Leibnizschüler baut 1947 sein Abi an der Humboldtschule
Im 2. Weltkrieg erlitten Hannovers Schulen starke Zerstörungen, so auch die Leibniz-Oberschule für Knaben in der Alte Celler Heerstraße 5, die durch Bombenhagel und Feuersturm am 9./10. Oktober 1943 sehr in Mitleidenschaft gezogen wurde.
Nach mehrmaligem Umzug in andere Schulgebäude fand der Schulbetrieb von Ende 1945 bis 1949 in der kaum zerstörten Humboldtschule, Beethovenstraße 5, statt.
Zu damaliger Zeit legten dort der Klein-Buchholzer Gerhard Stoffert und der Lindener Butjer Horst Bohne ihre Abiturprüfung ab..
Stoffert, em. Professor für Gartenbau und Autor mehrerer Heimatbücher über Klein-Buchholz und Bothfeld, inzwischen fast 94 Jahre alt, erinnert sich:
"Ich war ein volles Jahr 1946 und bis 7. März 1947 auf der Humboldtschule. An den Klassenraum habe ich keine Geschoss-Erinnerung, vermutlich Erdgeschoss, da ich keine Treppen-Erinnerung habe. Die Bänke in der Klasse waren mit den Pulten fest verbunden und fast zu klein für uns.
Es gab Suppe zur Schulspeisung aus britischen Beständen.
Wir waren mit 26 Schülern alles ehemalige Wehrmachtssoldaten, von denen im 1. Abitur nach dem 2. Weltkrieg 20 Schüler 1947 das Abitur bestanden.
Der Winter 1946/47 war so kalt, dass die Kohlenschiffe auf dem zugefrorenen Mittellandkanal nicht fahren konnten. Die Humboldtschule war deswegen ungeheizt. Wir saßen beim Unterricht im Mantel und Hut auf den Bänken. Alle 15 Minuten aufgestanden und zum Erwärmen Freiübungen gemacht. Auf unseren Pulten (Schreibflächen) hatten wir ‚Hindenburg-Lichter‘ (heute sagt man ‚Teelichter‘) brennen, über die wir unsere Hände hielten, um überhaupt schreiben zu können. Wegen mangelnden Strom in der Oberleitung der Straßenbahn musste ich nach bestandenen Abitur am 7. März 1947 von Linden nach Klein-Buchholz* zu Fuß gehen.
*Gerhard Stoffert ist der Sohn des Gartenbauinspektors Robert Stoffert, der im Auftrag der Keksfabrik Bahlsen in der Podbielskistraße 243 die ‚Plantage Liststadt‘ betrieb.
Es war keine schöne Zeit"!
Auch der Lindener Butjer Horst Bohne (90) absolvierte von 1947 bis 1949, von der Mittelschule 3 Lindener Berg kommend, als Leibniz-Oberschüler seine Schulzeit in der Humboldtschule.
1949 Abitur (Klasse 12b).
Die Humboldtschule wurde 1899 in der Davenstedter Straße gegründet und bezog im Oktober 1902 ein neues Quartier in der Beethovenstraße 5. 1962 erfolgte wegen Raumnot ein erneuter Umzug in die Ricklinger Straße. Dies soll als Schulchronik genügen (mehr hier: https://www.humboldtschule.de/index.php/unsere-sch...).
In diesem Beitrag soll das alte Gebäude in der Beethovenstraße 5 (Vorderhaus) aus der Sicht von 1906 ausführlich vorgestellt werden. Heute büffeln hier noch SchülerInnen der IGS Linden, Sekundarstufe II, für das Abitur. Bald wird es Veränderungen geben. Im Februar 2020 stimmte der Rat der Landeshauptstadt Hannover einem Vorschlag des Bezirksrats Linden-Limmer zu, der vorsieht, die IGS Linden an anderer Stelle neu aufzubauen. Ob das Gebäude nach Auszug weiterhin schulisch genutzt wird, ist ungewiss.
Grundriss und Fassade (Westseite) Beethovenstraße 5
Die maßgebenden Grundrisse stammen vom Architekten und Stadtbaurat Georg Fröhlich, unter dessen Oberleitung das Stadtbauamt mit dem Architekten Carl Müller als örtlichen Bauleiter und dem Stadtbauamtsassistenten Martens die Bearbeitung der weiteren Zeichnungen vornahm.
Die Fassade, entworfen vom Architekten Alfred Sasse, erhebt sich vornehm in frei behandelten Formen deutscher Renaissance. Die Hauptwirkung liegt besonders im reichen Schmuck des Mittelbaues.
