900 Jahre Linden (12): Conti Limmer
Wieder einmal hieß es bei Decius „Aus Linden in die Welt“. Das Internet-Portal „Lebensraum Linden“ und die führende Buchhandlung Lindens „verpflichteten“ Torsten Bachmann und Rudolf Lotze als „Reiseleiter“. Linden-Chronist Torsten Bachmann referierte über die Geschichte der Gummi-Gewinnung, während Limmer-Chronist Rudolf Lotze Auskunft über die Historie der Limmer-Gummifabrik gab und Parallelen zu einem anderen Conti-Werk zog, das 1871 unter der Bezeichnung „Continental-Caoutchouc- und Gutta-Percha-Compagnie" in der Vahrenwalder Straße 34, später 100, die Produktion aufnahm und hauptsächlich Weichgummi-Artikel herstellte.
Die „Limmer-Gummiwarenfabrik“ wurde 1862 in das Leben gerufen. Louis Martiny gründete in Hannover, Striehlstraße 15, unweit vom Klagesmarkt, die „Gummi-Kamm-Hartgummi-Compagnie“.
1864 konnte der finanzstarke Kaufmann Otto Stockhardt als Teilhaber gewonnen werden. Gründer Martiny schied wenig später aus der Firma aus. Die Fabrik nannte sich jetzt „Hannoversche Gummi-Kamm-Compagnie“. Man konzentrierte sich überwiegend auf die Herstellung von Hartgummi-Artikel wie Kämme, Pfeifen-Mundstücke, Massivreifen. Später kamen auch Weichgummi-Artikel dazu, genannt seien Schwämme, Spielwaren, Fahrrad- und Autoreifen.
Schon bald reichte die Produktionsstätte in Hannovers Innenstadt nicht mehr aus. Im Jahr 1899 erfolgte ein Umzug mit 1100 Beschäftigten nach Limmer bei Hannover, Wunstorfer Straße 184 (später 130). Weitere dreizehn Jahre später, zum 50-järigen Jubiläum, gab es eine erneute Umbenennung in „Hannoversche Gummi-Werke ‚Excelsior‘“.
Im Jahr 1928 fusionierte man mit der schon erwähnten „Continental-Caoutchouc- und Gutta-Percha-Compagnie“.
> Einwurf des Berichterstatters:
Das Limmer-Werk war nach der Fusion im hannoverschen Adressbuch unter der Bezeichnung „Continental Gummiwerke A.-G., Werk Limmer“, Wunstorfer Straße 130, zu finden.
Im Schrftverkehr mit ihren Kunden zeigte die „Excelsior Gummi-Compagnie“ noch eine gewisse Eigenständigkeit, wie es eine Rechnung aus dem Jahr 1931 dokumentiert (siehe Fotostrecke). Eine andere Rechnung aus 1935 zeigt die „Excelsior“ unter dem Dach der Continental, aber im Briefkopf steht noch die etwas antiquiert wirkende Bezeichnung: „Continental Caoutchouc-Compagnie
G. M. B. H. Hannover“ (siehe Bilderanhang). Wer hat eine Erklärung parat? >
Nach dem 2. Weltkrieg stand im Werk Limmer die Herstellung von Gummimischungen im Mittelpunkt, auch für die anderen Conti-Werke wurde produziert. Leider nahm der Kostendruck im Laufe der Jahre immer mehr zu.
1999, nach genau 100 Jahren, wurde der Conti-Standort Limmer aufgegeben. Die Stadt kaufte das Conti-Grundstück und veräußerte es postwendend wieder an eine Investorengruppe unter Beteiligung des Bauunternehmers Günter Papenburg, der heute Alleininhaber des Geländes ist. Nach jahrelangem Stillstand soll das Grundstück in Kürze bebaut werden. „Wasserstadt Limmer“ heißt das Projekt. Federführend für diese Maßnahme ist die Landeshauptstadt Hannover, die, sehr lobenswert, von Anfang an auf Bürgerbeteiligung gesetzt hat, beispielsweise pflegt sie sehr intensiv die Zusammenarbeit mit der „Bürgerinitiative Wasserstadt Limmer“! Darüber hinaus wurde ein „Runder Tisch Wasserstadt Linden“ gegründet. Dieses Gremium gebar nach 6 Sitzungen kein Mäuschen, sondern erreichte erhebliche Verbesserungen zugunsten der Bürger des Stadtteils Limmer.
Die Planungen der Stadt sehen jetzt nur noch 1600 - 1800 Wohnungen (Geschossbau und Reihenhäuser) vor. Ob es dabei bleibt?
Die Ergebnisse der bisherigen Sitzungen stellt die Bürgerinitiative am 13. Oktober 2015 (18-20Uhr) im Gemeindehaus St. Nikolai, Sackmannstraße 27, vor.
Lang anhaltender Beifall der ca. 30 Veranstaltungs-Teilnehmer belohnte die Chronisten für ihren sehr informativen, lebendigen Vortrag.
Danach gab es noch einige Wortmeldungen.
Lebensraum Linden-Mitorganisator Manfred Wassmann, Jörg Bickmann und Horst Dralle gaben noch einige Hinweise zur Bebauung „Wasserstadt Limmer“. Heimatforscher Horst Dralle merkte außerdem an, dass im 2. Weltkrieg bei der Conti Zwangsarbeiter beschäftigt waren. Es gab im Werk Limmer auch ein Frauen-Außenlager des KZ Neuengamme. Die Frauen wurden in den letzten Kriegstagen auf einen sogenannten „Todesmarsch“ nach Bergen-Belsen in das dortige Konzentrationslager geschickt. Viele kamen dabei um. Leider hat die Firmenleitung der Continental bis zum heutigen Tag wenig Bereitschaft gezeigt, so Dralle, die damaligen Ereignisse umfassend einer Aufarbeitung zuzuführen.
Ein interessanter Bericht, der alle Facetten des Areal´s wiedergiebt !