Ich hab’s gelesen: Staatsfeind WikiLeaks
Marcel Rosenbach und Holger Stark, zwei „Spiegel“-Redakteure, haben über Monate mit der Wikileaks-Organisation und dessen Kopf, Julian Assange, unmittelbar zusammen gearbeitet.
Wikileaks/Assange hat weltweit renommierte Zeitungsredaktionen kontaktiert, um den enormen Wust tausender vertraulicher Dokumente journalistisch aufzuarbeiten und für die Veröffentlichung vorzubereiten.
Auf über 300 Seiten berichten die beiden Redakteure kompakt und spannend, wie Wikileaks an die geheimen Daten gekommen ist (soweit bekannt!) und welche Strukturen und Abläufe notwendig waren, um mit den Veröffentlichungen sogar den Amerikanern das Fürchten zu lehren.
Man braucht nichts von Computern zu wissen und auch keine Kenntnisse des Hacker-Jargons, um den Inhalt zu verstehen und den Ablauf der Ereignisse gebannt zu verfolgen.
Präsident Obama schreibt auf der Webseite des Weißen Hauses:
„Transparenz führt zu Verantwortlichkeit und bietet den Bürgern Informationen über das, was ihre Regierung tut.“
Und nun, wo Transparenz erstmals, ohne Regierungskontrolle, gegeben ist, erklärt die gleiche Regierung Wikileaks und Assange zum Staatsfeind Nr. 1!
Adenauer hat einmal gesagt:“Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern.“
Aber er hat auch gesagt:
"Nun werden Sie sagen, der Politiker kann nicht immer alles sagen; da haben Sie Recht. Aber das, was er sagt, muss wahr sein."
Hier noch einmal zur Erinnerung , einige „Leaks“ seit Mai 2010:
(ist ja in unserer schnelllebigen Zeit schon „so lange her“:
Mai 2010
Am 5. April stellte die Internetplattform WikiLeaks Video mit dem Titel „Collateral Murder“ ins Netz, vom Einsatz eines Apache-Kampfhubschraubers Boeing AH-64D Longbow mit dem Namen „Crazy Horse“ über den Straßen von Neu-Bagdad im Juni 2007. Dabei waren zwölf Personen erschossen worden, darunter zwei irakische Journalisten, die für die Nachrichtenagentur Reuters arbeiteten.
Aus geringer Höhe sieht man, stets im Fadenkreuz der Bordwaffen, wie die beiden Journalisten und ihre Begleiter durch die Straßen schreiten, ohne zu ahnen, dass der Apache sie anpeilt. Man hört den Sprechfunk, in dem der Pilot und der Bordschütze sie als feindliche Kämpfer einstufen und bei ihren Vorgesetzten auf die Erlaubnis zum Angriff dringen. Dann schießen sie alle mit dem Maschinengewehr nieder.
Dann töten sie auch noch die beiden Fahrer eines Kleintransporters, die den namenlosen Angeschossenen, der über den Bürgersteig in Deckung kriecht, zu bergen versuchen.
Juli 2010:
Super-GAU für Amerikas Militär und Geheimdienste: Fast 92 000 Dokumente über den Kampf gegen die afghanischen Taliban.
August 2010
Die US-amerikanische Task Force 373 liquidiert gezielt Gegner im deutschen Sektor von Afganistan. Deutsche Stellen haben 13 Kandidaten der Nato zugeliefert, mindestens einer der Männer wurde getötet.
Oktober 2010
Fast 400 000 Dokumente über den Krieg im Zweistromland Irak hat die Internetplattform Wikileaks - trotz aller Anfeindungen - ins Netz gestellt.
November 2010
Anweisung von Hillary Clinton: US-Diplomaten sollen die Uno ausspähen - auch Generalsekretär Ban Ki Moon und seine Mitarbeiter. Der Betreff des Dokuments klingt harmlos: "Berichts- und Sammelanforderungen.
November 2010
Die geheimen Depeschen des State Department enthüllen, wie kritisch amerikanische Diplomaten Deutschland und deutsche Politiker betrachten. Vielen anderen Nationen geht es entsprechend.
Februar 2011
Nun hat es den Enthüller selbst erwischt: Die Ermittlungsakten zu den Vergewaltigungsvorwürfen gegen WikiLeaks-Gründer Julian Assange sind kurzzeitig im Internet veröffentlicht worden.
Mein Fazit:
Spannend vermitteltes Hintergrundwissen. Ein Krimi, der nicht erdacht, sondern real gemacht wurde.
Und …. Das war wohl noch nicht das Ende der Geschichte!
Die Worte in Artikel 20 Absatz 2 unseres Grundgesetzes „Alle Macht, alle Staatsgewalt, geht vom Volke aus …“ haben eine völlig neue Bedeutung bekommen.
Dem kann man nur uneingeschränkt beipflichten!
Gruß
Dieter Kösel