Glücksspiel in der Oper Tschaikowskis Pique Dame feiert Premiere bei den Opernfestspielen Heidenheim
Drei, sieben, Ass: Mit diesen Glückskarten kann jedes Spiel gewonnen werden. Doch entwickelt sich diese Zauberformel bei Peter Tschaikowskis vorletztem Bühnenwerk, Pique Dame, zur Glücksspieltragödie. Als zentrale Festivaloper 2019 steht sie auf dem Programm der diesjährigen Opernfestspiele Heidenheim und feiert ihre Premiere in der Inszenierung von Tobias Heyder am 5. Juli. Weitere sieben Aufführungen finden bis zum 27. Juli statt.
Tschaikowskis Oper entstand in einer Zeit, in der der Komponist von Depressionen heimgesucht wurde. Anfangs fiel es ihm schwer, sich auf das Komponieren zu konzentrieren. Das Libretto seines jüngeren Bruders - Modest Tschaikowski - jedoch ermöglichte ihm einen Zugang zu dem Stoff um tragische Liebe und krankhafte Spielleidenschaft. Schonungslose Charakterstudien treffen mit Gesellschaftskritik vor dem Hintergrund einer Welt aufeinander, in der sich Traum, Mystik und Realität miteinander vermischen. Die Bühnenhandlung nach der gleichnamigen Puschkin-Novelle entpuppt sich als zeitlose Parabel über die Frage, ob und wie Glück zu bannen, zu berechnen bzw. zu erzwingen sei. „Die ‚russische Carmen‘ – Weltrepertoire und dabei kein Mainstream – ist eine stimmige wie herausfordernde Programmwahl, weil in diesem Werk Tschaikowskis rauschhaft-labiler und letztlich immer selbstgefährdender Lebenszustand erzählt wird“, erläutert Matthias Jochner, städtischer Kulturchef und organisatorisch Verantwortlicher für die Festspiele. Bereits die Uraufführung der Oper am 19. Dezember 1890 in Sankt Petersburg wurde mit Begeisterung aufgenommen und setzte die Erfolgsserie des Komponisten fort, der bereits mit seinen Werken wie der Oper Eugen Onegin sowie den Balletten Schwanensee und Dornröschen große Popularität errungen hatte.
„Die Geschichte atmet große Intensität. Musikalisch ist das Werk ohnehin über jeden Zweifel erhaben“, begeistert sich Marcus Bosch für diese Partitur, die im Heidenheimer Rittersaal erstmals zur Aufführung kommt. Es gibt also gleich mehrere gute Gründe, dieses romantische, russische Meisterwerk auf die Bühne zu bringen.
Herausragende Solisten werden das Ihre zum Gelingen beitragen: Die männliche Hauptpartie des spielsüchtigen Offiziers Hermann gestaltet George Oniani, dessen „fokussierte Tenorstimme“ (Frankfurter Rundschau) den Heidenheimern noch von dem Mascagni-Leoncavalli-Doppelabend 2014 in allerbester Erinnerung sein dürfte. Für Gabriele Scherer, in der Rolle der unglücklich verliebten Lisa, springt die armenische Sopranistin Karina Flores ein. Marcus Bosch dirigiert das Festspielorchester Stuttgarter Philharmoniker sowie den Festspielchor Tschechischer Philharmonischer Chor Brünn, eines der vokalen Spitzenensembles in Europa.
Einführungsveranstaltung Pique Dame Am Sonntag, dem 30. Juni (11 Uhr, Schlosskirche Schloss Hellenstein, Eintritt frei) laden die Opernfestspiele Heidenheim zur Matinée zu Pique Dame ein und geben einen Vorgeschmack auf die bevorstehende Premiere. Das Kreativteam um Marcus Bosch gibt Einblicke in den Probenprozess und das Konzept der Inszenierung. Das Publikum erhält hier Informationen aus erster Hand – von der Umsetzung der Oper über die Schicksale der Protagonistinnen und Protagonisten bis hin zu den Verknüpfungen des diesjährigen Festivalmottos „Glück“. Die Veranstaltung wird mit musikalischen Kostproben der Solistinnen und Solisten der OH! abgerundet.
