und Dank der Dres. Udo und Ricarda Niedergerke wird in Hannover die Erinnerung an das Schicksal dieser jüdischen Ärzte, Opfer des Nationalsozialismus hochgehalten. Die Dres. Niedergerke stifteten ein Denkmal in Erinnerung an die jüdischen Ärzte. Es steht am Eingang der Niedersächsischen Ärztekammer in Hannover.
Die Geschwister Hirschfeld aus Misburg.
Emma und Selma Hirschfeld kamen im Jahr 1917 nach Misburg, im Jahr 1923 folgten Natalie und Charlotte, sie gründeten in Misburg ein Bekleidungs- und Schuhgeschäft. Ab Mitte 1936 vermieteten sie einen Teil des Hauses und des Geschäftes an den Kaufmann Karl Wenkel. Ende März 1942 wurden die Geschwister von den Nazis abgeholt und nach Warschau deportiert. Sie kamen von dort nie wieder zurück. Dort kamen sie ums Leben, das Geschäft „Schuhaus Wenkel" blieb lange weiter bestehen.
Die Bruderschaft der Mudzborgh, übernahm die Initiative, vor dem ehemaligen Haus der Geschwister Hirschfeld an der Anderter Straße (früher Bahnhofstrasse) vier Stolpersteine in Erinnerung und zum Gedenken an die Geschwister Hirschfeld zu setzen, die Patenschaft darüber übernahm Bruder Wolfgang Illmer. Nach der Stolpersteine-Verlegung sprach Bruder Wolfgang einige Worte während die Bruderschaft Rosen niederlegten. Ein Vertreter der Jüdische Gemeinde, sprach ein Gebet auf Hebräisch.
„Die Chronik Misburg 2012, berichtet über alles was in der Geschichte Misburg geschah, beginnend vor mehr als 1760 Jahren, als die Thüringer die Siedlung mit dem Namen Mudisa, gründeten, bis zur heutigen Zeit."
Endlich war der Krieg beendet, das Deutsche Volk sehnte sich nach Frieden.
Am 11. April 1945 war der Einmarsch der US-Truppen in Misburg!
Mit der Kapitulation Deutschlands endete im Mai 1945 der zweite Weltkrieg. Nach vielen Jahre des Leidens und Millionen von Toten, nach 12 Jahren der Diktatur der NAZIS, war das deutsche Volk froh, das alles vorbei war, das Volk war traumatisiert, aber nun herrschte endlich Frieden. Die deutsche Bevölkerung hatte erstmals ein Ziel und die Hoffnung im Frieden zu leben, das war ihr höchster Wunsch. Die ersten Politiker sagten damals: „Es soll in Zukunft kein Krieg mehr von deutschem Boden ausgehen". Dies wurde auch im Grundgesetz verankert.
Etwa 65 Millionen Tote gab es während des zweiten Weltkriegs, das geht aus Daten des Militärgeschichtlichen Forschungsamt hervor, darunter mehr als die Hälfte waren Zivilisten. Deutschland zählte etwa 6,3 Millionen Tote, darunter fast 5,2 Millionen Soldaten, etwa 600.000 Zivilisten starben durch Bombenhagel. Es sind 17,3 Millionen deutsche Männer zur Wehrmacht einberufen worden.
„Über 6 Millionen Juden sind während der NS-Zeit umgebracht worden"!
Deutschland wurde geteilt. Die vier Mächte teilten Deutschland in zwei Zonen, die Ostzone (sowjetische Besetzung) und die Westzone (amerikanische, britische, französische Besetzung). Auch die Hauptstadt Berlin wurde geteilt in West- und Ostberlin. Die Ostzone wurde eine sozialistische Republik (DDR) mit einer Volkswirtschaft, die Westzone wurde die Bundesrepublik Deutschland (BRD) mit einer freien Marktwirtschaft. Die Hauptstadt der DDR war Ostberlin und in der BRD wurde es Bonn am Rhein, dort war der Sitz des Bundestages.
Die großen Männer Misburgs in den Notzeiten.
Unserer Meinung nach, waren es drei Männer, die sich für die Gemeinde Misburg während und nach den beiden Weltkriegen, die Entwicklung Misburgs maßgeblich beeinflusst haben, ohne sie hätte Misburg einen total anderen Weg in der Geschichte eingeschlagen. Die Bevölkerung Misburgs schuldet diesen drei Männern der Stunde, ewigen Respekt und Erinnerung.
