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„Summa summarum bargen Erhardts Kisten sehr viel Hübsches für ’nen Pianisten." - „Die Zeit“ am 19. Februar 09 „Heinz Erhardt mal klassisch“

heißt es am Freitag, 18. September (ab 20 Uhr) im AuGuSTheater Neu-Ulm. Das ist ein Bühnen-Programm mit seinen bis jetzt praktisch unbekannten, romantischen Klavier-Kompositionen, jeweils zur Musik passenden Gedichten und kabarettistischen Schmankerln, geboten von der japanischen Star-Pianistin Chie Ishii.

Es ist ein unterhaltsames und abwechslungsreiches Bühnenprogramm auf hohem Niveau für Musikfans und Theatergänger, ein für Heinz Erhardt-Fans und für Erhardt-„Neulinge“ gleichermaßen ein wirkliches Highlight. Chie Ishii erzählt auch auf charmante Weise die Lebensgeschichte von Heinz Erhardt (geht auch auf die sonst weitgehend ausgeblendete „ernste“ Seite des Künstlers ein) und bringt – authorisiert von der Familie - private, bis jetzt unbekannt gebliebene Anekdoten.

Als großer Humorist ist Heinz Erhardt (1909-1979) unvergessen. Kaum bekannt ist jedoch, dass Erhardt auch klassische Klavierkompositionen ge¬schrieben hat.Erst vor wenigen Jahren, lange nach dem Tod des Vaters, ha¬ben die drei Töchter und der Sohn rund 40 handgeschriebe¬ne und schwer zu entziffernde Kompositionen im umfangrei¬chen Nachlass des Vaters gefunden.

Die „Berliner Woche“ zitiert Erhardt-Tochter Marita Malicke-Erhardt: „Wir haben die Notenblätter dann zur Musikhochschule Hamburg gebracht, aber die kamen damit auch nicht zurecht." Das Blatt schreibt dann weiter: „Da musste erst Chie Ishii aus Japan kommen. Der stadtbekannten klassischen Starpianistin und Rocklady an der Bassgitarre aus Schöneberg ist es schließlich gelungen, die offenbar arg schwierigen Erhardt-Kompositionen zu entschlüsseln und am Flügel zu intonieren. “ und lässt dann die Musikerin, die 1963 in Tokyo geborene und seit 1991 in Berlin (und Ravensburg) lebende Gewinnerin mehrerer Klavier-Wettbewerbe selbst zu Wort kommen:, „Der Mann hatte es echt drauf, seine Kompositionen sind knüppelharte Klassik vom Feinsten."

Das Wochenblatt „Die Zeit“ schrieb am 19. Februar 09 unter anderem: „…man sollte nicht den Fehler begehen, diese Charakterstücke als Freizeitausgleich zum Kerngeschäft des Humoristen zu bewerten. Legt man sich die Noten aufs Klavier und meistert kleine Schwierigkeiten, dann gibt sich Erhardt auch hier als zwinkernder Verdreher von Logik und Erwartung zu erkennen. Nehmen wir den Walzer eines Wahnsinnigen in d-moll, wo uns eine Spielanweisung des Meisters überrascht: ‚Es ist sehr gut, wenn man jeden Takt in verschiedener Geschwindigkeit und Tonstärke spielt, um das Wahnsinnige zu betonen.’ Folgt man dem Imperativ, wird das Stück zur Beschleunigungsfantasie, die als monströse Akkordshow mit lachhaften Dreiklangsbrechungen auftritt. Vermerk obendrüber: ‚H. Erhardt, 19. V. 25’.
Das ist nicht irgendeine Zeit – es ist das Jahr, in dem der französische Sonderling Erik Satie starb, in dem der Dadaismus wieder aufflammte und in dem Erwin Schulhoff das Klavier zum klassischen Jazzinstrument machte. Erhardt absolvierte ja in Leipzig eine Ausbildung zum Musikalienhändler und kam so mit Musik der Moderne in Kontakt. Da er heimlich mit dem Beruf des Pianisten liebäugelte, belegte er zudem Klavier und Komposition am örtlichen Konservatorium. So entstand eine private Ästhetik, die zwischen Dada und amerikanischen Tanzrhythmen changiert, etwa in der Komposition Riga, die sich als einwandfreier Foxtrott entpuppt.
Was Kontrapunkt und Stimmführung betrifft, so bevorzugt der Komponist Erhardt, stets im Einklang mit der Tonalität, vollgriffige Ballungen, schreibt aber auch kahle Flächen mit leeren Akkorden. In die Programmmusik wagt sich Erhardt beim Spuk im Schloss vor, der eines versierten, chromatische Skalen nicht fürchtenden Pianisten bedarf. Wie eine Abschreckung von Laien wirkt der Flohmarsch, bei dem ein aparter Tritonus Juckreiz erzeugt.“
„Die Zeit“ fasst so zusammen: „Summa summarum bargen Erhardts Kisten sehr viel Hübsches für ’nen Pianisten.“

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