Wirtschaft in Zeiten des Wandels
Im Gespräch mit Nina Kappler über Wirtschaft im Raum Günzburg
Mit Nina Kappler, Geschäftsführerin Kappler Pharma Consult GmbH und Vorstandsvorsitzende der Wirtschaftsjunioren Günzburg, sprachen wir darüber wie es ist als junge Frau mit Kindern an der Spitze eines Pharmaunternehmens und einer Wirtschaftsvereinigung zu stehen.
myheimat: Sehr geehrte Frau Kappler, Sie sind Geschäftsführerin bei der Kappler Pharma Consult GmbH und Vorstandsvorsitzende der Wirtschaftsjunioren Günzburg bitte stellen Sie sich und Ihr Unternehmen einmal kurz vor.
Nina Kappler: Ich bin Apothekerin, 33 Jahre alt, verheiratet und Mutter von zwei Kindern (vier Jahre und ein Jahr).
Seit fünf Jahren leite ich das Dienstleistungsunternehmen Kappler Pharma Consult mit Sitz in Leipheim.
Mit einem derzeit 13-köpfigen Team unterstützen wir Pharmafirmen dabei ihre Arzneimittel zuzulassen und beraten bei der Erstellung, Aktualisierung und Einreichung der dafür notwendigen Unterlagen.
myheimat: Als Vereinigung von Unternehmern setzen sich die Wirtschaftsjunioren ein für…
Kappler:
- die Förderung des Unternehmertums
- Bildung und Weiterbildung
- wirtschaftsfreundliche Rahmenbedingungen
- nachhaltiges Wirtschaften
- das Wahrnehmen der sozialen Verantwortung
Zusammengefasst: als Wirtschaftsjunioren engagieren wir uns gesellschaftlich und beteiligen uns politisch.
Dabei profitieren wir von unserem belastbaren Netzwerk, dem internationalen Austausch und der Möglichkeit für persönliche Weiterentwicklung.
myheimat: Wie wollen sie diese Ziele erreichen?
Kappler: Im Netzwerk von rund 10.000 jungen Unternehmern, Unternehmerinnen und Führungskräften leisten wir lokal in ca. 215 Kreisen und international unseren Beitrag. Es gibt viele kleine Projekte und einige große Initiativen. Um drei Beispiele zu nennen:
- Wirtschaftswissen im Wettbewerb, ein bundesweiter Wettbewerb, der Schülern ein wirtschaftliches Grundwissen vermittelt,
- Know-how transfer, ein Format, bei welchem 200 Führungskräfte für eine Woche 200 Abgeordnete des Bundestags begleiten
- Seminare und Workshops zu Themen wie Führung und Digitalisierung.
Im Kreis Günzburg vernetzen wir uns bei regelmäßigen Stammtischen, inspirieren uns bei Betriebsbesichtigungen und stehen im Austausch mit Vertretern der Politik.
myheimat: Was bedeutet für sie „ehrbares Unternehmertum?“
Kappler: Für mich bedeutet „ehrbares Unternehmertum“, neben dem Ziel „wirtschaftlicher Erfolg“ moralische und ethische Grundsätze nicht außer Acht zu lassen. Vielmehr sollte die Rolle als Unternehmer und der sich daraus ergebenden Verantwortung genutzt werden, um sich auch sozial und gesellschaftlich zu engagieren.
myheimat: Welche Rolle spielen für Sie als Unternehmerin die Vereinbarkeit von Beruf und Familie?
Kappler: Eine sehr große! Als Mutter von zwei Kindern kämpfe ich täglich dafür eine der Situation angemessene Gewichtung zu erreichen. Regelmäßig scheitere ich an meinen eigenen Ansprüchen und den (vielleicht nur gefühlten?) Erwartungen des Umfelds. Ich erlebe es immer wieder, dass Frauen automatisch die Hauptansprechpartner für alles rund ums Kind sind – obwohl der Vater beispielsweise in Elternzeit ist, wie in meinem Fall.
Als Unternehmerin habe ich den Vorteil meine Arbeitszeiten selbst zu definieren. Das klingt nach viel Freiraum, in der Realität arbeite ich jedoch Vollzeit. Meinen Gestaltungsspielraum nutze ich auch insofern, dass ich für meine Mitarbeiter individuelle Arbeitszeitmodelle und Konzepte anbiete. Bisher sind die meisten Mitarbeiter bereits in der Elternzeit wieder eingestiegen, das zeigt mir, dass das der richtige Weg ist.
myheimat: Nachhaltigkeit und Umweltschutz – wie wollen die Wirtschaftsjunioren diese Zukunftsthemen für sich nutzen, um auch in Zukunft profitable Geschäfte tätigen zu können?
Kappler: Im Wandel der Wirtschaft in Richtung Klimaneutralität stecken große Chancen. Die erfolgreiche Transformation kann zu einem echten Wettbewerbs- und Standortvorteil werden. Unsere Mitglieder profitieren durch den Austausch im Netzwerk aus Gleichgesinnten. Bei verschiedenen regionalen und überregionalen Veranstaltungen wird Wissen geteilt und Strategien werden erarbeitet.
Politisch setzen sich die Wirtschaftsjunioren dafür ein, dass die Rahmenbedingungen profitable Geschäftsmodelle zulassen und der Standort Deutschland attraktiv bleibt.
myheimat: Eine junge Frau an der Spitze eines Pharma-Unternehmens und der Wirtschaftsjunioren – heute selbstverständlich oder immer noch eine Ausnahme?
Kappler: Für mich persönlich schon immer selbstverständlich. Mein enges Umfeld hat mir immer alles zugetraut. Erst als ich bereits in der Rolle der Unternehmerin war, fiel mir auf, dass das nicht unbedingt für alle „normal“ ist. Bei vielen Veranstaltungen mit Vertretern der Pharmaindustrie ist die Frauenquote deutlich unter 50 Prozent. Trotzdem wurde mir nie das Gefühl vermittelt, dass ich dort nicht erwünscht bin – im Gegenteil.
Bei den Wirtschaftsjunioren habe ich noch keine Situation erlebt in der das Geschlecht eine Rolle gespielt hat. Auch Frauen im Vorstand sind keine Ausnahme. Trotzdem engagieren sich weniger Frauen als Männer, was sicherlich auch an der Aufteilung der Care-Arbeit in den Familien und der angesprochenen Vereinbarkeit liegt.
myheimat: Wann wird es Ihrer Meinung nach so selbstverständlich sein, das niemand mehr diese Frage stellen muss?
Kappler: Diese Frage habe ich mir auch bereits beim Lesen anderer Interviews gestellt. Wir sind auf einem guten Weg. Der Wandel braucht aber Zeit, viele engagierte Mitstreiter und Vorbilder. Bis es in allen „Bubbles“ und Gesellschaftsschichten als selbstverständlich wahrgenommen wird, dauert es sicherlich noch einige Zeit. Die Notwendigkeit der Frage kommt also auf den Kontext und die Zielgruppe an.
Das Interview führte Florian Handl