GUSTAV BRATKE: Er hat das Leiden vieler Bürger in Notzeiten gemildert und hat wie kaum ein anderer den Industriestandort Misburg, die Infrastruktur und seine Bürger gefördert.
AUGUST KLEINERT: Mit ihm wurde der Wiederaufbau, der vom zweiten Weltkrieg zerstörten Gemeinde Misburg in einer sehr schwierigen Zeit, vollzogen. Die Bürger unserer Gemeinde verdanken diesem Mann, den schnellen Wiederaufbau der Infrastruktur, die Reparatur der Kriegsschäden und Errichtung der zerstörten Häuser.
WILLI BLUME: Misburg verdankt diesem Mann das Aufleben der Kultur, mit ihm erlebte der Kulturring eine Blütezeit, die Misburger Gemeinde hatte mit Willi Blume, nach so vielen Jahren der Entbehrung, wieder Freude und viel Spass am Leben erhalten. Willi Blume wurde der erste Stadtdirektor nachdem Misburg 1963 eine selbständige Stadt wurde.
August Kleinert war nach dem Zweiten Weltkrieg der richtige Mann der Stunde für die Gemeinde Misburg
An dieser Stelle muss ich über einen Mann berichten, der neben Gustav Bratke viel Gutes für die Misburger und der Gemeinde getan hat. Ohne diesen Mann hätte sich Misburg nach dem Krieg nicht so schnell erholen können:
August Kleinert (1895-1966)
Träger des Bundesverdienstkreuzes 1. Klasse
August Kleinert kam als 50-jähriger nach Misburg. Es war gleich nach Ende des Krieges im Jahr 1945. Dieser Mensch war ein Segen für Misburg und seiner Bevölkerung, er hatte einen sehr großen Anteil am heutigen Bild der Gemeinde. In seiner Eigenschaft als Gemeindedirektor war er der große Mann der Stunde, der sich sofort mit dem Wiederaufbau, der vom Krieg zerstörten Gemeinde Misburg befasste.
Dieser außergewöhnliche Misburger wurde am 12. August 1895 in Kanth (Kreis Breslau) geboren. Dort machte er nach der Schule eine Lehre als Tischler, die Meisterprüfung bestand er im Jahr 1919 in Breslau. Er liebte die Politik und wurde im Jahr 1921 Stadtverordneter in seiner Heimatstadt Kanth.
1925 - 1933 Kreisabgeordneter von Klettendorf (Stadtteil von Breslau).
1925 - 1929 gehörte er dem Provinziallandtag an.
1928 - 1932 gehörte er dem Preußischen Landtag an.
Im Jahr 1945, als der Krieg vorbei war, kam er nach Misburg, und wurde sofort politisch aktiv. Er gewann das Vertrauen der Besatzungsmächte. Die Misburger Bürgermeister F. Lange und R. Helmer konnten nur kurz ihr Amt halten, während August Kleinert als Landrat tätig war. Am 15. Dezember 1945 übernahm er das Amt des Bürgermeisters und am 24. Juli 1946 wurde er für 12 Jahre als Gemeindedirektor von Misburg gewählt.
August Kleinert, hatte es nach dem Krieg nicht einfach mit dem Wiederaufbau. Er übernahm eine Gemeinde mit 70 % durch den Krieg zerstörter Infrastruktur, zerstörte und beschädigte Häuser, es gab sehr wenig Lebensmittel und damit musste die Bevölkerung Misburgs durch den sehr strengen Winter 1946/47 kommen. Nicht nur das Essen war knapp, auch das Brennmaterial zum Heizen fehlte. Viele Misburger hungerten und frierten. In ihrer Verzweiflung überfielen sie die Kohlenzüge, die auf dem Weg durch Misburg Kohle transportierten.
