Nur 60 angemeldete Besucher am Tag: Insel Vilm vor der Südküste Rügens
„Ich habe kaum jemals wieder das Gefühl so ganz reinen, schönen und einsamen Naturerlebens gehabt wie damals auf dem kleinen Eilande, das sonst niemand zu sehen pflegt, der Rügen besucht.“ Nicht nur 1819, als der Philosoph, Arzt und Landschaftsmaler Carl Gustav Carus (1789-1869) diese Worte schrieb, „pflegte niemand“ außer Malern die Rügen im Süden vorgelagerte Insel Vilm zu betreten. Das war auch zu DDR-Zeiten so. 1959 wurde die Öffentlichkeit ganz ausgesperrt. Lediglich hohe Staatsfunktionäre durften in den eigens gebauten Reetdach-Häusern urlauben. Seit der Wende arbeitet die Internationale Naturschutzakademie (INA), Außenstelle des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) in Bonn, auf dem schon 1936 als Naturschutzgebiet ausgewiesenen Vilm (es heißt der Vilm) und stellt Räume und Betten für Tagungen und Seminare zum Thema zur Verfügung. Seither dürfen – nach Voranmeldung – bis zu 60 Besucher mit MS „Julchen“ ab Hafen Lauterbach auf den 2,5 Kilometer langen, 94 Hektar großen und bis zu 37,8 Meter aufragenden Vilm, aber nur den nördlichen Teil.
Andreas Kuhfuß, selten noch Burkhard Lenz selbst, führt zuerst das Boot und dann die Gäste durch die Kernzone des Biosphären-Reservats Südost-Rügen. Man watschelt über weiches Moos, sinkt in mal nassen, mal trockenen Tang ein, stolpert über knorrige Wurzeln, kriecht unter umgestürzten Baumstämmen hindurch oder kraxelt über sie hinweg. So naturbelassen sind nur 0,4 Prozent der Schutzgebiete in Deutschland. Nicht zu nahe an die Steilkante treten, man könnte mit ihr abrutschen! Auf dem zweistündigen Rundgang, stets die Ostsee im Blick, erlebt man einen Wald, der ganz der natürlichen Dynamik überlassen ist. Denn andere brauchen kranke Bäume zum Leben, Flora als auch Fauna. Allein 300 Arten von Farn- und Blütenpflanzen und seltene Insekten wie den knallblauen Ölkäfer gilt es zu entdecken.
Im Juni 2002 wurde die Insel durch den Besuch von Prinz Charles aufmerksamen Zeitungslesern bekannt. Am letzten Samstag im August macht jedes Jahr das „Vilm-Schwimmen“ von sich reden, das DLRG, Rotes Kreuz und die Stadt Putbus mit rund 300 Teilnehmern ausrichten. Benötigt „Julchen“ 15 Minuten zum Übersetzen, schaffte es der schnellste Schwimmer in 26 Minuten. Es war Jan Gräfe aus Rostock.
Die 600 Jahre alte Eiche, die Carus auf seinem Gemälde „Eichen am Meer“ 1835 verewigte, steht heute noch. Und der Regenbogen, den Caspar David Friedrich 1810 über Rügen und den Vilm spannte, dürfte hin und wieder auch gesichtet werden.
Hoffen wir, daß wir noch lange von dieser Insel etwas haben...
VG...Ralf