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Energiewende - Zwischen Wunsch und Wirklichkeit

  • Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) und Prof. Dr.-Ing. Helmut Alt
  • hochgeladen von Hans Joas

Das ursprüngliche Energiekonzept der Bundesregierung vom Herbst 2010, das die Kernenergie noch als „Brückentechnologie“ sah, wurde durch das Reaktorunglück in Fukushima zur Makulatur. Japan hat vieles verändert und führte weltweit bisher allein in Deutschland zur „Energiewende“. Die Hanns-Seidel-Stiftung hat sich dieser „Energiewende“ als diesjähriges Schwerpunktthema angenommen. Mit einer Reihe von Informations- und Diskussionsveranstaltungen in den Bildungseinrichtungen Kloster Banz, Wildbad Kreuth und im Konferenzzentrum in München, ebenso aber auch durch die Regionalbeauftragten vor Ort wird der Dialog mit der Bevölkerung gesucht. Mit Prof. Dr.-Ing. Helmut Alt von der FH Aachen, University of Applied Sciences, informierte und diskutierte dazu ein profilierter Experte in Augsburg, Dillingen, Günzburg und im Ostallgäu an Schulen und bei öffentlichen Veranstaltungen. Ist es Zufall, dass nur ehemalige Politiker die nicht mehr gewählt werden wollen oder Emeriti unserer Hochschulen die Wahrheit sagen? Was soll der Stromkunde denn glauben, wenn die Politiker aller Parteien und viele der Verantwortlichen unserer Energieunternehmen – die allerdings in aller Regel Banker, Volkswirte, Lehrer oder Juristen, aber keine Elektrotechniker sind, - selbst verkünden, dass der Atomausstieg bis 2020 machbar sei?

Der Professor aus Aachen beleuchtete zunächst das politische Umfeld. Eine realistische Energiepolitik sollte sicher, preisgünstig, verbraucherfreundlich, effizient, umweltverträglich und unabhängig sein. Mangelnde Sachkunde in der Diskussion und bei den politischen Entscheidungsträgern lassen bei ihm jedoch große Zweifel aufkommen. Das zeigte sich bereits bei der Berufung und Zusammensetzung des Ethikrates. Kein einziger Fachmann aus dem Kraftwerks- und Energieversorgungsbereich sei dabei.

Die zufällige Entdeckung der Kernspaltung durch Otto Hahn und Lise Meitner im Jahre 1938 führte zunächst durch die Amerikaner zum vernichtenden Einsatz im Zweiten Weltkrieg und dann unter ethischer Verantwortung zur friedlichen effizienten Energiegewinnung. Dies wird von der Bevölkerung zwischenzeitlich mehrheitlich nicht mehr gewünscht. Dabei war die Entwicklung revolutionär und führte zu annehmbaren Energiepreisen. Brachte je 1 kg Holz 3,5 kWh, Kohle 8 kWh, Gas 11 kWh, ,1 kg Uran gleich 20 Mio. kWh. Der Ausstieg aus der Kernenergie im März dieses Jahres erforderte pro Tag auf einen Schlag 7 Mio. € Mehrausgaben für elektrische Energie. Deutschland wurde dazu vom Exporteur zum Stromimporteur.

Erstes Gebot ist auch für Professor Alt das Einsparen elektrischer Energie. Doch wie kann bis 2020 der Bruttostromverbrauch aus erneuerbaren Energien 35 Prozent und bis 2015 sogar 80 Prozent betragen? Illusionisten gehen sogar von einhundert Prozent aus. Sicher lag die Stromgewinnung aus Wasserkraft vor 120 Jahren in Deutschland bei weit weniger Bedarf schon einmal bei dieser Wunschvorstellung und liegt jetzt bei lediglich ca. 5%. Die „Energiewende“ gilt als neue Herausforderung. Sonne, Wind und Biomasse kamen als erneuerbare Energien dazu. Doch neue Fragen tauchten auf: Dürfen z.B. Nahrungsmittel verbrannt werden? Dazu wird mit Braun- und Steinkohle sowie Gas Dampf und damit Strom erzeugt.