Weitere Programmhöhepunkte
Junge Oper Gold! Bereits traditionell und doch immer wieder neu nimmt Heidenheim 2019 das jugendliche Publikum in den Blick, diesmal mit der Kinderoper Gold! (Premiere 26.6.), in der Flora Verbrugge (Libretto) und Leonard Evers (Musik) frei nach dem Grimm-Märchen Vom Fischer und seiner Frau eine Fantasiegeschichte über das auf die Bühne bringen, was im Leben wirklich glücklich macht. Und dies ist (Achtung Spoiler!) eben doch nicht die sofortige Erfüllung jedweden Wunsches. Von einem Schlagzeuger und einem Sänger gesungen, gespielt und erzählt, ist Gold! ein musikalisches Spiel für die ganze Familie, das europaweit aufgeführt und mit großem Erfolg gefeiert wird.
Zeitgenossen – Die Neue Musik für die Opernfestspiele Heidenheim In der fünften Ausgabe der Zeitgenossen-Biennale der Opernfestspiele Heidenheim ist der Komponist und Flötist Albrecht Imbescheid artist in residence. An drei Veranstaltungen wird der Künstler Neue Musik auf besondere Weise erfahrbar und erlebbar machen. Imbescheid, Jahrgang 1950, ist einer der wichtigsten Protagonisten der zeitgenössischen Musik in Stuttgart. Am drei Veranstaltungen (12.-14.7.) wird der Künstler seine Musik in verschiedene Kontexte, auch den der Bildenden Kunst, stellen.
Einführungsmatinee zu Pique Dame am Sonntag, 30.6.
Am Sonntag, 30. Juni um 11:00 Uhr bekommen Interessierte die besondere Möglichkeit, Einblicke und Hintergründe zur Neuinszenierung von „Pique Dame“ zu erhalten: In der Schlosskirche auf Schloss Hellenstein werden die Künstler des Kreativteams mit dem Kulturchef im Heidenheimer Rathaus Matthias Jochner über die Konzeption der „Russischen Carmen“ sprechen und interessante Details verraten.
Festspieldirektor Marcus Bosch lässt es sich nicht nehmen, persönlich bei dieser Matinee dabei zu sein und über den musikalischen Fortgang der Proben zu berichten: Wie mit den Sängersolisten gearbeitet wird, worauf er sich freut – und wie er die logistische Herausforderung meistert, mitsamt den Solisten für die ersten Sitzproben zu den Stuttgarter Philharmonikern zu reisen. Regisseur Tobias Heyder wird berichten, mit welchem Konzept er Pique Dame auf die Bühne bringen wird; er hat momentan nach seiner Inszenierung von „I Lombardi“ im vergangenen Jahr im CCH in den Proben in der prallen Sonne im Rittersaal mit ganz anderen Herausforderungen zu kämpfen… Bühnenbildnerin Britta Tönne hat ein beeindruckendes Bühnenbild entworfen und bauen lassen und kann dazu spannende Einblicke liefern. Und schließlich ist Kostümbildnerin Verena Polkowski mit auf der Bühne, um nicht nur von den besonderen Bedingungen dieser Produktion im Rittersaal zu berichten, sondern natürlich auch davon, wie ein Kostüm einem Sänger gleich eine ganz neue Identität geben kann…
Und natürlich wird Matthias Jochner als Moderator ganz viel über Tschaikowskis Meisterwerk erfragen, über die Hintergründe und musikalischen Besonderheiten; denn Pique Dame, die „Russische Carmen“, ist eine ganz besondere Oper, etwas abseits vom Mainstream und doch weltbekannt…
Der Eintritt zur Matinée ist kostenlos. Weitere Informationen zu den Opernfestspielen Heidenheim gibt es online auf www.opernfestspiele.de, in der Tourist-Information Heidenheim (Tel. 07321 327 7777) und im HZ-Ticketshop im Pressehaus (07321 347-139).