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Interview mit Karina Ruf
Der Zusammenhalt der Gemeinde war großartig

  • Das Smartphone war in den vergangenen Tagen das wichtigste Werkzeug von Gablingens Bürgermeisterin Karina Ruf.
  • Foto: Florian Handl
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Eine der vom Hochwasser Anfang Juni besonders betroffenen Gemeinden war Gablingen. Die Schmutter erreichte Pegelstände, welche die Werte für ein hundertjähriges Hochwasser (HQ100) bei weitem übertrafen. Auch weil die ganze Gemeinde zusammenhalf und der Katastrophenschutz funktionierte, konnte schlimmeres verhindert werden. Wir sprachen mit Gablingens Bürgermeisterin Karina Ruf über die Geschehnisse.

myheimat: Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin Karina Ruf, es liegen einige anstrengende Tage hinter Ihnen. Konnten Sie schon ein wenig Durchschnaufen?
Bürgermeisterin Karina Ruf: Nein. Nach dem die Pegelstände gesunken waren standen die Aufräumarbeiten an. Die zahlreichen freiwilligen Helfer und Einsatzkräfte mussten koordiniert werden, es galt Sperrmüllcontainer zu organisieren und die Bürgerinnen und Bürger zu unterstützen und auch zu trösten. Denn einige kamen aus dem Pfingsturlaub zurück und standen vor ihrem überfluteten Zuhause.

Nach dem Rückgang des Wassers gab es einige Dinge, die unmittelbar erledigt werden mussten. Beispielsweise wurde unser Trinkwasser zur Sicherheit mit Proben überprüft, auch wenn die Versorgung vom Hochwasser nicht direkt betroffen war. Außerdem mussten an zahlreiche Behörden und Koordinierungsstellen erste Meldungen zu den Schäden und Ereignissen gemacht werden.

myheimat: Können Sie bereits ein erstes Fazit ziehen?
Bürgermeisterin Ruf: Zuerst einmal sind wir alle froh, dass es keine Opfer gegeben hat. Auch wenn einige Anwohner in der Hauptstraße, Bauernstraße, Mühlstraße, der Schulstraße und der Angerstraße sowie einigen anderen Gebieten evakuiert werden mussten und vollgelaufene Keller hatten, sind die Schäden insgesamt für ein HQ100+ doch weniger schlimm als befürchtet. Insbesondere nachdem uns die Meldung zum gebrochenen Damm bei Burgwalden erreicht hatte, haben wir uns große Sorgen gemacht, um die Sicherheit der Anwohner.

Stolz können wir auch auf den Zusammenhalt unserer Dorfgemeinschaft sein. Die zusammen halfen Sandsäcke zu schleppen, vollgelaufene Keller zu leeren, den Schlamm zu entfernen und den Sperrmüll zu entsorgen. Wenn man nun zwei Tage später schaut ist das surreal, fast so als hätte es die Flut nie gegeben. So schnell liefen die Aufräumarbeiten. Dank der von der AWB schnell bereitgestellten Container konnte der Abfall direkt zur Entsorgung gebracht werden.

Wenn sich die Lage beruhigt hat, werden wir die Geschehnisse aufarbeiten und analysieren und schauen, wo besteht noch die Möglichkeit für Verbesserungen. Aber man kann sagen, der Katastrophenschutz hat gut funktioniert. Das Landratsamt Augsburg hat uns sehr geholfen. Durch die ständig aktualisierten Lagebilder und den Live-Ticker hatten unsere Einsatzkräfte die Chance frühzeitig zu reagieren und die für den Katastrophenfall vorbereiteten Maßnahmen einzuleiten.

myheimat: Ab wann wussten Sie, da kommt etwas auf Gablingen zu?
Bürgermeisterin Ruf: Bereits in der Woche vor dem Hochwasser konnte man in der Presse lesen, dass die Flusspegel steigen könnten. Als dann am Freitag der Anruf aus dem Landratsamt kam, wurde uns schnell klar, es wird ernst. Aber die Wassermassen, die dann kommen sollten, haben wir nicht erwartet.

