Dora Ferle: Künstlerin in Eichenau
Ihr Kindheit und Jugend in Königsberg hat Dora Ferle im Buch "Über die Honigbrücke" beschrieben. Es ist im Antiquariat noch zwischen 20 und 30 Euro erhältlich.
Dora Ferle hat Geige bei Prof. Eva Hauptmann, der Schwiegertochter von Gerhard Hauptmann, in Hamburg studiert und in verschiedenen Orchestern die 1. Geige gespielt. Zur Malerei kam sie erst als sie mit ihrem Mann Horst 1967 in das Reihenhaus in Eichenau zog. Horst Ferle hat in Hamburg studiert, wo heute auch die Tochter wohnt, war dann Lektor bei Bertelsmann und kam über den List Verlag nach Germering und Eichenau. Im Ort ist er weithin bekannt, denn mit seinem Rad ist er trotz einer Kriegsverletzung immer unterwegs und mit großem Charisma verwickelt er die Mitbürger gern in philosophische Gespräche. Beim SPD Ortsverein hat er öffentlich über seine Begegnungen mit Herbert Wehner berichtet. Dora Ferle hat in ihren Bildern ihre privaten Erlebnisse verarbeitet, so auch der Katastrophe von Tschernobyl.
Dora Ferle verstarb überraschend am 20.1.12008 im Josefstift in Fürstenfeldbruck. Sie wurde am 13.6.1926 in Königsberg, heute Kaliningrad geboren.
Hier ein Überblicküber ihr bildnerisches Werk zwischen 1980 und 1990
WELTENENDE
Der Adler ist abgestürzt, am Himmel ist kein Platz mehr für ihn. Aber der Adler ist eigentlich ein Geier, er findet kein Aas mehr. Platt liegt er vor einem wuchtigen steinernen Kreuz, dessen Schatten von einer blutigen Sonne die Diagonale im Bild betont. Roter Himmel und rote Erde sind durch einen breiten, wüsten, unstrukturierten Horizont getrennt.
Sofa an der Straße nach Cuxhaven
Mehrere Jahre sind Dora und Horst Ferle auf ihren Fahrten nach Cuxhaven an einem Sofa, das jemand an der Bundesstraße abgestellt hatte, vorbeigefahren. Fuchs und Hase sind friedlich vereint auf einer blumenreichen Wiese. Zwei Katzen spielen auf dem Sofa, das noch von einem Sonnenschirm geschützt wird. Horst nähert sich dem Sofa, wird aber von zwei wütenden Gänsen zurückgehalten.
Wer bist du?
Das Triptychon „Wer bist du?“ fällt aus dem Werk von Dora Ferle etwas heraus. Auf einem schwebendem Globus balanciert ein Clown, der mit vier Bällen jongliert. Vier weiß maskierte Figuren, zwei in grünen, zwei in roten Umhängen betrachten ihn. Die rechts stehende Figur deutet mit dem Finger auf den Clown und stellt wohl die Titelfrage. Die Szene wird von zwei schmalen Seitenbildern geschützt, auf denen Hund und Maske den Rahmen bilden. Ein bulliger Wächterhund auf beiden Seiten mit gewaltigem Gebiss ist Furcht einflößend und erinnert an japanische Tempelwächter. Der Hund ist mit einem Diadem und einer Edelsteinkette geschmückt. Eine Maske, ebenfalls mit Kette, glotzt teilnahmslos ins Leere.
Der Tod umarmt Jesus
Die zentrale, erbärmliche, blaue Figur in der Mitte des Bildes soll Jesus sein. Furch und Schrecken wie bei Edward Munchs Schrei kommen von der Figur. Sie wird von einer etwas helleren Totenfigur großflächig umarmt. Zwei kleinere unscheinbare menschliche Figuren sitzen in der Diagonale, die sich durch das ganze Bild zieht. Der Hintergrund ist unstrukturiert, düster, grau-blau, braun, schlammig und erdig mit leuchtenden Ansätzen.
Die Laszive
Das kleine Seidenbild zeigt eine entblößte Frau, die ihr Gewand vor einer undefinierten Figur ablegt. Der große, wurstartige Hut der Frau ist in dem gleichen Ton gehalten, wie die Figur. Der Hintergrund ist wie eine Fahne in drei Querbalken mit Gold-Rot-Blau gegliedert. Dominant und detailliert ausgearbeitet ist das Kleid der lasziven Frau.
Mein liebes Du
Fast wie ein Weihnachtsbild mit Dora und Horst Ferle in der Höhle, wie vor einer Krippe, ist diese Liebeserklärung mit vielen typischen Ferle-Elementen bestückt. Sie markieren die Schaffensweise mit Symbolen. Ehemann Horst wird als Lektor mit Buch und Brille dargestellt, sie selbst stell sich als Musikerin mit Geige und Bogen sowie als Malerin mit Pinsel und Farbtupfer dar. Die schützende Höhle ist durch eine Faserapplikation gestaltet. Alles findet vor dem Hintergrund einer untergehenden Sonne, die den Himmel in gelbrot in die Farbe der vom Baum fallenden Herbstblätter hüllt und dramatisch beleuchtet. Hintergrund und Herbst stehen im Kontrast zur geschützten Idylle der Höhle.
