Vier Jahrzehnte im Günzburger Stadtrat Günter Treutlein feiert Jubiläum – 100 Ordner dokumentieren die Zeit
Es ist ein ganz besonderes Jubiläum, was der CSU-Stadtrat, Günter Treutlein, feiern darf: 40 Jahre am Stück sitzt er nun im Günzburger Stadtrat. Zu seinem „Markenzeichen“ ist sein Archiv geworden: seit seiner ersten Stadtratssitzung 1978 legt er alle Unterlagen in Ordnern ab. Heute dokumentieren etwa 100 Ordner seine Ratszeit. Ein kleines Interview.
Erzählen Sie von Ihrem berühmten Archiv. Pro Jahr ist es ein Ordner an Sitzungsprotokollen nur aus dem Stadtrat, die Ausschüsse sind separat. Zu Beginn meiner Amtszeit war ich im Jugendausschuss, heute ist es u.a. der Bauausschuss und der Haushaltsausschuss. Presseartikel sammle ich erst seit 1984. In jedem Ordner habe ich dasselbe Register nach Themen. Die verschiedenen Parteien, Energie, Schulen, Kirchen uvm. Der aktuelle Artikel kommt immer oben auf die bisherigen. Das erleichtert das Einordnen.
Was hat sich über die Jahre hinweg im Stadtrat verändert? Am Anfang bestand der Hauptausschuss nur aus den vier Fraktionsvorsitzenden und nur diese hatten die Unterlagen. Heute wird dieser nach Parteisitzen zusammengesetzt und wir verfügen alle über alle Informationen.
Wie beschreiben Sie das Klima im derzeitigen Stadtrat? Das Klima heute ist hervorragend. Das war vorher nicht immer so. Es geht uns allen um das Gemeinwohl. Wir wollen unsere Stadt gemeinsam voran bringen. Wir sprechen über Ideen und Anträge und lehnen diese nicht einfach nur ab, weil sie von einer anderen Partei kommen.
Was sind Ihre drei wichtigsten Projekte über die 40 Jahre hinweg? Das war zum einen der Neubau des Forums am Hofgarten als Kulturzentrum mit Strahlkraft. Die Altstadtsanierung gehört für mich dazu, also das Farbenfreudige und auch die Barrierefreiheit des Marktplatzes. Auch die Gerätehäuser unserer Feuerwehren sind ein großer Themenblock. Die Wehren in unseren Stadtteilen und jetzt in der Kernstadt. Daran haben wir über 15 Jahre gearbeitet.
Sie zählen zusammen mit Peter Lang zu den Gründervätern der Städtepartnerschaft Günzburg - Lannion. Wie kam es dazu und warum genau die bretonische Stadt Lannion, über 1.200 km entfernt? Wir wollten das zur ersten Europawahl 1079 machen und hatten etwa drei Städte im Auge. Es sollte eine französische Stadt sein, aufgrund des deutsch-französischen Konflikts, dann wegen De Gaulle und Adenauer. Unser Wunsch war es auch, dass die Städte unterschiedlich sind, was wir mit Lannion auf ganzer Linie geschafft haben. Dort das Meer, hier die Nähe zu den Alpen. Bayern und die Bretagne, das passt einfach. Wir wendeten uns damals an das französische Konsulat. Nach einigen Steinen im Weg erfuhren wir, dass die Stadt Lannion in der Bretagne auch auf der Suche nach einer Städtepartnerschaft war, wir gründeten das Partnerschaftskomitee und so entstand über die Jahre hinweg eine wunderbare Freundschaft.
Was ist Ihre Lieblings - Anekdote aus den 40 Jahren Stadtrat? Das ist eine Geschichte aus den 1990ern: Wir hatten über den Bau eines Spielkasinos von einem Augsburger Investor zu entscheiden und es war eine ganz knappe Abstimmung. Es ging um eine Stimme für oder dagegen. Allerdings wollte ein Stadtrat nicht Partei ergreifen, enthalten ging nicht, also ging er einfach auf die Toilette.
Wenn jetzt schon einen Lieblings - Moment aus der jetzigen Amtsperiode wählen müssten, welcher wäre das? Dann wären das insgesamt die Klausurtagungen, die wir jährlich abhalten. Weil man mehr Zeit hat für gewisse Punkte hat und das macht sich danach in den Ergebnissen positiv bemerkbar. Wir diskutieren sehr viel und wägen ab. Unsere Überparteilichkeit, die wir in dieser Amtsperiode wirklich sehr pflegen, bringen wir Günzburg, unsere Stadt gut voran.
Wie prägt einen denn dieses lange Engagement ? Man geht wirklich mit anderen Augen durch Orte oder liest fremde Lokalzeitungen, wenn man wo zu Besuch ist. Ich schaue immer, was haben die und wir nicht, was könnte man ausprobieren und was ging schief.
Berechnet man nur die Zeit der Stadtratssitzungen bei einer 40 Stunden-Woche, hätte der 69-Jährige inzwischen zweieinhalb Jahre vollgebracht. „Ich würde es genauso wieder machen und wenn ich wieder gewählt werde, mache ich selbstverständlich weiter“, erklärt Treutlein.