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Frauenbilder 1938-1946 im Zeichen des 19. März - Bilder meiner Mutter

<b>Am 19.03.1911 - vor 111 Jahren - wurde der Internationale Frauentag ins Leben gerufen, der seit 1975 am 8. März gewürdigt und gefeiert wird. 
https://www.myheimat.de/hamburg/kultur/zum-interna...

Am 19.03.1925 wurde meine Mutter Jutta geboren. Heute wäre ihr 97. Geburtstag. 92-jährig ist Jutta 2017 verstorben. Ich habe am heutigen Märztag mit Gedenken in einem von Jutta geerbten Fotokarton gestöbert und alte Bilder angeschaut. 

Als meine Mutter 1925 geboren wurde, war noch die Zeit der "Goldenen Zwanziger Jahre" - ein Zeitabschnitt, der etwa von 1924 bis 1929 währte und mit der Weltwirtschaftskrise und dem Börsencrash des "Schwarzen Freitag" am 25.10.1929 endete. Der Begriff "Goldene Zwanziger" steht für einen Wirtschaftsaufschwung in vielen Industrieländern und auch für eine Blütezeit der deutschen Kunst, Kultur und Wissenschaft.
Es war die Zeit der "Weimarer Republik" -  Deutschlands erster Demokratie. Sie dauerte vom 9. November 1918 bis 1933 - bis zur Machtübernahme der Nationalsozialisten mit der Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) und der Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler am 30. Januar 1933. Mit der NSDAP und ihrem "Führer" Hitler begann die Zeit der Diktatur des "Dritten Reichs". Die Weimarer Republik ***) war auch ein Zeitraum, der zwischen zwei Weltkriegen lag. 

Jutta´s Eltern - Anna Sophie Minna (geb. am 26.05.1898 in Soltau) und Eduard Anton Benedict (geb. am 21. März 1895 in Koblenz) - haben den Ersten Weltkrieg von 1914-1918 miterlebt. Zum Kriegsbeginn war Anna 16 Jahre und Eduard 19 Jahre jung. Eduard verteidigte sein deutsches Vaterland an der Front in Frankreich.

Das Kriegsende bedeutete das Ende des Deutschen Kaiserreichs. Kaiser Wilhelm II. aus dem Hause Hohenzollern war von 1888 bis 1918 letzter Deutscher Kaiser und König von Preußen. Eine Inflation von 1914 bis 1923 wirkte durch die Zeit und endete mit der Währungsreform und dem Münzgesetz vom 30. August 1924, das die Reichsmark festlegte. 
Die Umstellung von der "Mark" (M) auf die "Rentenmark" (RM) im November 1923 mit einem Kurs von 1.000.000.000.000 : 1 RM (1 Billionenmark zu 1 Rentenmark beendete die Deutsche Inflation 1914 bis 1923.
(Quelle: Wikipedia: Währungsreformen in Deutschland)
Aus meinen Kindertagen erinnere ich mich noch an Bündel von großen Geldscheinen mit Billionenwerten, die bei meinen Großeltern im Schuhkarton aufbewahrt lagen und keinen Wert mehr hatten.

Anna, geb. Mackenthun und Eduard Stalinski heirateten am 10. Juli 1926. Ihre Tochter wurde in Hamburg-Rothenburgsort geboren und bekam den Namen Jutta Agnes Wilhelmine. Die junge Familie Stalinski wohnte in der Marckmannstraße und dort ging Jutta auch zur Schule und in den Turnverein.

Als junges Mädchen von 14 Jahren absolvierte meine Mutter nach der Volksschule ihr "Pflichtjahr". Das Pflichtjahr wurde von den Nationalsozialisten am 15. Februar 1938 für Mädchen und unverheiratete Frauen unter 25 Jahren eingeführt. Jutta leistete diesen "Dienst fürs Vaterland" in dem kleinen Ort Labes in Pommern, heute Polen. Labes, heute Leba, liegt an der Ostseeküste südwestlich von Danzig.
In ihrem Zeugnis steht in der damals üblichen Schrift Sütterlin: "Jutta Stalinski aus Hamburg ist vom 1.4.39 bis 20.3.40 bei mir als Pflichtmädchen tätig gewesen um nun ihre Lehrstelle in Hamburg anzutreten. Sie ist ein fleißiges, sauberes ordentliches Mädchen. Sie hat mir in dieser Zeit fleißig und treu im Haushalt und Garten überall geholfen. Ich wünsche ihr für die Zukunft alles Gute. Wilma E. Anderson" (Bild 6).
Ein Foto aus dem Jahr 1938 zeigt Jutta mit einer Freundin in Labes (Bild 2).
Wenn Jutta sich früher an ihr Pflichtjahr erinnerte, erzählte sie von "Mutter Martha" , die sie in Labes als strenge Pflichtherrin empfunden hat. Ich kann mich an Fotos erinnern, auf denen Mutter Martha elegant gekleidet in langen, schwarzen Kleidern und Mänteln mit einem großen schwarzen Hut auf dem Kopf und einem schwarzen Stockschirm in den Händen zu sehen war. "Du böses, böses Mädchen ...", soll Martha geschimpft haben, wenn sie nicht zufrieden mit Jutta war und soll mit dem Stockschirm gedroht haben. 
Leider sind die Bilder von Martha nicht mehr vorhanden. Vieles hat Jutta bedauerlicherweise aussortiert. Dabei waren auch andere Familienbilder von Fotografen in bräunlichen Farbtönen auf Karton mit abgeschrägten Kanten gezogen, an die ich mich noch erinnern kann.

