Dolomiten-Rundfahrt (Giro de Dolomiti) auch in diesem Jahr unter Beteiligung von Fahrern/innen der Strammen Kette Gehrden.
Der früher in Berlin, jetzt in Ladenburg wohnende Rennradfahrer Hajo Kussin ( 55 )und seine Begleiterin Christina Malvar Garcia, beide Mitglieder der Strammen Kette Gehrden, nahmen auch in diesem Jahr an dem alljährlich ausgetragenen Giro de Dolomiti in Italien teil. Es handelt sich hierbei um ein 6- tägiges schweres Etappenrennen, wobei an jedem Tag zusätzlich ein Bergzeitfahren zu bewältigen ist. Hajo Kussin, der in seiner Berliner Zeit auch schon mal Trainingsrunden mit Jan Schaffrath und Erik Zabel absolviert hat, ist zu den sehr ambitionierten Radlern zu zählen, der auch dann noch nicht aufgibt, wenn andere schon längst vom Rad gestiegen sind.
Für alle, die im nächsten Jahr selbst mal die Herausforderung in den Dolomiten annehmen wollen, hier der anschauliche Bericht von Hajo und Christina.
Radsport Impressionen von Christina und Hajo
Zu der Super Cups Marathonserie 2008 hatten wir uns zusätzlich noch die Radrundfahrt in den Dolomiten auserwählt. Wie immer bei uns war es zeitknapp und somit auch stressig. Schon die Hinfahrt mit mehreren Staus auf der Autobahn war gerade noch zu ertragen, um dann endlich ohne Essen so gegen 20:30 Uhr in Dorf Tirol anzukommen. Das Erschrecken begann jedoch, als wir erfuhren, dass es ab 21:00 Uhr im ganzen Dorf Tirol nichts mehr zu essen geben sollte. Panik pur bei uns, da am nächsten Tag bereits um 8:00 Uhr morgens in Bozen der Start erfolgen sollte. Vorstellbar für jeden ist sicherlich unsere wachsende Verzweiflung, mit eventuell leeren Magen ins Bett zu gehen? Mit etwas Glück (jedoch begleitet von nicht gerade begeisterten Gesichtern) bekamen wir dann doch noch ein Abendessen, was nicht gerade den gewünschten Energieschub erzeugte.
Erstaunlicherweise hatten wir trotzdem sehr gut geschlafen und kurz danach waren wir schon in Bozen am Start, um in das Giro de Dolomiti- Abenteuer zu rollen. Etwas über 800 Radler standen da wie ein bunter riesigen Fleck! „Ob das gut geht mit dem Verkehr und so …, überlegte ich (Christina)?“ Und im nu rollten wir dann schon in Windeseile über den Asphalt. Bunt gemischt aus allen denkbaren Nationen. Fröhlich summend wie ein Bienenschwarm, der sein Nest zu einem Ausflug verlässt. Noch waren alle so glücklich, grüssten sich, erzählten, lachten, machten kleine Scherze untereinander, so wie es den Radlern am besten gefällt, immer schön bissig und zynisch bleiben und das breite Grinsen bitte nicht vergessen ;-)
Auf einmal wurde die Veranstaltung doch ziemlich ernst, denn es wurde ein Zeitfahren eingeschoben mit einer Länge von ca. 10,5 km, und alles bitte immer schön den Berg hoch und vor allem immer schön steil, denn nur maximal steile Berge lohnt es, sie zu erobern. Alles andere macht keinen Sinn. Und schon fuhren sie los wie von der Tarantel gestochen. Sie fuhren um ihr Leben, sie litten, sie schwitzten wie die Schweine, so mancher fluchte sogar. Sie überholten sich gnadenlos um später noch gnadenloser und erbärmlicher einzubrechen. Sie machten dieses Spielchen immer weiter bis sie endlich über die Matte und den Zielstrich rollten. Gleich hinterher kam der nächste Kampf. Wie bekommt man bei 800 Sportlern genug zu essen und trinken? In dem man sich dazwischen drängt, die Leute wegschubst, ihnen die Flasche weg nimmt, sich ganz viel Essbares in den Mund steckt und wie ein erbärmlicher Hamster aussieht. Die Einheimischen haben nicht schlecht geguckt und analysierten dieses armselige Essverhalten im Stillen. So mancher blieb jedoch diesen ganzen Trubel fern (vor allem meistens wir). Zum Glück gab es immer wieder nette Cafés, in denen der Cappuccino und die Croissants köstlich schmeckten. Dieses Szenario wiederholte sich in jeder Etappe und an jedem Verpflegungspunkt. Viel bewundernswerter dagegen war das Mittagessen, dort herrschte ein wenig mehr Disziplin. Vollgetankt rollte die Kolonne dann mit viel Schub bis ins Ziel. Wunderbar war zu beobachten, wie Autofahrer stehen blieben! Wenn wir kamen rollten nur noch wir Radler im riesigen Pulk über die gesamte Strasse, das war eine sehr seltene Radler-Freude. Vor allem konnte man hinter den Autofenstern sehen, wie die Autofahrer am Straßenrand litten und ihre Augen nicht trauten. So mancher fragte sich bestimmt, woher kommt dieses riesige Radler-Nest? So schnell wie wir auftauchten waren wir auch wieder weg.
Auf diese Weise belagerten wir die Dolomiten- Strassen sechs Tage lang. Eine ganze Woche, in der das Timmels- , Grödner- und Stilfser-Joch, der Kronplatz und noch so manch anderer Berg der Sellarunde unser Stöhnen, Rülpsen und Fluchen über sich ergehen lassen musste.
Das ganze wurde durch ein majestätisches Gewitter mit Eisregen am Grödnerjoch noch gekrönt. Die Natur schickte uns eine merkliche Abkühlung, diese war sicherlich zum Anfang noch ganz willkommen, da wir bereits ziemlich überhitzt waren und der Schädel zu explodieren drohte.
Jedoch mit dem Regen und Hagel kamen dann auch Tränen und Rutschpartien. Wasser im Überfluss schoss über den eben noch heißen Asphalt, dieses machten die Sicht in den Serpentinen fast unmöglich. Trotz aller Vorsicht war es die Abfahrt ins Ungewisse. Irgendwie kommt man unten sowieso immer an. Und wie ein Wunder kamen auch alle ins Ziel. Irgendwie. Egal. Sie waren da und heil. Vielleicht mit kleinen Blessuren, durchnässt und halb erfroren, aber sie konnten noch rollen, was sowieso das wichtigste ist.
Nächstes Jahr wird die 33. Dolomiti Rundfahrt bestritten. Wer diese wechselnde Episoden und unter passionierten Rennradlern eine Woche erleben möchte, sollte sich gut vorbereiten. Mit Gewissheit wird es keine „Schnulli-Tour“, bestimmt jedoch wird jeder Giro de Dolomiti für alle ein unvergessliches Erlebnis bleiben.
In diesem Sinne, bis dahin schöne Radel-Stunden auf Eurem Drahtesel und immer den richtigen Druck auf die Pedale, Eure Sportfreundin Christina
Respekt,Respekt!
Ein sehr schöner anschaulicher Bericht.
LG
Reinhard