Kultusministerin besucht die Grundschule Gablingen
Schule zeigt Anna Stolz innovativen Ansatz für zeitgemäße Unterrichtsgestaltung
Die Grundschule Gablingen probiert sich in einer neuen Art des Unterrichtens, indem sie ein Unterrichtsmodell lebt, das die Schülerinnen und Schüler mehr einbezieht, Kinder individueller fördert und den Unterricht den unterschiedlichen Bedürfnissen der Lernenden anpasst.
Ein solches Modell, das sogenannte „Churermodell“, hat der Schweizer Reto Thöny, ehemaliger Vizedirektor der Stadtschule in Chur, entwickelt. Mittlerweile zeigen auch immer mehr bayerische Schulen Interesse an dieser Art des Unterrichtens. Das Churermodell ist ein Konzept, das auf die individuelle Förderung einer Klasse ausgerichtet ist und so den Lehrkräften ermöglicht, der immer größer werdenden Heterogenität der Schülerschaft besser gerecht zu werden.
Verfolgt wird dabei das Ziel, erfolgreiches und herausforderndes Lernen für alle Schülerinnen und Schüler gleichermaßen zu schaffen. Dafür basiert das Modell auf vier zentralen Prämissen: der konsequenten Binnendifferenzierung, der Nutzung des Klassenraums als „dritten Pädagogen“, der Reduzierung langer, lehrerzentrierter Phasen auf kurze Inputs sowie den damit einhergehenden längeren Lernzeiten der Kinder an freigewählten Arbeitsplätzen. Insgesamt entsteht dadurch eine größere Flexibilität in der individuellen Unterrichtsgestaltung.
Der Grundgedanke des Churermodell ist es, jedes Kind entsprechend seinem individuellen Lernstand zu fördern, indem Lernaufgaben auf unterschiedlichen Anforderungsstufen bereitgestellt werden, aus denen die Schülerinnen und Schüler selbstständig auswählen dürfen. Unterstützt werden sie dabei von der Lehrkraft, die in diesem Setting die Rolle des Lernbegleiters einnimmt.
Da von Räumen Wirkungen ausgehen, die auch das Lernverhalten beeinflussen, spielt das Umstellen des Klassenzimmers im Churermodell eine große Rolle. Die Tafel ist nicht mehr der zentrale Ort auf den alle Arbeitsplätze ausgerichtet sind. Vielmehr spielt der Sitzkreis eine wichtige Rolle, in dem man sich regelmäßig zu Inputs oder Reflexionsrunden trifft. Auch herrscht in den „neuen“ Klassenzimmern eine einladende Atmosphäre. Hier gibt es Gruppentische, Einzeltische, Nischen, Schulbänke, die zur Wand hin ausgerichtet sind, Trennwände und vieles mehr, die es den Lernenden ermöglichen ganz nach ihren Bedürfnissen den aktuell passenden Arbeitsplatz auszuwählen. Doch nicht nur der Lernort ist frei jederzeit wählbar, auch die Lernpartner wechseln während eines Vormittags mehrfach.
Das Churermodell fördert somit in vielerlei Hinsicht die Partizipation und erleichtert die Umsetzung inklusiver und differenzierter Lernangebote. Rituale, klar strukturierte Abläufe und feste Plätze für das Unterrichtsmaterial sorgen zudem für ein effektives Klassenmanagement.
