Es lebe der Montagmorgen in der City
Nachdem ein metallic-grün Gelackter mit Ladykillermine seiner Kampfparanoia gefrönt hat, gelingt es mir im zweiten Anlauf, meinen Mittelklasse-Pkw in die Kolonne zu drängen. Ein Farbenlegasteniker boykottiert die Ampelüberquerung; danach gestaltet ein Führerscheinneuling den erneuten Versuch zur Geduldsprobe.
Endlich auf der Hauptstraße, erschwert ein aufgepuzzelter Asphalt das Weiterkommen. Der einzige intakte Straßenabschnitt ist durch Zu- und Ablieferanten mehrspurig versperrt - hinreichender Grund für Last-Minute’ler, ein hitverdächtiges Hupkonzert zu veranstalten. Mein Vordermann, ein Sichthygienemuffel, verhindert mit dem Mittelstreifen zwischen den Rädern minutenlang meinen Ausbruchsversuch Richtung Überholspur.
Und immer wieder finden sich Meister der Gelassenheit, die Vor-, Rein-, Raus- und Dazwischendrängler hinnehmen wie ein unvermeidbares Naturereignis. Auf der Schnellstraße wird meinem Gasfuß durch in der Straßenmitte rollende Geschwindigkeitszuweiser erheblicher Aktionsfrust geboten. Hin und wieder oute ich einige ihr prälunares Syndrom auslebende Traumlenkerinnen. Hautnah neben mir schleichend hält David im Goliathfahrzeug ein quietschgelbes Handy am Ohr. Als die Kreuzung naht, driftet unvorhersehbar ein Heer von Blindschleichen im REMschlaf auf die Abbiegespur, um dann - von der drohenden Doppelampel erschreckt - hektisch wieder auf die Geradeausspur zu schlingern. In Ampelwartestellung genieße ich die Anmache einiger selbstverliebter Ampelcasanovas, die nach einer ziemlich langen grünen Weile dann endlich doch noch in die Gänge kommen.
Aber all das und hin und wieder auch noch mehr kann mir Stoßzeitsüchtiger die Freude an der montäglichen 8.00-Uhr-Stadtdurchquerung nicht nehmen! Dieses Menscheln von Auto zu Auto, wo sonst kann man sich emotional noch so nahe kommen?