Dr. Raphael Gerhardt - Stadtarchivar
Die Chronisten der Günzburger Stadtgeschichte
Dr. Raphael Gerhardt, Stadtarchivar und Museumsleiter, bezeichnet das Stadtarchiv als das "Langzeitgedächtnis" der Stadt Günzburg. Eine seiner Kernaufgaben besteht darin, Unterlagen und Dokumente der Stadtverwaltung für künftige Generationen zu erhalten. Und natürlich geht es auch darum, die Geschichte der Stadt mit seinen Stadtteilen über die Jahrhunderte zu erzählen.
Mit Ehrfurcht und Staunen blickt man auf die älteste Urkunde des Stadtarchivs, ungefähr datiert auf das Jahr 1370. Das Dokument ist tadellos erhalten und immer noch gut lesbar. Es räumt Günzburg seine Stadtrechte ein, wieder einmal im Laufe der Jahrhunderte. Nur eines von unzähligen Dokumenten, die insgesamt mehre hundert Regalmeter füllen: Ratsprotokolle, Kauf- und Heiratsurkunden (1586-1808), Lokalzeitungen ab 1823 und Nachlässe sowie Sammlungen Günzburger Persönlichkeiten, um nur einige zu nennen. Aus der jüngeren Vergangenheit kommen noch Tausende von Fotos hinzu, von denen etwa zwei Drittel Ansichten der Stadt Günzburg zeigen.
Zahlreiche Anfragen erreichen das Archiv jedes Jahr: Privatpersonen benötigen oftmals Sterbeurkunden, um ihre Vorfahren weiter zu erforschen. Für wissenschaftliche Zwecke werden Informationen zu bestimmten Häusern, deren Eigentümern, den Bewohnern und dem ausgeübten Gewerbe benötigt. Wenn beispielsweise die Sanierung eines historischen Gebäudes ansteht und der historische Kontext mit berücksichtigt werden soll. Auch Heimatforschern steht das Archiv natürlich offen. Ganz besonders stolz ist Dr. Gerhardt auf seine sogenannte "Graue Literatur". Dabei handelt es sich um Schriften zu Vereins- und Firmenjubiläen, aber auch ganz banale Werbebroschüren. Wichtige Zeitzeugen, denen sonst kaum Beachtung geschenkt wird. Ausgewählte Exemplare und Sammlungen können auch im Heimatmuseum besichtigt werden, das von Julya Berzen, der Wissenschaftlichen Mitarbeiterin des Heimatarchivs, betreut wird. Das Stadtarchiv nimmt auch gerne zeitgeschichtlich relevante Nachlässe entgegen, mit denen die Erben nicht unbedingt etwas anfangen können, und archiviert sie für die Zukunft.
Eine Digitalisierung der Bestände ist angedacht, vielleicht im Verbund mit benachbarten Städten und Gemeinden, um die doch nicht unerheblichen Kosten zu stemmen. Dann lassen sich die historischen Schätze der Stadt Günzburg auch bequem vom heimischen Sofa aus betrachten. Und vereinfacht damit natürlich auch den Zugriff für alle interessierten Forscher.
Hinweis: Dieser Artikel ist bereits vor längerer Zeit in der mittlerweile leider eingestellten Stadtzeitung Augsburg (staz.de) erschienen.