Mit der Zeitung "Hannoverscher Anzeiger" fing alles an
Die Madsack-Gruppe (Hannover) gehört heute zu den führenden Print-Medienverlagen Deutschlands, nicht zuletzt deshalb, weil in den 70-er und 80-er Jahren des vergangenen Jahrhunderts kluge unternehmerische Entscheidungen getroffen wurden. Aber wie begann alles?
Man schreibt das Jahr 1891, als August Madsack (1858-1933) seine ostpreußische Heimat verließ, in Hannover sesshaft wurde und die Verlagsgesellschaft „Hannoverscher Anzeiger A. Madsack & Co“. gründete, in der ab 1. März 1893 die Zeitung "Hannoverscher Anzeiger erscheint. Es war eine mutige Entscheidung eine Zeitung herausgeben zu wollen, teilten sich in Hannover zu damaliger Zeit mit den sogenannten Generalanzeigern „Hannoversches Tageblatt“ und „Hannoverscher Courier“ sowie den Parteiorganen „Deutsche Volkszeitung“ (Deutsch-Hannoversche Partei) und „Hannoversche Post“ (Deutsch-Soziale Partei) bereits einige andere Nachrichtenblätter den (Zeitungs-) Kuchen.
Die erste Ausgabe des „Hannoverscher Anzeiger(s)“ hatte eine Auflage von 48000 Exemplaren. Gedruckt wurden 8 Seiten (davon 6 Seiten redaktioneller Teil, 2 Seiten Anzeigenplatzierung) zum Preis von 40 Pfennig (monatlicher Abonnementspreis). Als Geschäftslokal wurden ehemalige Räume der Berenbergschen Buchdruckerei, deren Besitzanteile man erwarb, in der Schillerstraße 11 auserkoren. August Madsack muss sofort den Nerv der hannoverschen Zeitungsleser getroffen haben. Es stellte sich geschäftlicher Erfolg ein, abzulesen im Jahr 1896. Am 31. März konnte das Haus Schillerstraße 11 erworben werden, und die Auflagenhöhe steigerte sich auf 55000 Exemplare. Garant für das enorme Leserinteresse an der neuen Tageszeitung dürften auch Beiträge von Hermann Löns (1866-1914) gewesen sein. Im Jahr 1894 erscheinen satirische Gedichte, die der Heidedichter unter dem Pseudonym „Fritz von der Leine“ verfasste. Übrigens: Hermann Löns versuchte sich in den Jahren 1902-1904 mit der Herausgabe einer eigenen Zeitung. Zusammen mit Richard Hamel brachte er die „Hannoversche Allgemeine“ auf den Markt, die ja 1949, viele werden sich noch erinnern, von
Dr. Erich Madsack wieder zum Leben erweckt wurde und heute eine der meistgelesenen Zeitungen in unserem Heimatland ist. Nach dem Zeitungsflop wurde Löns dem Hannoverschen Anzeiger untreu und schrieb ab 1904 unter dem Pseudonym „Ulenspeigel“ wöchentliche Satirebeiträge für die Konkurrenz „Hannoversches Tageblatt“.
Doch zurück zum „Hannoverscher Anzeiger“. Kontinuierlich wurde die Zeitung zum Marktführer in der Region Hannover ausgebaut. Einen erheblichen Anteil daran dürften die attraktiven Beilagen ausgemacht haben. Bis zum 1. Weltkrieg liegt dem Anzeiger das Wochen-Witzblatt „Der lustige Hannoveraner“ und/oder die Wochen-Chronik „Hannoversche Illustrierte Zeitung“ bei. In den 20-er und 30-er Jahren seien u. a. folgende Beilagen genannt: „Niedersächsischer Feierabend“, „Welt der Frau“, „Hannoversche Filmzeitung“, „H.A. Jugendfreund“, „H.A. Sport“ und als Sonntagsbeilage die in Glanz-Öldruck hergestellte große, achtseitige H•A•Illustrierte Zeitung. Auch das „Niedersächsische Land- und Gartenblatt“ soll erwähnt werden.
Nach dem 1. Weltkrieg, 1918, trat Dr. phil. Erich Madsack, Sohn des Geschäftsgründers, in das Unternehmen ein. Schnell wurde er verantwortlicher Feuilleton-Redakteur. Auch in die Geschäftsführung greift der gelernte Journalist und Geisteswissenschaftler bald ein. Er wird noch vor 1924 Prokurist, zusammen mit Wilhelm Stünkel.
Im Jahr 1928 ist der Geschäftserfolg für jeden sichtbar, wird doch ein vom Architekten Fritz Höger geschaffenes Hochhaus eingeweiht, das noch heute jedem Hannoveraner als „Anzeiger-Hochhaus“ ein Begriff ist. Dorthin werden 1928 die Geschäftsräume verlegt (Goseriede 5, Parterre, 1. und 2. Stockwerk). Laut notarieller Feststellung vom 5. Januar 1928 gibt es 112259 zahlende Abonnenten.
Nach dem Tod von August Madsack (1933) übernimmt Sohn Erich die Geschäftsführung. Heftige Auseinandersetzungen mit den Nationalsozialisten (deren „Hauspostille“ NTZ fuhr schwere Angriffe gegen den Anzeiger ob der Veröffentlichung von Anzeigen des Gewerkschaftsbundes und jüdischer Geschäfte) führen 1936 zur Gleichschaltung. Aus „Hannoverscher Anzeiger A. Madsack & Co., Commanditgesellschaft“ wird „Hannoverscher Anzeiger Madsack & Co. KG“. Am 1. März 1943, nach genau 50 Jahren, kommt das Aus. Der Anzeiger wird mit der NTZ zwangsfusioniert. Aber schon 1949 sollte es weitergehen. Der aufmerksame Leser weiß es bereits.
Ein interessanter Bericht, gut gelungen ! Einige alte Exemplare habe ich auch noch.