In der Grundschule Gablingen gehört das Churermodell schon seit sieben Jahren zum Alltag. Wie das Modell hier in der Praxis funktioniert, durfte sich die Bayerische Kultusministerin, Anna Stolz, am Montagmorgen in der Klasse 1a der Grundschule genauer anschauen. Die Ministerin, die auf Einladung der Landtagsabgeordneten Marina Jakob nach Gablingen kam, wurde zunächst mit einem Lied von der Klasse begrüßt, ehe der eigentliche Unterricht begann. Dazu trafen sich die Schülerinnen und Schüler zunächst im Kreis zu einer kurzen gemeinsamen Inputphase. In der Kreismitte präsentierte die Klassenlehrerin Frau Cornelia Heinrich die verschiedenen Buchstaben, an welchen die Kinder gerade arbeiteten. Zusammen wurden die Laute einiger Wörter („N wie Nashorn oder R wie Ratte“) analysiert sowie die richtige Schreibweise der Groß- und Kleinbuchstaben wiederholt. Anschließend wurden die Kinder in die individuelle Arbeit an der „Buchstabenlernstraße“ entlassen. Hierfür waren an der Rückseite des Klassenzimmers die verschiedenen Stationen zum Erlernen der Buchstaben in Form einer Straße (die verschiedenen Häuser dort stehen für verschiedene Aufgaben bzw. Niveaus) für die Kinder transparent dargestellt. Auch das dafür benötigte Material inklusive der Lösungen zur Selbstkontrolle war dort bereitgestellt. Die Kinder durchliefen in der nun folgenden Arbeitsphase die Stationen in ihrem Tempo und wählten aus Angeboten mit unterschiedlichem Schwierigkeitsgrad aus. Fertiggestelltes wurden von den Schülerinnen und Schülern selbständig kontrolliert und verbessert. Die Klassenlehrerin Frau Heinrich ging währenddessen zu den einzelnen Kindern und unterstützte gezielt an den Stellen, wo noch mehr Hilfe gebraucht wurde, beantwortete individuelle Fragen, besprach nächste Schritte und verschaffte sich dabei einen Überblick zu den Lernständen.
Die Ministerin Frau Stolz und die Abgeordnete Frau Jakob nutzten die Gelegenheit, um sich ebenfalls die verschiedenen Lernstationen anzuschauen und mit den Schülerinnen und Schülern über ihre Fortschritte zu sprechen.
Im Anschluss an diesen Unterrichtsbesuch traf sich die Ministerin dann noch im Lehrerzimmer mit der Schulleitung Sabine Wirth, Stefan Bader vom staatlichen Schulamt und einigen Lehrkräften der Gablinger Grundschule, um das Churermodell sowie aktuelle Herausforderungen an Grundschulen im Allgemeinen zu diskutieren.
Marina Jakob bedankte sich am Ende des Gesprächs bei der Ministerin für ihr Interesse und dass sie ihrer Einladung gefolgt ist: „Ich habe selbst zwei Kinder im Grundschulalter und weiß wie schwierig es ist, dass immer alle Schülerinnen und Schülern gleich gut mitlernen, um auf demselben Wissensstand zu sein. Mich freut sehr, dass die Grundschule Gablingen mit innovativen Ideen eine zeitgemäße Unterrichtsgestaltung ermöglicht. Der Besuch von Kultusministerin Anna Stolz zeigt, dass in Bayern mit großem Engagement daran gearbeitet wird, dass alle Kinder die bestmögliche Bildung erhalten.“
Kultusministerin Anna Stolz freut sich über das Engagement der Schulfamilie: „Mit der Umsetzung zeitgemäßer Unterrichtsmethoden beweist die Grundschule Gablingen im Schulalltag eindrucksvoll, wie man jede Schülerin und jeden Schüler noch individueller und zielgerichteter fördern kann. Diese Form des Unterrichts ist eine von vielen Möglichkeiten, unseren kompetenzorientierten LehrplanPLUS an der Grundschule umzusetzen und im Unterrichtsalltag zu leben. Somit bietet die Schule gute Voraussetzungen dafür, allen Kindern ein passendes Lernangebot zu machen.“
Den Erfolg des Churermodells an ihrer Grundschule fasst Sabine Wirth folgendermaßen zusammen: „Wir haben in kürzester Zeit beobachten können, wie sich die Zufriedenheit, Lernbereitschaft und Selbstständigkeit der Kinder durch die Arbeit mit dem Churermodell verbessert hat. Auch Unterrichtsstörungen sind deutlich zurückgegangen, da durch die vorbereitete Umgebung und die vielfältigen Lernangebote für die Kinder keine Leerläufe mehr entstehen können.“