Abendkirche und ein Handtuch
Die Abendkirche ist immer für eine Überraschung gut. Ist sie doch immer ein Gottesdienst ohne die üblichen Normen.
Die Ansage im Vorfeld war: Bringen Sie ein Handtuch mit.
Aber wozu? Es blieb offen – bis ca. 17.05 Uhr an diesem Sonntag.
Dr. Anne Pappert stand in Wanderkleidung hinter dem Pult. Eike Wulfmeier leitete mit leisen Tönen die Abendkirche ein.
Die Abendkirchen stehen unter der Jahreslosung „Seid barmherzig“. Und die Theologin leitete ihre Abendkirche damit ein, dass eine Form der Barmherzigkeit ist, sich auf sich selbst, sich auf seine Gedanken zu reduzieren. Sie wollte die Besucher, die bisher noch nicht wussten, weshalb sie mit einem Handtuch in der Kirchenbank saßen, mitnehmen. Und sie lüftete das Geheimnis ihres Rucksackinhalts und forderte sie alle auf, die Schuhe auszuziehen, sich zu erden. Ihre Verbindung zur Erde zu finden und die Augen zu schließen.
Dann ging es los. In Gedanken machten sich, geführt von Dr. Anne Pappert, die Besucher:innen auf den Weg hinaus aus der Kirche und hinein in die Natur. Sie führte die Menschen an verschiedene Stationen, ließ sie dort eine Pause machen, führte ihre Gedanken zu unterschiedlichen Überlegungen, führte sie in die Natur, in die Schöpfung. Dabei begleitete sie mit den unterschiedlichsten Percussions Eike Wulfmeier. Der Pianist zeigte in seiner musikalischen Improvisation, wie wertvoll seine Liebe zur Jazz-improvisation ist. Er bildete mit seiner Piano-Musik die Einheit, die für diese Gedanken-Wanderung erforderlich war. Und es klang in der Gesamtheit sehr harmonisch. Eike Wulfmeier übersetzte die Worte der Theologin gekonnt in Töne, ließ den Eindruck der Momente dieser Wanderung eine Einheit werden.
Und manchmal klang eine bekannte Melodie durch oder doch nicht?
Fast traurig waren die Besucher:innen, als der Weg sie wieder zurück in die Kirche und damit zum Ende der Meditation führte. Fast traurig öffneten sie erneut die Augen.
Und es war eine nachdenklich fröhliche Stimmung, in der sie beseelt die Kirche in den Sommerabend verließen – nicht ohne vorher mit einem herzlichen Applaus für diese „Entführung“ zu danken.
Was sie wohl bei der nächsten Abendkirche erwartet, wenn die für das Thema Landwirtschaft in der ev. Kirche zuständige Theologin begleitet von Pianomusik die Abendkirche gestaltet?