"Das ist nicht einfach, aber möglich" - ein Interview mit Jürgen Biffar, Vorsitzender des Gewerbeverbandes Germering
myheimat: Können Sie mit 2-3 kurzen Sätzen erklären, was hinter dem Deutschen Gewerbeverband steht?
Jürgen Biffar: Im Deutschen Gewerbeverband / Bund der Selbständigen e.V. sind Gewerbetreibende, Vertreter freier Berufe und andere selbstständige Unternehmer Mitglied. Der Verband sieht sich zum einen als Interessenvertreter gegenüber der Politik und zum anderen als Dienstleister für seine Mitglieder. Er ist in Bundes-, Landes-, und Ortsverbände gegliedert.
myheimat: Der Deutsche Gewerbeverband Ortsverband Germering hat sich im Juni 2007 personell neu strukturiert. Was versprechen Sie sich von dieser Maßnahme?
Jürgen Biffar: Die Neuwahl wurde erforderlich, weil der bisherige Vorstand nach 10-jähriger Tätigkeit nicht mehr kandidierte. Neu in der Vorstandsstruktur ist die Gliederung in die 6 Bereiche Einzelhandel, Freie Berufe und lokale Dienstleister, Handwerk, Hotel & Gaststätten, Industrie und überregionales Gewerbe sowie Landwirtschaft. Für jeden Bereich ist ein Vorstandmitglied zuständig. Dadurch können wir uns individueller um die Erfordernisse der jeweiligen Unternehmen und Selbständigen kümmern und die Aufgaben auf mehrere Schultern verteilen.
myheimat: Wo sehen Sie noch Erweiterungspotential in den Germeringer Gewerbegebieten?
Jürgen Biffar: Eine wesentliche Ausweitung der Gewerbegebiete über die aktuelle Planung hinaus ist wenig realistisch. Unser Hauptaugenmerk liegt vielmehr auf einer optimalen Nutzung der bereits verfügbaren Flächen. Aus Sicht des Gewerbeverbandes sind der anstehende Bau des OBI-Baumarktes im Germeringer Norden und des Lidl-Marktes im Industriegebiet nicht sinnvoll. Die wertvollen und teuren Flächen sollten Unternehmen mit hoher Ertragskraft und hochwertigen Arbeitsplätzen vorbehalten bleiben. Offenbar haben solchen Betriebe jedoch zu wenig Interesse. Hier muss die Stadt künftig gemeinsam mit dem Gewerbeverband ansetzen und ein wirkungsvolles Standortmarketing betreiben.
myheimat: Wie kann eine vernünftige Balance zwischen wirtschaftlichem Weiterkommen und ökologischen Interessen gewährleistet bleiben? (Nicht alle Flächen können, zum Schutz der Naturräume, als Gewerbeflächen ausgewiesen werden)
Jürgen Biffar: Es sind verantwortungsvolles Handeln und Augenmaß gefordert. Die ungezügelte Ausweisung von Gewerbegebieten darf genauso wenig passieren, wie das sture Beharren auf Prinzipien oder einmal getroffenen Entscheidungen.
myheimat: Inwieweit können Aktionen, wie beispielsweise der Marktsonntag, zu einer öffentlichkeitswirksamen Darstellung des Gewerbeverbandes beitragen?
Jürgen Biffar: Die Marktsonntage werden mit immensem Aufwand in ehrenamtlicher Arbeit von den Vorständen und Mitgliedern des Gewerbeverbandes organisiert und durchgeführt. Es wird ein umfangreiches Unterhaltungsprogramm geboten, unser Einzelhandel öffnet seine Geschäfte. Die an solch einem Sonntag getätigten Umsätze alleine rechtfertigen nicht unbedingt den Aufwand. Daher muss der Marktsonntag aus Sicht des Gewerbeverbandes vor allem die einzelnen Läden mit ihrem Angebot dem Bürger im Bewusstsein verankern, damit dieser wiederkommt. Wenn ein Marktsonntag für Bürger und Gewerbetreibende ein Erfolg ist, fördert das natürlich auch den Ruf des Gewerbeverbandes.
Darüber hinaus möchten wir als Gewerbeverband vor allem durch unsere laufende Arbeit für die Unternehmen und Freien Berufe sowie durch kontinuierliche, sachbezogene Interessenvertretung an Ansehen gewinnen.
myheimat: Was muss getan werden, um die lokale Kaufkraft in Germering zu binden bzw. zu verhindern, dass die Germeringer in die benachbarte Großstadt München fahren?
Jürgen Biffar: Von der geplanten Germeringer Mitte mit ihren neuen Einkaufsmöglichkeiten versprechen wir uns viel. Das Warenangebot soll vor allem die großen Lücken in Germering füllen und als Magnet, auch für auswärtige Kunden, wirken. Dadurch kommt es zu einem Bewusstseinswandel in der Bevölkerung: Ich muss zum Einkaufen nicht mehr nach München fahren. Alle bestehenden Einzelhandelsbetriebe werden davon profitieren. Gleichzeitig – und eigentlich unabhängig von der geplanten Germeringer Mitte - müssen und werden wir gemeinsam mit den Einzelhändlern Maßnahmen erarbeiten, wie wir besser und erfolgreicher werden können. Das ist nicht einfach, aber möglich.
myheimat: Welche Ziele haben Sie für die laufende Amtszeit? Welche Projekte stehen an?
Jürgen Biffar: Der Gewerbeverband hat sich vier Ziele gesetzt.
1. Die Ertragskraft der Germeringer Unternehmer muss gestärkt werden. Dadurch werden die Stabilität der Betriebe und der damit verbundenen Arbeitsplätze erhöht.
2. Germering braucht wesentlich mehr Arbeitsplätze am Ort: sie sind für Germeringer Bürger familienfreundlicher und ökologischer als Arbeitsplätze in München. Und sie stärken die Ertragskraft aller Unternehmer: wer in Germering arbeitet, kauft auch in Germering ein.
3. Germering braucht zusätzliche ertragsstarke Unternehmen mit hochwertigen Arbeitsplätzen – die Stadt muss als Gewerbestandort attraktiver werden. Je mehr Gewerbe in Germering ansässig ist umso mehr beauftragen sich die Betriebe gegenseitig und das Geld bleibt am Ort.
4. Das Unternehmertum muss in Germering stärker verwurzelt werden. Während Soziales, Infrastruktur und Kultur in Germering einen erfreulich hohen Stellenwert bei der Bevölkerung, der Politik und der Verwaltung haben, gilt das für das Gewerbe noch nicht oder nicht ausreichend. Es liegt in der Verantwortung der Unternehmer selbst – und damit des Gewerbeverbandes – dies zu ändern. Wir werden diese vier Ziele nach und nach mit Maßnahmen unterfüttern.
myheimat: Herr Biffar, vielen Dank für das Interview.