Das figürliche Bildwerk ist nach Entwürfen und Modellen des Bildhauers Georg Hertling, Linden, in französischem Kalkstein gehauen. Es ragen zwei konsolartig vortretende Köpfe am Portale hervor, welche die Umrahmung der Hauptdekoration mit dem großen dreiteiligen Relief der lehrenden Wissenschaft und der lernenden Jugend tragen. Oben am Giebelaufbau wachsen aus den Voluten zwei männliche Figuren, die alte und neue Wissenschaft, heraus, und zwei Gestalten zu beiden Seiten des Uhrzifferblattes symbolisieren den Morgen und Abend.
Die Friesplatte des mittleren Giebelaufbaues trägt den Namen: Humboldtschule. In den Fensterbrüstungen des zweiten Obergeschosses der seitlichen Vorbauten zeigen sich das Bibel- und Dichterwort eingemeißelt: „Des Herrn Furcht ist Anfang zu lernen“ und „Ans Vaterland, ans teure, schließ‘ dich an“.
Das Gebäude enthält fünf Geschosse, ein Keller- und Erdgeschoss, zwei Obergeschosse und nur ein teilweise ausgebautes Dachgeschoss. Enthalten ist in dem 3 m hohen Kellergeschoss die Schulvogt-Wohnung (Anm: heute würde man Hausmeister-Wohnung sagen) mit besonderem Eingang am linken Giebel, die Heizanlage, zwei Kammern der Lüftungseinrichtung, Vorratsräume und die Abortanlage für die Turnanlage und den Spielplatz.
Durch die Niederdruck-Dampfheizung (Gebr. Körting, Linden) können sämtliche Räume erwärmt werden (Wir erinnern uns: Nach den Schilderungen des Oberprimaners Gerhard Stoffert versagten im Kältewinter 1946/47 sämtliche Heizsysteme).
Im Erdgeschoss sind sechs Klassenzimmer, ein Raum für Sammlungen, sowie die im Sockelgeschoss beginnende, etwa 6 m hohe Turnhalle. Außerdem liegt hier, wie in jedem Geschoss besonders, eine Abort- und Pissoiranlage.
Das erste Obergeschoss enthält: drei Klassenzimmer, Direktor- und Lehrerzimmer mit gemeinschaftlichem Vorzimmer, je ein Chemie- und Physikzimmer mit anliegenden Laboratorien, außerdem neben dem Direktorzimmer einen Garderoberaum. Die über der Turnhalle liegende 6,30 m hohe Aula zeichnet sich durch eine reiche Ausstattung aus.
Im zweiten Obergeschoss sind wieder, wie im Erdgeschoss, sechs Klassenräume, der Zeichensaal und eine Singklasse untergebracht.
Ein Bibliothekzimmer hat leider im Dachgeschoss einen ungünstigen Platz gefunden.
Fast alle Angaben können auf der Fotostrecke nachvollzogen werden.
Die Klassenzimmer, deren Grundfläche zwischen 54 und 63 qm schwankt, sind 7 m tief; sie sind mit bequemen Bänken mit Rücklehnen ausgerüstet.
Die Beleuchtung der Räume erfolgt mit elektrischem Licht.
Die elektrischen Glocken der Flure und des Hofes werden zur Ankündigung des Beginnes und Schlusses des Unterrichts von der im mittleren Giebelaufbau stehenden Turmuhr selbsttätig ausgelöst (Anm: Wow, würde man heute bewundernd sagen).
Die Kosten des Neubaues werden mit 280000 Mark angegeben, das ist für den Quadratmeter etwa 270 Mk., für den Kubikmeter des umbauten Raumes etwa 16 Mk.
Für Nebenanlagen - Vorgarten, Einfriedung, Hof und Spielplatz – sind etwa 10000 Mark, für Inventar 25000 Mark angegeben.
Sollten SchülerInnen und Lehrkräfte der IGS Linden, Sekundarstufe II, diesen Beitrag zufällig lesen, können sie die Veränderungen in den vergangenen ca. 115 Jahren nachvollziehen.
Leider kann sich zur Zeit der Berichterstatter wegen Corona kein eigenes Bild verschaffen.
Vielleicht ist auch ein früherer Beitrag interessant: SchülerInnen der IGS Linden...
https://www.myheimat.de/hannover-linden-limmer/pol...
Literatur: Baugewerks-Zeitung, Zeitschrift für praktisches Bauwesen, Berlin, Verfasser: K., 21. Februar 1906
Der Vergleich des Hindenburglichtes mit einem Teelicht erschein mir sehr geeignet, um den nachwachsenden Generationen eine ungefähre Vorstellung zu verschaffen. Ich kenne Hindenburglichter noch aus der Endphase des 2. Weltkrieges. Sie waren ungefähr viermal so gro0 wie ein heutige Teelicht und hatten mehrere Dochte, die in einer Stearin-Masse steckten. Das Ganze war in Wachspappe gefasst.