myheimat: Was waren die ersten Schritte, die dann erfolgten?
Bürgermeisterin Ruf: Wir haben einen Krisenstab im Feuerwehrhaus einberufen und uns vorbereitet. Konkret hies das, die besonders von Überschwemmungen betroffenen Haushalte zu informieren und die Einsatzkräfte in Bereitschaft zu versetzen. Die Sandsäcke wurden aus den Depots geholt und zur Verteilung freigegeben. Außerdem wurde permanent die Lage analysiert. Das heißt wir standen in Kontakt mit den Behörden, behielten die Pegelstände im Auge. Besonders der Pegelstand in Fischach war für uns von Bedeutung – denn dieser war für uns ein Indikator, was in den nächsten Stunden auf uns zukommt. Normalerweise haben wir dann drei bis vier Stunden Zeit, um zu reagieren. Aber durch die Rückhaltebecken flussaufwärts wurde uns vermutlich mehr Zeit verschafft und es kam weniger Wasser an. An der Sankt Floriansbrücke wurde ein Bagger positioniert, der die Baumstämme, die sich an der Brücke stauten, aus dem Wasser holen sollte. Damit wurden die Brücken in Gablingen geschützt und weiterer Rückstau vermieden.

myheimat: Wie wurden die Bürger konkret informiert?
Bürgermeisterin Ruf: Helfer gingen in den betroffenen Gebieten von Haus zu Haus und verteilten Informationsblätter. Auf denen stand beispielsweise wo es Sandsäcke gibt, wie sie ihr Haus bestmöglich absichern können, Hinweise wertvolle Gegenstände und Möbel in hochwassersichere Stockwerke zu bringen, Stromquellen in überflutungsgefährdeten Räumen auszuschalten und natürlich das Auto rechtzeitig in Sicherheit zu bringen. Vor allem erfolgte die Warnung vor den Gefahren durch Hochwasser. Wie gefährlich Stromschläge sein können und wie leicht volllaufende Keller zur Todesfalle werden können. Das eigene Leben zu schützen sollte an erster Stelle stehen.

Die Helfer gaben aber auch Rückmeldung zu den Personen, die nicht erreicht wurden, dann wurden weitere Wege gesucht die Betroffenen zu informieren.

Die Kläranlage drohte abzusaufen

myheimat: Alles in allem klingt es so, als wäre die Lage nicht so dramatisch gewesen.
Bürgermeisterin Ruf: Das täuscht. Wir waren gut vorbereitet. Die Stunden danach waren voll des bangen Wartens. Aber spätestens nach dem Dammbruch bei Burgwalden am Samstagmittag war klar, da kommen historische Pegelstände auf uns zu. Im Laufe des Abends mussten wir mit den Evakuierungen beginnen und alles ging Schlag auf Schlag. Uns kam hier zugute, dass wir vor einigen Jahren die Böschung auf der Ostseite der Schmutter entfernt haben. So wurden zuerst die Felder überflutet und es kam weniger Wasser in den Ort selbst.

Auf einmal erreichte uns die Meldung "Wassereinfluss in der Kläranlage". Die erst vor wenigen Jahren für 7,2 Millionen Euro sanierte Kläranlage drohte abzusaufen. Das wäre für die Gemeinde eine Katastrophe gewesen. Die Wassermassen versperrten uns den Weg zur Kläranlage. Gott sei Dank konnte uns die Firma Thaler aus Täfertingen schweres Gerät zur Verfügung stellen, mit dem wir die Anlage doch noch erreichen konnten. Zum Glück war die Anlage selbst nicht überflutet, aber von unten und von den Seitenwänden drängte das Grundwasser in das Gebäude der Kläranlage. Es hat nicht viel gefehlt, dann wären die Pumpen und die Elektronik unter Wasser gestanden und somit zerstört gewesen. Die Einsatzkräfte vor Ort pumpten das Wasser ab und retteten so die Anlage.

Am Sonntagmittag zog sich dann das Wasser zurück.

Das Interview führte Florian Handl

  • Das Smartphone war in den vergangenen Tagen das wichtigste Werkzeug von Gablingens Bürgermeisterin Karina Ruf.
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  • Mit Macht traten die Wassermassen an der Schmutter über die Ufer.
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  • Gablingen teilweise unter Wasser. Im Hintergrund in der Mitte ist die Kläranlage zu sehen.
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  • Gablingen stand teilweise unter Wasser.
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  • Gablingen stand teilweise unter Wasser.
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  • Surreal: Zwei Tage zuvor stand das Wasser hier noch meterhoch
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  • Es war knapp – der Kampf um Gablingens Kläranlage stand auf Messers Schneide.
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  • Zwar war der Pegelstand der Schmutter zwei Tage danach noch recht hoch, aber von den danebenliegenden Feldern hat sich das Wasser bereits zurückgezogen. Auf der Seite der Felder wurde vor einigen Jahren die Böschung entfernt, damit im Falle eines Hochwassers die Felder zuerst überflutet werden und Gablingen selbst einen Flutpuffer hat.
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