Ludwig Heilmeyer – Versuch einer politischen Einordnung -Ein Vortrag mit Diskussion - Im Interview Petra Demmel, Stefan Baisch und OB Gerhard Jauernig
Er genoss höchste Anerkennung: der führende Hämatologe und Gründungsrektor der Universität Ulm, Prof. Ludwig Heilmeyer. Neben dem Bundesverdienstkreuz wurde ihm an den drei Stationen seines beruflichen Lebens, Freiburg, Ulm und Günzburg jeweils eine Straße gewidmet. Im Auftrag der Universitätsleitung Ulm hat der Medizinhistoriker Professor Florian Steger die nationalsozialistische Vergangenheit von Prof. Ludwig Heilmeyer aufgearbeitet. Die Volkshochschule (vhs) und der Historische Verein Günzburg bringen eine Informationsveranstaltung zu den Ergebnissen seiner Forschung und den möglichen Konsequenzen nach Günzburg.
Worum geht es bei der Veranstaltung am 17. Mai um 19 Uhr im Festsaal des Bezirkskrankenhauses Günzburg?
Baisch: In erster Linie geht es um einen wissenschaftlichen Vortrag, der die wissenschaftliche Arbeit, die persönliche Haltung vor, in und nach der NS-Diktatur sowie das Wirken für die Universität Ulm und auch die Stadt Günzburg von Ludwig Heilmeyer historisch aufarbeitet und bewertet. Demmel: Prof. Steger wird die Biografie nachzeichnen und analysieren. Dabei wird nicht nur die Verstrickung Heilmeyers mit der NS-Herrschaft hinterfragt, sondern auch sein Verhalten und seine Karriere in der neuen demokratischen Gesellschaft. Wir wollen für die Thematik im Zusammenhang mit Straßenbenennungen sensibilisieren, für die üblicherweise positiv besetzte Namen gesucht werden, gleichzeitig – deshalb das Korreferat von Frau Dr. Wenge – wollen wir aufzeigen, welche Möglichkeiten des kritischen Umgangs andernorts praktiziert werden.
Warum haben Sie die Veranstaltung nach Günzburg geholt?
Demmel: Mit dem zeitlichen Abstand zum Nationalsozialismus wächst die Sensibilisierung für das Thema, der Wunsch, sich kritisch mit Inhalten und Personen auseinanderzusetzen. Die Uni Ulm hat sich bereits in einem Forschungsprojekt mit ihrem Gründungsrektor auseinandergesetzt. Wir können von den Ergebnissen direkt profitieren. Die Frage der Straßenbenennung wurde im Stadtrat andiskutiert, was für uns sofort Anlass war, aktiv zu werden und über die neuen Erkenntnisse über Prof. Ludwig Heilmeyer zu informieren.
Waru m die vhs und der Historische Verein gemeinsam als Veranstalter?
Baisch: Mit unserer gemeinsamen Vortragsreihe „Günzburger Geschichtsforum“ bieten wir historische Bildung für unsere Bürgerinnen und Bürger in Günzburg und fördern zudem das Geschichtsbewusstsein. Die Kooperation und Zusammenarbeit hat sich bewährt.
Warum findet die Informationsveranstaltung im Festsaal des BKH statt?
OB Jauernig: Wir wollen dort hingehen, wo die Betroffenen einer möglichen Straßenumbenennung angesiedelt sind. Wir danken den Verantwortlichen der Bezirkskliniken, dass sie unser Gastgeber für diesen interessanten Vortragsabend sind.
Für wen ist diese Veranstaltung?
Demmel: Natürlich wenden wir uns an die gesamte Öffentlichkeit. Insbesondere aber wollen wir den von einer Umbenennung betroffenen Anliegern und Anwohnern eine Informationsplattform bieten. Baisch: Des Weiteren ist die Veranstaltung für die politischen Entscheidungsträger, für die Mitglieder des Historischen Vereins und Kunden der vhs, sowie natürlich alle interessierten Bürgerinnen und Bürger. Es soll aber zum jetzigen Zeitpunkt nicht um eine Vorfestlegung oder Entscheidung für oder gegen eine Straßenumbenennung gehen.
Inwiefern unterstützt die Stadt die vhs und den Historischen Verein bei der Veranstaltung? OB Jauernig: Wir begrüßen ausdrücklich, dass die vhs und der Historische Verein gemeinsam die Veranstaltung in unsere Stadt holen. Sie dient unseren Bürgerinnen und Bürgern zur Information, den Entscheidungsträgern einer möglichen Umbenennung und vor allem den Bewohnern, Einrichtungen, Kliniken, Praxen, Gewerbebetrieben und Vereinen, die die Adresse „Ludwig-Heilmeyer-Straße“ haben. Genau diese sind alle von uns als Stadt und von mir persönlich angeschrieben und für den 17. Mai eingeladen worden. Außerdem unterstützen wir in der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit.
Wer entscheidet über eine mögliche Umbenennung und wie werden Betroffene in den Prozess eingebunden?
OB Jauernig: Die Frage „Umbenennen – ja oder nein?“ beantwortet der Günzburger Stadtrat nach eingehender Prüfung. Im Jahr 2018 leben wir in einem neuen zeithistorischen Kontext und wir müssen uns die Frage stellen, ob die Person Ludwig Heilmeyer noch so bewertet werden kann, dass eine Würdigung über eine Straßennamenvergabe gerechtfertigt und richtig ist. Wie schon erwähnt, haben wir alle Anlieger auf die Problematik hingewiesen und vorab zur Informationsveranstaltung eingeladen. Uns ist ganz wichtig, diese Menschen von Anfang an miteinzubeziehen. Nach dem Vortrag geben wir den Anwesenden z.B. die Möglichkeit, direkt ihre Meinung zu äußern.
Was passiert in den Städten Freiburg und Ulm?
OB Jauernig: Die Stadt Freiburg hat auf der Basis der Empfehlungen eines eingesetzten Expertengremiums ihre Ludwig-Heilmeyer-Straße zusammen mit weiteren, aus heutiger Sicht kritischen Straßennamen umbenannt. Die Stadt Ulm hat eine Arbeitsgruppe zum Thema Straßennamen eingesetzt, die von Fachleuten beraten wird. Sie befindet sich also noch mitten im Entscheidungsprozess.