Die Zukunft erfordert neue Anlagen und zusätzliche Stromleitungen. Strom muss von Norden in den Süden transportiert werden, auch wenn Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer die Eigenversorgung mit Biogasanlagen und Windrädern im Freistaat deutlich erhöhen möchte. Nur noch vier große Netzbetreiber teilen sich die Bundesrepublik Deutschland. Tatsache ist, dass kein großes Interesse am Betrieb der Netze besteht. Stromleitungen leiten nicht mehr alleine Energie von den Kraftwerken zu den Häusern sondern jetzt auch umgekehrt von den Photovoltaikanlagen und den Windkraftanlagen zu den großen stromverbrauchenden Unternehmen.

Professor Alt ging weiter der Verfügbarkeit der einzelnen Anlagen nach. Was brauchen wir? Was haben wir? Was kostet es? Wer ersetzt wann welche Energie? Unabdingbar werden Gas- und Dampfturbinenanlagen gebraucht werden. Doch Gas kommt fast ausschließlich aus Russland und bringt uns wieder in die Abhängigkeit! Die Sonne scheint nicht Tag und Nacht und Wind weht auch nicht immer. Zu den Zeiten minimaler Windleistung die in jedem Monat kurzzeitig auftreten, helfen auch beliebig viele Windenergieanlagen nicht weiter. Große Strommengen können dazu noch nicht ausreichend gespeichert werden. 2.287 h erneuerbare Energien sind derzeit verfügbar – 8.760 h wären der jährliche Bedarf!

Die Kosten im Stromerzeugungsmix reichen von 3,5 Cent durch Kernenergie und Braunkohle bis zu 43 Cent bei Photovoltaik. Subventionen treiben die Stromkosten in die Höhe. Erste Kürzungen z.B. bei der Photovoltaik sind bereits beschlossen. Die besten Kernenergieanlagen werden abgebaut. Der Vergleich der Verfügbarkeit von Kernkraftwerken, Windkraft und Sonne müsse erlaubt sein. Für Professor Alt ist es die „Vertreibung aus dem Garten Eden“: Die modernen Probleme der „Dornen und Disteln“ ist die Energiever- und –entsorgung. Die Strombörse in Leipzig richtet sich nach Angebot und Nachfrage und nicht nach Energieerzeugungskosten. „Mit der Sehnsucht wurde die Realität verdrängt“ – Wunsch und Wirklichkeit gehen auseinander. Dies gelte auch für strombetriebene Autos. Es funktioniert nicht wie bei Eisen- und U-Bahn. Diese sind linien- und leitungsgebunden und müssen den Strom nicht mitführen.

Was ist die Wirklichkeit? Sicher ist, bei der Energiewende müssen alle mitmachen, wir werden Gas- und Dampfturbinenwerke brauchen um bedarfsgerecht Energie bereitstellen zu können. Doch wer wird zu welchen Bedingungen Ersatzkraftwerke vorhalten? Je mehr erneuerbare Energien zum Einsatz kommen, umso weniger rechnen sich GuD. Energiegewinnung hat schon immer Opfer gefordert, ob es Umsiedlungen zum Kohleabbau war oder erforderliches Land bei der Anlegung von Speicherseen. Die Energiekosten beeinflussen auch den Wettbewerb im Land und unter Nationen. Wenn nur noch teuer subventionierte erneuerbare Energien produziert werden, kann es keinen günstigen Energiemix mehr geben. Der derzeitige Durchschnittspreis bei der Energieerzeugung liege bei 6,22 Cent. Energieeffizienz war schon immer der Schlüssel zu einer im Wettbewerb erfolgreichen Produktvermarktung und wirtschaftlicher Produktion. Energie ist nicht alles, aber mit – im globalen Markt nicht bezahlbarer Energie – ist alles nichts!

Der Referent bleibt trotzdem Optimist. Es gibt noch viel zu tun, packen wir es an. Wer es nicht versucht, hat schon verloren. Doch Mehrheitsentscheidungen sind keine Naturgesetze die es halt zu beachten gilt. An Einsparungen kann jeder mitwirken, Speicherprobleme sind eine Herausforderung für die Forschung und Wissenschaft. Zustimmung gilt den Worten von Bundespräsident Joachim Gauck beim jüngsten Wechsel des Bundesumweltministers: „Die Energiewende wird nicht in ein handvoll Jahren gelingen“.

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