Unrühmliches Ende eines einst so stolzen Vereins
Vor einem guten halben Jahr ahnte noch keiner, was auf der Jahreshauptversammlung des Vereins „Tradition Klein-Buchholz“ am 16. März 2012 beschlossen werden sollte: Auflösung des Vereins und Bestellung eines Liquidators.
Bereits im Vorfeld der Sitzung äußerte sich der 1. Vorsitzende Ludwig Tegtmeyer vor Pressevertretern so: „Die Arbeit ist erledigt, es gibt nichts mehr zu tun“ und „Wir sind ein Auslaufmodell und wollen aufhören, solange es uns noch gut geht“.
Wie konnte es zu der Auflösung kommen? Zunächst ein Blick-ohne Zorn-zurück.
Es begann alles am 9. Februar 2000. 19 Klein-Buchholzer Bürger schritten zur Tat und gründeten einen Verein mit der Zielsetzung, dass die Landeshauptstadt Hannover einen Ratsbeschluss aus dem Jahr 1979, der vorsah, den Ortsnamen Klein-Buchholz im Zuge einer Gebietsreform aus den Annalen der Landeshauptstadt Hannover zu streichen, doch wieder zurücknehmen möge. 1981 realisierte die Stadt das Vorhaben. Klein-Buchholz wurde in die Stadtbezirke Bothfeld/Vahrenheide u. Buchholz/Kleefeld eingegliedert unter gleichzeitigem Verlust des Ortsnamens. Den neuen Verein nennen die Gründungsväter „Tradition Klein-Buchholz“. Zunächst noch kein e. V., erst 2 Jahre später, 2002, ließ sich man sich in das Vereinsregister eintragen. Zum 1. Vorsitzenden wurde der CDU-Ratsherr Rainer Lensing gewählt. Lensing und der spätere 2. Vorsitzende Jochen Münter, beide inzwischen verstorben, lenkten die Geschicke des Vereins viele Jahre mit großer Tatkraft. Retrospektiv kann man sagen, dass dies die Blütejahre des Vereins waren. Einige Beispiele aus dieser Schaffensperiode sollen hier erwähnt werden:
Veröffentlichung zahlreicher Publikationen über die Geschichte von Klein-Buchholz. Besonders hervorzuheben ist das Werk von Prof. Dr. Gerhard Stoffert „Von den Urzeiten bis zur Gegenwart“, Chronik und Heimatbuch Klein-Buchholz mit Lahe. Rainer Lensing unterstützte diese Bemühungen immer leidenschaftlich und zeigte häufig auch Wege der Finanzierung auf. Parallel dazu wurden im öffentlichen Raum zahlreiche Objekte geschaffen, die auch heute noch für Bewohner und Besucher des Stadtteils echte Hingucker sind:
> Aufstellung eines Dorfsteins mit den alten Grenzen von Klein-Buchholz.
> Aufstellung eines sogenannten Ständebaums. Beide Objekte umrahmen den „Platz der Klein-Buchholzer Bürger“ und wurden mit freundlicher Unterstützung der Unternehmerfamilie Emmelmann realisiert.
> Aufstellung eines Meilenstein-Replikats in Höhe der Noltemeyer-Brücke. Das verschwundene Original soll früher vor der Gastwirtschaft Noltemeyer gestanden haben (es gibt kein Foto). Anhand eines anderen Meilensteins an der Chaussee Hannover-Celle zeichnete Prof. Stoffert eine originalgetreue Vorlage für den Steinmetzmeister Kölle aus Bothfeld.
> Aufstellung mehrerer Postschilder im Bereich der alten Poststraße Hannover-Celle. Auch eine Idee von Stoffert.
Und nun zur Mitgliederversammlung am 16. März 2012. Es erschienen rund 90 Vereinsmitglieder (von 475).
Nach dem üblichen Prozedere bei Jahreshauptversammlungen (Begrüßung, Feststellung der Beschlussfähigkeit u. s. w.) kam der Programmpunkt 9 auf die Tagesordnung: Wahlen des Vorstandes und der Kassenprüfer.
Alle Vereinspöstchen standen zur Wahl. Keiner wollte wiedergewählt werden. Dies erweckte den Anschein einer konzertierten Aktion. Da sich auch kein anderes Vereinsmitglied für die frei werdenden Vorstandsämter fand, stand der Verein plötzlich ohne Führung da. Und ohne Führung lässt sich ja bekanntlich kein Verein führen. Jetzt bekamen diejenigen Oberwasser, die an der Fortführung des Vereins kein Interesse mehr hatten. Wer das war, blieb für Nichtkenner der „Klein-Buchholzer Verhältnisse“ im Verborgenen.
