Bothfeld: „Schöne Bescherung“ zum Weihnachtsfest 2019 – Alte Hofanlage im Klein-Buchholzer Kirchweg 28 wird eingeebnet
Es ist der 20. Dezember 2019, gegen 12Uhr45:
Der LKW einer Erdbau- und Abbruchfirma verlässt mit den letzten Trümmerteilen des Dewes-Bauernhauses, errichtet 1892 in Steinbauweise, das Gelände des ehemaligen Halbmeierhofs 16 an der Grenze zu Klein-Buchholz (die Gemeinde existiert durch einen Ratsbeschluss seit 1979 nicht mehr).
Wieder verschwindet in Bothfeld ein historisches Gebäude „sang- und klanglos“. Wurde dieses Ereignis in der örtlichen Presse angekündigt? Der Berichterstatter hat nichts darüber gehört oder gelesen. Denkbar ist, dass die Medien nicht informiert worden sind.
Nach Durchsicht der öffentlichen Sitzungsprotokolle 2019 des Stadtbezirksrats Bothfeld-Vahrenheide wurde die Angelegenheit „Abriss des Bauernhauses Klein-Buchholzer Kirchweg 28" nicht behandelt. Allerdings stellte die CDU-Fraktion (Herr Bredow) im Mai 2019 eine Anfrage an die Verwaltung (Drucksache Nr. 15-1260/2019) mit folgenden Fragen (in Kurzform):
1.)
Wie viele Bauernhäuser bzw. Höfe befinden sich aktuell noch in Bothfeld?
Antwort Verwaltung: Genaue Bestandszahlen liegen uns nicht vor. Es wird auf Publikationen (Stoffert, Sperlich, Winkel) verwiesen.
2.) Wurden in den letzten 5 Jahren Bauernhäuser bzw. Höfe umfassend
umgebaut oder abgerissen?
Antwort Verwaltung: Gernsstraße 26
Anmerkung Berichterstatter: Abriss Giesecke-Haus in der Sutelstraße 10 und Abriss Bothfelder Kirchweg 6 (ehemaliger Kleinkötnerhof 34, Wohnhaus, Scheune, Stallungen) werden nicht erwähnt.
3.) Welche der bestehenden Gebäude sind durch Denkmalschutz geschützt?
Antwort Verwaltung:
Von den bauhistorisch interessanten Objekten in Bothfeld stehen aktuell 4 als Ensemble unter Denkmalschutz, nämlich die sog. PLANO-Häuser in der Kurze-Kamp-Straße, Einsteinstraße und Emil-Nolde-Weg sowie der jüdische Friedhof mit Kapelle und Grabmälern, der alte Friedhof Bothfelds an der Ebelingstraße und die St. Nicolai-Kirche mit ihrem Friedhof und Grabmälern. Weitere 11 Objekte sind z. Z. als Einzelobjekte denkmalgeschützt. Es handelt sich dabei um folgende Gebäude:
- Dreihornstraße 18
- Im Heidkampe 67
- Laher Kirchweg 64
- Luise-Blume-Straße 1 (Gartenpavillon)
- Martinstraße 3
- Podbielskistraße 321-325 (ehem. Geha-Werk)
- Sutelstraße 23
- Sutelstraße 25
- Sutelstraße 30
Das historische Gebäude im Klein-Buchholzer Kirchweg 28 stand somit nicht unter Denkmalschutz.
Für historisch Interessierte sollen die Inhaber der Hofstellen (Halbmeierhof 16 und danach) chronologisch erfasst werden.
1594
Hans Rennenbergk
1689
Heinrich Halberstadt
1750
Tönnies Halberstadt
1787
Christian Bodo Halberstadt
1812
Jürgen Halberstadt
1840
Johann Heinrich Halberstadt
1856
(Verkoppelungs-Rezeß) Heinrich Halberstadt Erben
1865
Friedrich Halberstadt
1872
Louis Haug
Vermutlich um 1885 Aufgabe des Halbmeier-Hofs, danach Aufteilung, Übernahme durch Dev(w)es?
1898
Nennung der Hofstelle Dewes, oft auch Deves geschrieben (Gemeindebuch für Bothfeld, behandelt wurde die „Streitgrenze“ mit der Gemeinde Klein-Buchholz vor Dewes).
1907
Eingemeindung nach Hannover. Erstmalig wurden Straßen genannt, es entfiel der Begriff „Dorfstraße“)
Klein-Buchholzer Kirchweg 27 = Deves, August, Landwirt
Klein-Buchholzer Kirchweg 28 = Deves, Fritz, Landwirt
1912/13
Klein-Buchholzer Kirchweg 27 = Keine Änderung
Klein-Buchholzer Kirchweg 28 = Deves, Heinrich, Kfm, keine Landwirtschaft mehr
Um 1925
Klein-Buchholzer Kirchweg 27 = Dewes (jetzt mit „w“), Sophie, heiratet den Arbeiter Fritz Meyer und wird Eigentümerin des Hauses
Klein-Buchholzer Kirchweg 28 = Dewes,, Heinrich, Kfm
1943
Klein-Buchholzer Kirchweg 27 = Meyer, Fritz, Schriftsetzer (vermutlich Sohn des Arbeiters Fritz Meyer, >< Erbe nach dem Tod seiner Ehefrau Sophie), Wedekind, Franz, Mechaniker
Klein-Buchholzer Kirchweg 28 = Dewes, Heinrich, Pensionär
1950
Klein-Buchholzer Kirchweg 27 = Keine Änderung zu 1943
Klein-Buchholzer Kirchweg 28 = Dewes, Fritz, Kfm, im Haus ist jetzt ein Lebensmittelgeschäft (Erichs).
1958
Klein-Buchholzer Kirchweg 27 = keine Änderung
Klein-Buchholzer Kirchweg 28 = Dewes Fritz, Angestellter
Um 1960
Klein-Buchholzer Kirchweg 27 = Büroartikel-Hersteller Geha erwirbt das Gelände, Abbruch des Hauses
Klein-Buchholzer Kirchweg 28 = Familie Dewes bleibt (bis zuletzt?) Besitzer der Immobilie, 2008 noch nachweisbar.
ENDE DER CHRONOLOGIE
Leider konnten sich durch mangelnde Transparenz keine Abrissgegner formieren. Dieser Tatbestand ist sehr ärgerlich. Zu mindestens hätte eine Unterschrift-Aktion "Pro Erhalt" gestartet werden können.
Nun wird vermutlich in Kürze eine große Stelltafel über die Nutzung des Geländes Auskunft geben. Warten wir es ab.
26. April 2020:
Jetzt ist die Katze aus dem Sack.
Die Stelltafel (siehe Fotostrecke) zeigt Bauherr und Projekt
Literatur: Stoffert, Gerhard, Von Botvelde 1274 bis Bothfeld 2009, Teil I, 2009.
Schöne Erinerungen, danke Ulrich.