Am 1. September 1939 begann der seit langem von Hitler geplante Krieg "um Lebensraum im Osten", mit dem deutschen Überfall auf Polen - der Beginn des Zweiten Weltkriegs.

Nach ihrem Pflichtjahr begann Jutta ihre Lehre am 1. April 1940 im Friseurgeschäft Carl Möller in Hamburg-Altona, Große Bergstraße 244. Ihre dreijährige Lehre endete nach der Gesellenprüfung und mit dem Erhalt des "Lehrbrief" am 31. März 1943. Jutta war weiter als (Friseur-)"Gehilfin" im Geschäft ihres Lehrherrn bis zum 6. Februar 1945 angestellt. Im Zeugnis von ihrem Chef Carl Möller lese ich aus der Sütterlin-Schrift: "Frau Jutta Mayr, geb. Stalinski ... hat sich als ehrlich, tüchtig und zuverlässig erwiesen. Wegen einer Kriegsdienstverpflichtung mußte Frau Mayr aus meinen Betrieb ausscheiden."

Wie viele andere deutsche Frauen zum Kriegsdienst verpflichtet, leistete Jutta diesen in einer Munitionsfabrik in der Barnerstraße in Hamburg-Altona. Als "FABRIK" wurde diese in den 70er Jahren zu einer Kultur- und Kommunikationstätte. Sie ist weit über die Grenzen Hamburgs und Deutschlands bekannt geworden. 

Nicht lange, weniger als 6 Monate nachdem die 18-jährige Jutta ihre Friseurlehre beendet hatte, wurde im Sommer 1943 die Hälfte der Stadt Hamburg durch Bombenangriffe in Schutt und Asche gelegt. Mit der alliierten Großangriffsaktion "Operation Gomorrha" - zwischen dem 24.07. und 03.08.1943 - wurden ganze Stadtteile zerstört, so auch das Arbeiterviertel Rothenburgsort, Hammerbrook, Hamm, Teile von Altona und weitere. Im Feuersturm erstickten oder verbrannten Zigtausende von Menschen. Zigtausende von Überlebenden wurden aus Hamburg evakuiert.
https://www.ndr.de/geschichte/chronologie/Juli-194...

Hat meine Familie Stalinski großes Glück gehabt, mit dem Leben davon gekommen zu sein? Hatten sie schon vor dem Feuersturm in Rothenburgsort ihr Zuhause gewechselt? Es gab eine Zeit, in der sie am Stadtrand in einem steinernen Häuschen mit Garten in Hamburg-Eidelstedt am Ende der Lohkampstraße Richtung Krupunder lebten, bevor sie in eine Wohnung in der Lohkampstraße 16 in der Nähe des Eidelstedter Marktes zogen. 

In der währenden Kriegszeit kam ein junger Marine-Soldat in Jutta´s Leben - Ernst Mayr aus Augsburg. Jutta und Ernst verliebten sich und heirateten am 11.01.1945. Sie waren beide 19 Jahre jung. Weniger als zwei Monate (50 Tage) später wurde Ernst Mayr am 2. März 1945 im U-Boot Opfer des Krieges und meine Mutter "Kriegerwitwe".
Am 8. Mai 1945 war der Zweite Weltkrieg zu Ende - in Hamburg bereits am 3. Mai 1945.
Danach gab es in Deutschland etwa eine Millionen Kriegerwitwen als Hinterbliebene beider Weltkriege.

Siehe auch:
Kirsten Mauss "Kriegsschicksale - mein Gedenken zu 75 Jahren Kriegsende":
https://www.myheimat.de/hamburg/gedanken/kriegssch...

***) Anmerkung zu "Weimarer Republik" und Frauen:
"Für Frauen war die Weimarer Republik eine Zeit des Aufbruchs. Sie erkämpften zum ersten Mal in der Geschichte die gleichen Bürgerrechte wie die Männer und das Wahlrecht. Das war revolutionär! In der Realität der Weimarer Republik führten diese gleichen Rechte aber nicht zur vollkommenen Gleichberechtigung mit Männern. Die häusliche Rollenverteilung blieb in der Regel bestehen. Die Frauen waren weiterhin für den Haushalt und die Kinder zuständig und auch wenn sie vorher berufstätig waren, hörten die meisten - wenn sie es sich leisten konnten - mit der Hochzeit auf zu arbeiten. Die Frauen durften auch erstmals Berufe erlernen, die vorher nur Männern gestattet waren: Ärztin, Journalistin, Fotografin, Lehrerin, Droschkenkutscherin, Schaffnerin, Schalterbeamtin." Aus: Ich liebe Geschichte.

