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Ho Tzu Nyen, The Critical Dictionary of Southeast Asia, bis 7. Oktober im Hamburger Kunstverein

Ho Tzu Nyen (*1976 in Singapur, lebt und arbeitet in Singapur) entwickelt aus historischen Texten und Artefakten technisch und visuell beeindruckende Filme, Videoarbeiten, Installationen und Theaterarbeiten. Viele seiner Arbeiten sind formal vom Barock und dem Format des Tableau vivant inspiriert und weisen darüber hinaus zahlreiche Bezüge zur Philosophie, Kunst- und Filmgeschichte auf. Seine Installationen sind mit so vielen Zeichen gefüllt wie die Quellen, aus denen sie stammen. Popkulturelle Referenzen mischen sich mit Zitaten vergangener Epochen in einem ausgefeilten, filmischen Zeitvakuum. Sie sind als Allegorien zu verstehen für die Abwesenheit der unaussprechlichen Historie, die bis heute nicht im öffentlichen Leben präsent ist.

Seine Arbeiten basieren auf umfassender Recherche und akribischer Datensammlung, deren Ergebnisse er wie ein Historiker aufbereitet. Hauptthema seiner künstlerischen Praxis sind die hegemonialen Machtstrukturen, die die Geschichte Singapurs wie auch die Geschichte Südostasiens geprägt haben. Diese Praxis spiegelt sich insbesondere in The Critical Dictionary of Southeast Asia wider, dem Langzeitprojekt, das im renommierten Asia Art Archive in Hongkong angesiedelt ist. In The Critical Dictionary of Southeast Asia sammelte Ho Tzu Nyen abseits der offiziellen Geschichtsschreibung Metaphern, Praktiken, Sounds, Biografien oder Erzählungen, die die künstlich in der Kolonialzeit geschaffenen Nationalgrenzen überwinden, und formuliert so die Möglichkeit einer anderen kollektiven Identität für die gesamte Region. Inzwischen ist ein Archiv aus Tausenden Stunden audio-visuellen Materials entstanden, das Ho als virtuelle, kritische Enzyklopädie veröffentlicht hat, aber auch als Quelle für weitere künstlerische Arbeiten nutzt.

Der Kunstverein in Hamburg zeigt aus diesem Projekt, das sich der Region mit den komplexen Fragen des Erbes, seiner Politik und Kultur annähert, Ausschnitte, die für den Ort am Klosterwall in einen neuen Zusammenhang gesetzt werden. The Nameless (2015) ist eine Videoinstallation, die sich um einen chinesisch-vietnamesischen Mann namens Lai Teck dreht. Teck war von 1939 bis 1947 einer der 50 bekannten Pseudonyme des Generalsekretärs der malaysischen Kommunistischen Partei, bis dieser in Thailand getötet wurde, nachdem er als Triple-Agent enttarnt worden war. Er arbeitete zuerst für die Franzosen, dann für die britischen Geheimtruppen und zuletzt, in den Jahren der malaysischen Besatzung (1941-1945), für die japanische Geheimpolizei. Durch die Aneignung von Hong Kong-Filmen der letzten 20 Jahre mit dem ikonischen Schauspieler Tony Leung Chiu Wai in den Hauptrollen erzählt das Werk die Geschichte einer Identitätsmetamorphose, die unter der Oberfläche von Nationen und Ideologien lauert. Durch die Überlagerung mehrerer Sprachen und die Zusammenstellung von Bildern eines einzelnen Schauspielers gegen verschiedene asiatische Filme, die zwischen 1989 und 2013 gedreht wurden, versucht The Nameless die historische, sich verändernde, vielschichtige Figur als eine darzustellen, die nicht nur eine entscheidende Periode der malaysischen Geschichte beeinflusst hat, sondern auch als eine, die die sich überlagernden historischen und ideologischen Komplexitäten Südostasiens verkörpert. Diese Geschichte voller Doppel- und Mehrdeutigkeit durfte aufgrund der chinesischen Zensur in Shanghai nicht gezeigt werden.

Die Installation The Nameless setzt er in Bezug zu seiner Arbeit The Name (2015-2018) über den mysteriösen Autor Gene Z. Hanrahan – und rahmt beides mit einer neuen Installation bestehend aus Material seines virtuellen Wörterbuchs The Critical Dictionary of Southeast Asia. The Name ist eine energiegeladene Found-Footage-Montage aus Filmen der westlichen Filmgeschichte, die den schöpferischen aber auch qualvollen Akt des Schreibens meist in Form eines romantischen Geniekultes darstellen. Gleichzeitig wird auf der Ebene des „Voice-over“ ein von diesem Ideal vollkommen abweichender Autorentypus verhandelt. Mit The Name setzt Ho seine Recherche zu dem mysteriösen Autor Gene Z. Hanrahan filmisch um, dessen publizistischem Werk er seit längerem nachspürt. Ausgangspunkt seines Interesses an diesem Autor ist Hanrahans 1954 in den USA erschienene, erstaunlich aufschlussreiche Abhandlung über den kommunistischen Kampf auf der Malaiischen Halbinsel während der Kolonialzeit (The Communist Struggle in Malaya, 1954). Weitere Publikationen z.B. zu chinesischen Guerilla-Taktiken oder, unter dem Titel The Wild Years, über das Werk Ernest Hemingways lassen Hanrahans Identität als Autor-Subjekt immer fragwürdiger erscheinen. Als Ho den Charakter recherchierte, fand er kaum eine Spur von ihm als reale Person und spekulierte über die Möglichkeit, dass es sich um ein Pseudonym oder um einen Ghostwriter handelte, der für die US-Regierungsbehörden während des Kalten Krieges gearbeitet habe. So wird in Hos Film die Instabilität des Werk- und Autorenbegriffs mit filmisch-künstlerischen Mitteln und anhand eines konkreten historischen Falls verarbeitet, der auf die malaysische Geschichtsschreibung abgefärbt hat. Die Version von The Name, die im Kunstverein in Hamburg gezeigt wird, wurde mit einem zweiten „Voice-over“ aktualisiert, bestehend aus Auszügen aus einem noch unveröffentlichtem Essay von Dr. Marc Opper. Dieser könnte darin möglicherweise den „realen“ Gene Z. Hanrahan beschrieben haben, was durch Informationen deutlich wird, die der Erzählung der ersten Version von The Name auf faktischer aber nicht unbedingt konzeptueller Ebene widersprechen.
Diese Installation steht dann wiederum in Zusammenhang mit dem Bühnenstück The Mysterious Lai Teck, eine bildgewaltige Agenten-Story über Politik und Verrat im postkolonialen Malaysia, das seine Welturaufführung auf Kampnagel findet.

Ho Tzu Nyen hat Bildende Kunst am Victorian College of the Arts in Melbourne und Southeast Asian Studies an der National University of Singapore studiert. Im Januar 2015 erhielt er den Grand Prize Award des Asia Pacific Breweries Foundation Signature Art Prize.

Das Projekt ist eine Koproduktion des Kunstvereins in Hamburg mit dem Internationalen Sommerfestival Kampnagel und wurde mit freundlicher Unterstützung der Behörde für Kultur und Medien der Freien und Hansestadt Hamburg sowie der ZEIT-Stiftung und der Firma Behn Meyer realisiert.

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