Löst die Elbphilharmonie in Hamburg die St. Michaelis-Kirche als Wahrzeichen ab?
Am 4.11.16 wurde die Aussichtsplattform der Elbphilharmonie eingeweiht.
Zwei Monate vor dem Eröffnungskonzert, das bereits im Jahre 2010 sein sollte!
Die Kosten für die Steuerzahler, die z.B. in soziale Projekte hätten fließen können, sind von 77 auf 789 Millionen gestiegen!
Diese Verzögerung und die enorme Kostensteigerung hat weltweit nicht nur für Spott gesorgt.
Hier die Meinung vom "Hamburger Stammtisch":
"Nun ist aus dem Alten etwas Neues geworden!", sagte Karl pathetisch und prostete den beiden mit seinem Glas Bier zu. "Ich hatte gestern das große Glück zu den Ersten zu gehören, aus 37 Meter Höhe den Hafen und die Silhouette unserer Stadt bewundern zu können. Der Boden aus rotem Klinker erinnerte mich an "meinen" Kaispeicher A, in dem ich in den 60-iger Jahren mit der Sackkarre Kakao und Kaffee bewegt habe, der von den Portalkränen direkt von den Schiffen gelöscht wurde."
"Ach ja!" sagte Walter. "Das hatte ich ganz vergessen. Du hast ja direkt vor Ort gearbeitet."
"Nun werde man nicht sentimental!" Ralf lachte. "Die Container haben zwar die Romantik verscheucht, aber die Arbeit vereinfacht. Und außerdem erlebst du noch die Eröffnung der Elbphilharmonie hoch über eurem alten entkernten Speicher!"
Walter schüttelte den Kopf. "Das ist nicht sicher! Die Karten sind doch schon für Monate im voraus ausverkauft. Und nicht nur das!", ereiferte er sich jetzt, "du weißt doch gar nicht, ob sich der Durchschnittsverdiener oder wir Rentner so eine Karte überhaupt leisten können. Das wird doch so vermarktet, dass die Eintrittspreise sich ebenso verzehnfachen werden wie die Baukosten!"
"Das glaube ich nicht!", widersprach Karl. "Die Hamburger Politik hat doch versprochen, dass die Elbphilharmonie auch für die Hamburger da sein soll. Die Eintrittspreise sollen erschwinglich sein."
"Abwarten!" sagte Ralf lakonisch. "Versprochen wird immer viel! Es sollen auch lokale Künstler eine Chance bekommen, dort aufzutreten. - Aber wie will man damit
ausländische Touristen anlocken?!"
"Eben!" Walter nickte. "Die günstigen Eintrittskarten kann die Politik gar nicht garantieren! Die gehen zwangsläufig nach oben durch das einfache Gesetz von
Angebot und Nachfrage!"
Karl hatte jetzt auch seine Bedenken. "Man hofft ja, unter die schönsten Konzerthäuser der Welt zu kommen. Besonders die Akustik im großen Saal soll alle übertreffen!"
"Ja, und dieser Anspruch ist doch nicht da, um Hamburgern etwas Einmaliges zu bieten, sondern um Millionen mehr Touristen anzulocken!", war Ralf überzeugt.
Der Wirt brachte eine neue Runde Bier und Ralf fragte: "Charly, was hältst du von der Elbphilharmonie?"
Der lachte verlegen. "Ich persönlich brauche sie nicht; ich war noch nie im Konzert.
Sie hat aber viel Geld gekostet, das wieder reinkommen muss! Ist gut für den Tourismus und vielleicht auch für meinen Umsatz!"
"Siehst du!" Ralf fühlte sich bestätigt. "Es geht nur ums Geschäft!"
"Aber Hamburg hat damit ein Wahrzeichen!", verteidigte Karl. "Und denn noch an meiner alten Arbeitsstätte!"
"Nee!" widersprach Ralf, "das ist die St. Michaelis-Kirche!"
Walter stimmte zu: "Ja, für mich bleibt auch immer der "Michel" das Hamburger Symbol!"
Viel wichtiger als die Höhe der Baukosten, scheint mir der Gedanke daran zu sein: Für wen wurde denn dieser Bau errichtet? Wird ein Normalverdiener sich eine Konzertkarte leisten können? Bildung und Freude am kulturellen Erbe der Menschheit muss doch wohl für jeden von uns erreichbar sein - oder?
Zwar verspricht man uns heute eine dauerhafte Subvention einiger Plätze im Musentempel, aber wird man diese Notwendigkeit auch später noch einsehen? Das ist eine Frage, die wir alle uns stellen sollten beim Anblick dieses eindrucksvollen Musiktheaters.