August Kleinert sah die Not der Misburger und beschloss, dass alle Familien aus Misburg und Anderten drei bis vier Festmeter Holz im Misburger Wald fällen durften. Wer körperlich nicht dazu in der Lage war, das Holz zu fällen, bekam es nach Haus geliefert. August Kleinert war eine starke Persönlichkeit mit außerordentlicher Führungsqualität. Als erstes begann er mit dem Wiederaufbau der Schulen und der Sporthalle. Die katholische Schule, die Volkschule II auf Jerusalem (Misburg-Süd), konnte er leider nicht mehr retten, sie wurde beim schweren Bombenangriff von 1945 total zerstört. Erst danach widmete er sich energisch der Instandhaltung von Häuser und Wohnungen und der Infrastruktur der Gemeinde Misburg.
Misburg verdankt August Kleinert den Wiederaufbau nach dem 2. Weltkrieg.
Der Wiederaufbau nach dem Krieg war sehr schwierig, Infrastruktur und Häuser waren zerstört und es gab kein Geld zu Verfügung, gleichzeitig wurden viele Pläne der Gemeinde durch die Besatzungsmacht behindert. August Kleinert als Gemeindedirektor musste sich im Namen der Bevölkerung Misburgs, energisch bei der Militärregierung durchsetzen. Er verlangte von der Besatzungsmacht das benötigte Baumaterial zu beschaffen, um als erstes die Wohnhäuser einigermaßen instand zu setzen und das in einer Zeit wo noch die Bestimmungen einer Kriegswirtschaft herrschte, das war eine riesige Leistung vom Gemeindedirektor August Kleinert.
Nur eine Währungsreform könnte eine Preisstabilität bringen und den Schwarzmarkt beenden.
Hinter dem Gemeindeamt (Jugendheim) wurde am 25. April 1946 eine alte KZ-Holzbaracke (des KZ Neuengamme in Misburg) für den Schulunterricht aufgestellt.
Das Land Niedersachsen wurde am 1. November 1946 aus den Gebieten Hannover, Braunschweig, Oldenburg und Schaumburg Lippe gegründet. Zu diesem Land zwischen Harz und Nordsee, zwischen Elbe und Ems gehörte Misburg von Anfang an.
Hans Werner Lampe übernahm 1948 das Forstamt in Misburg, er leitete das Amt bis zu seinem 65. Geburtstag, 28 Jahre lang.
1948 wurde der Kulturring Misburg gegründet und die „Muna", das ehemalige Munitionslager, als Schulraum hergerichtet und erhielt den Namen „Waldschule" (hier begann der 6-jährige Schüler Wolfgang Illmer damals mit dem Schulunterricht).
Zwischen den 21. und 23. Juli 1948 hat die westliche Besatzungszone die Währungsreform durchgeführt. Die Reichsmark wurde als Zahlungsmittel durch die DM abgelöst, damals erhielt jeder Staatsbürger gegen Vorgabe von 60 Reichsmark, 40 neue Deutsche Mark, ausbezahlt.
Die Deutsche Mark war nach der Währungsreform das alleinige gesetzliches Zahlungsmittel in den drei westlichen Besatzungszonen, die Zuteilung von Konsumgüter auf Marken und Bezugscheine war nach Einführung der neuen Deutschen Mark vorbei, damit wurde der Tauschhandel und der Schwarzmarkt indirekt abgeschafft. Die neuen Banknoten wurden in den USA gedruckt, die Planung der Währungsreform, lief ganz geheim unter dem Tarnnamen „Bird dog".
Als am 23. Juni die Währungsreform durch den Finanzminister Ludwig Erhard durchgeboxt und vollendet wurde, begann auch in Misburg das deutsche Wirtschaftswunder. Die Währungsreform brachte Preisstabilität und die deutsche Industrie war mit der Industriemarke „Made in Germany" auf Erfolgskurs, das deutsche Wirtschaftswunder machte aus der BRD eine weltweite Wirtschaftsmacht (und das ist heute immer noch so).
Als Zeichen von Wirtschaftsstärke der Misburger Industrie ragten in kurzer Zeit nach Ende des Krieges erneut über 90 Fabrikschornsteine in den Misburger Himmel.
Mit Spannung habe ich diesen Text gelesen, das war wahrlich keine schöne Zeit !
Jahrzehntelang habe ich bei einem Friedensverein gearbeitet,
der sich die Versöhnung der Völker nach den Deutschen Verbrechen des 3. Reiches zur Aufgabe gemacht hat.
Deshalb geht mir dieser Bericht besonders nahe.
Mit Dank und Grüßen, Romi