Meine Galerie zeigt Bilder aus den Jahren 1938 bis 1946. Ende September 1946 wurde ich als "Nachkriegskind" in der Lohkampstraße 16 geboren, hervorgegangen aus Jutta´s zweiter Ehe mit meinem Vater, Friseurmeister Otto Arnold Robert Grähn.

Kirsten Mauss

21.03.2022: Ich sende einen Gruß himmelwärts an Jutta und ihren Vater, an meinen Großvater Eduard, genannt Opa Edi. Heute wäre sein 127. Geburtstag. :-)
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  • Jutta als junges Mädchen 1938 -rechts im Bild
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  • Jutta´s Zeugnis über das Pflichtjahr in Labes / Pommern vom 20.03.1940
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  • Bescheinigung der Landesversicherungsanstalt vom 5. Juni 1942
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  • Eheschließung vor dem Standesamt im Rathaus Hamburg-Stellingen im Januar 1945 mit Schneegestöber
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  • Jutta und Ernst nach der kirchlichen Trauung in Hamburg-Eidelstedt
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  • Mit der Hochzeitskutsche beginnt die Fahrt in die Ehe.
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  • Kirchenpass der Evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Altona-Eidelstedt
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  • Bild 15 / 21
  • Zeugnis für Jutta Mayr von ihrem Lehrherrn und Chef Carl Möller ausgeschrieben am 31.05.1945
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23 Kommentare

Lieber Manfred, ich freue mich, hier Deinen neuerlichen Gruß vorzufinden. Es stärkt die Motivation, wenn Beiträge gut angenommen und auch wertgeschätzt werden. Wenn darüber hinaus noch ein kommunikativer Austausch entsteht wie hier, dann macht der Einsatz besondere Freude. So danke ich Dir für Deine Aufmerksamkeit und für Deine anerkennenden Rückmeldungen. Beste Grüße an Dich, Kirsten

Mit dem Einscannen von einigen Fotos aus meiner Kindheit in der Nachkriegszeit 1946 bin ich dabei, einen Folgebeitrag vorzubereiten.
Liebe Grüße an Alle am Wochenende, an dem die Uhren wieder in die Sommerzeit vorgestellt werden, Kirsten

An Alle: Eine weitere Rückmeldung erreichte mich heute in einer persönlichen Mitteilung von Helga B., einer von mir hochgeschätzten Autorin von Gedichten, Geschichten und Fotografien. Ihren Gruß empfinde ich als so schön, dass ich diesen gerne mit euch teilen möchte:
"Ein wundervoller Einblick in das Leben deiner bildhübschen Mutter vor dem jeweils prägenden Zeitgeschehen. Eine großartige Hommage liebevoll erzählt und betrachtet. Du nimmst Deine Leserschaft leicht in schwere Zeiten mit. Danke liebe Kirsten".
Das ist eine Mitteilung, für die ich Helga nach persönlicher Danksagung im Chat nochmals an dieser Stelle ganz herzlich danke.
Auch diese Worte inspirieren und ermutigen mich, mit einem Folgebeitrag fortzufahren.

"Schwere Zeiten" stellen uns seit mehr als zwei Jahren vor bis dahin nicht gekannte Herausforderungen - erst Corona und seit 31 Tagen das Kriegsverbrechen Putins an der Ukraine.
Während ich mit meinen Beiträgen über Biografisches im Ersten und Zweiten Weltkrieg und Auswirkungen nach 1945 befasst bin, ist die Besorgnis und auch die Angst vor einem Dritten Weltkrieg weiter gestiegen. Die Welt mit der NATO trägt Sorge, dass Putin seinen Ukraine-Krieg weiter mit Massenvernichtungswaffen eskaliert. Damit sind konkret chemische, biologische und nukleare Waffen gemeint. Gar nicht auszudenken, wie die Welt und ihre Menschen dann aussehen würden. Schlimm und erschütternd genug sind die Bilder aus der Ukraine von zerstörten Städten, dem Massaker, das an den Menschen geschieht und Bildern von massenhaften Flüchtlingsströmen.
Gestern hat Papst Franziskus zum Fest "Mariä Verkündigung" einen bewegten und bewegenden Friedens-Gottesdienst in St. Peter gehalten - im Beisein von einer großen Menge Gläubigen in und um den Dom in Rom. Die Feier wurde über den TV-Sender EWTN übertragen. Papst Franziskus flehte die "Akteure der Weltgemeinschaft" an, den Krieg in der Ukraine mit seiner unmenschlichen Grausamkeit zu beenden und Frieden zu schaffen. Er betete in seiner Anrufung: Maria, Mutter Gottes und auch unsere Mutter, wir vertrauen Dir Russland und die Ukraine an. Zeige uns Möglichkeiten des Friedens. Bitte geleite uns auf den Pfad des Friedens. Lass uns die Harmonie Gottes finden. Er legte ein Bouquet aus großköpfigen weißen Rosen vor die Marienstatue im Dom. Nach dem Ende der Marienfeier sollten alle Kirchenglocken in Rom läuten. Zeitgleich wurde in Fatima gebetet.
Hoffen wir inständig, dass die Gottesmutter Maria die Gebete für Frieden erhört.

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