Als nächster Programmpunkt wurde Nr. 10 “Beschluss über die Auflösung des Vereins“ aufgerufen, nach dem vorangegangenen Geschehen eine Steilvorlage für die Auflösungsbefürworter. Noch befeuert durch die Bekanntgabe, dass der Verein nach Überprüfung des Finanzamts seit 2006 nicht mehr im Besitz der Gemeinnützigkeit sei. Diese Tatsache könne zu Steuernachzahlungen führen, so der Vereinsvorsitzende Ludwig Tegtmeyer. Die erste Abstimmung über die Auflösung erbrachte jedoch keine Mitglieder-Mehrheit. Jetzt wurde von interessierter Seite schweres Geschütz aufgefahren. Es meldeten sich Personen zu Wort, die unter anderem zu Protokoll brachten, dass Bücher, die der Verein herausbrachte, im Keller vergammeln würden, weil sich niemand mehr für sie interessiere. Ein ungeheurer Vorwurf, wurden doch Publikationen zu Lensings Zeiten wie warme Semmeln verkauft. In kürzester Zeit meldete man häufig „ausverkauft“. Vielleicht sah man die Auflagenhöhe bei nachgedruckten Exemplaren etwas zu optimistisch, aber das Ganze ohne Differenzierung infrage zu stellen war starker Tobak. Nach weiteren unsachlichen Bemerkungen bat der Vereinsvorsitzende, fast herzerweichend, noch einmal die Mitglieder für eine Auflösung zu stimmen, die dann auch mit ziemlich großer Mehrheit erreicht wurde. Danach wollten zwei Vereinsmitglieder den Anwesenden noch ein wenig Trost spenden. Man könne doch einen Nachfolgeverein gründen. Dem Gast aus Groß-Buchholz wurde klargemacht, dass er sich erst zu melden habe wenn der Programmpunkt „Verschiedenes“ aufgerufen würde, der Andere, Mitinhaber einer Kommunikationsagentur, wurde im Vorfeld seiner Rede mit einem in der 89. Minute vom Platz gehenden Fußballspieler verglichen, weil er es für nicht nötig hielt einen Sprint zum Mikrofon zu unternehmen.
Gegen Ende der Versammlung, die nicht ganz frei von Heuchelei war, verkündete der ehemalige 1. Vorsitzende, dass das verbliebene Vereinsvermögen den Vereinen in Bothfeld zugutekommen soll. Im Vereinsvermögen steckt noch eine Sponsoren (HDI)-Spende in Höhe von 2000 Euro, die für das Brückenkopf-Projekt über den Laher Graben (Initiator dieses Projekts ist Prof. Dr. rer. hort. Gerhard Stoffert em.) zweckgebunden ist. Eine Rückgabe des Geldes an den Spender wäre nicht sinnvoll. Es müsste also ein neuer Klein-Buchholzer Heimatverein gegründet werden. Dorthin könnte dann das Geld fließen.
Bliebe noch die Frage zu klären, warum und wann die Idee zu einer Auflösung entstanden ist.
Nach dem Tod des 1. Vereinsvorsitzenden Rainer Lensing im Januar 2010 wurde der Verein nur noch verwaltet. Zündende Ideen für neue Projekte gab es nicht mehr. Es war also schon eine gewisse Vereinsmüdigkeit zu erkennen, die noch gesteigert wurde als hannoverscher Rat und auch Bezirksrat Bothfeld/Vahrenheide klar stellten, dass es mit ihnen keine Reaktivierung des Namens Klein-Buchholz geben könne. Als dann noch das 10-jährige Stiftungsfest wegen zu geringer Beteiligung ausfallen musste, obwohl der Verein 475 Mitglieder in seinen Reihen hat, dachten sich wohl diejenigen, die sich finanziell und organisatorisch immer für die Belange des Vereins eingebracht hatten: Das kann doch nicht wahr sein, wir reißen uns, pardon, den A…. auf und so wird es uns dann gedankt. Vielleicht wurde jetzt von interessierter Seite der Daumen gesenkt. Sicherlich spielte bei den Auflösungsfantasien auch das Problemfeld „Gemeinnützigkeit“ eine Rolle.
Fakt ist, dass jetzt die Arbeit des Liquidators beginnt, der die noch anfallenden Geschäfte des Vereins abwickeln wird.
Schade, alles ist vorbei, ein wenig Tristesse macht sich schon breit....
Die anhängende kleine Bilderserie soll an schöne Zeiten im Verein erinnern.
>"Mit dem Problem, keine Ehrenamtlichen für Vorstandsposten zu finden, müssen ja leider viele Vereine kämpfen"< Zustimmung, aber bei "Tradition Klein-Buchholz" ist (war) die Sache viel komplexer!!! "Nur welches? :( <" Grundsätzliches kann man wohl nicht mehr erreichen z. B. die Wiedererlangung des Ortsnamens Klein-Buchholz, da mauert die Politik. Für das Umsetzen von Projekten, insbesondere deren Finanzierung, wäre eine Aufstellung als Verein bei der Spenden-Generierung günstiger als die Bemühungen einer Privatperson. Prof. Stoffert, Geldsammler für das (sein) Brückenkopf-Projekt, kann ein Lied davon singen.