Objekt 1
Objekt 1 ist das einzige erhaltene völlig abstrakte Bild von Dora Ferle. Es ist von energiegeladener wirbelnder Symbolik. Vielleicht durchstößt ein Raumschiff ein schwarzes Loch oder Nanopartikel dringen in die Blutbahn ein. Das Rot und die Energiespitzen der Zentralensäule stehen im Mittelpunkt der mächtigen, blauvioletten Wirbel.
Flusslandschaft oder No smoking
Eine Hundertwasser ähnliche Flusslandschaft wird durch einen Bumerang mit der Aufschrift „no smoking“ gestört. Die Uhr im oberbayrischen Dorf zeigt 12.25 und im Vordergrund stehen drei ganz unterschiedliche Figuren. Rechts ein rauchendes Punkermädchen, das sich die Irokesenfrisur wie ein Feuer hoch gestylt hat. Die Schöne blickt mit großen Augen und strak geschminktem Mund den Betrachter an, sodass man kaum merkt, dass sie raucht. Links steht ein bleicher Jüngling im Profil. Er blickt auf das No smoking Zeichen. In der Mitte geht ein dunkel gekleideter Geschäftsmann mit altmodischem Bowlerhut in die glitzernde Flusslandschaft hinein, sodass trotz der flächigen Darstellung Raumtiefe entsteht.
Flötenspieler
Dieser Flötenspieler ist mit Anspielungen auf andere Maler durchsetzt. Flächige, kräftige Farben gliedern das Bild und seine Elemente sind gegeneinander verschoben. Als Flötenspieler ist es eigentlich nur durch die Hand auf der zerbrochenen Flöte, den verzerrten Mund und die großen Kulleraugen zu erkennen. Farbe und Form weisen trotz des entsetzten Ausdrucks eigentlich auf fröhliche Clownerie hin. Ohne Augen und Hand wäre die abstrakte Figur aber kaum zu erkennen.
Letzte Sonnenblume
Wie eine peruanische Landfrau unter einem riesigen Sonnenhut stellt sich Dora Ferle mit bleichem, ernstem Gesicht in einer groben, grünen Umhüllung dar. Die blauen Augen blicken in den blauen Himmel, der zur Hälfte von einer gigantischen Sonnenblume bedeckt wird. Der sorgenvolle Blick scheint zu fragen: Wird die letzte Sonnenblume noch Früchte tragen? Die Erde im Hintergrund ist zwar noch grün, aber Bäume und Pflanzen sind schwammig und unstrukturiert, der Acker im Vordergrund ist schon braun und wüst.
Verzaubertes Paar
Das Faschingsbild zeigt ein verkleidetes venezianisches Paar vor einem kirchenähnlichen Schloss. Im Gegensatz zu dem sorgfältig ausgearbeiteten Mantel des Mannes wirkt der Rest des Bildes noch unbearbeitet und unfertig.
Kriegsschrecken
Das kleine Seifenbild zeigt eine orthodoxe Kirche vor einem herabstürzenden Kometenstern. Unter ihm ist eine blaue, übernächtigte, verschreckte Maria, die ein dürres, schlafendes Kind ihren Armen schützt. Das Bild entstand unter dem Eindruck des ersten Irak Krieges der Amerikaner, die zur Sicherung ihrer Ölvorkommen Kuwait von der Besetzung durch die Iraker befreiten.
Angst
Als Horst Ferle 1988 einmal im Krankenhaus war, malte Dora Ferle ihre Angst im Dschungel der Großstadt. Eine riesige Figur mit rotem Umhang schleicht durch die Schluchten zwischen den Hochhäusern. In ihrer rechten Hand jedoch trägt sie Blumen der Hoffnung, die sie vielleicht ins Krankenhaus bringt.
Geliebte Strelitzie
Rot in allen Schattierungen, etwas grün und gelb, die Lieblingsfarben von Dora Ferle, dominieren das Bild der Strelitzie vor der Blüte eines Anturiums. Nur zart berühren die scharfen Spitzen der Strelitzie die große ruhige Fläche der anderen Blüte. Die Farben sind dynamisch, kraftvoll, die zarte Strelitzie kaum zu erahnen. Wie so häufig wird wieder die Bilddiagonale betont.
Frosch
Frösche müssen Dora Ferle immer wieder fasziniert haben. Ein gelber Fantasiefrosch mit riesigen Augen sitzt am Rande eines grüngelben Tümpels in einer Blumenwiese. Eine Libelle kommt aus dem Gebüsch hervor.
Metamorphosen des Frosches
In sich trägt der Frosch, der Frosch, dessen Hals wie zum Ausstoß eines gewaltigen Gequäkes aufgeblasen ist, seine Eier und Kaulquappen. Die Wunder der Natur machen alles möglich, bleiben aber in sich geschützt.
Einsamer Fisch
Emil Nolde hat Dora Ferle immer wieder fasziniert. Was diesen einsamen, zusammengedrückten Kugelfisch in das Gewirr von expressiven roten und weißen Wirbeln vertrieben hat, bleibt ungeklärt. Ungerührt scheint er sich in seiner aggressiven gelben Farbe allen widrigen Einflüssen durch seine Einsamkeit widersetzen zu können.
Regenmacher
Ein archaisch klassischer Götterkopf ist der Regenmacher. An seinen verfilzten Rasta-Haaren bilden sich die ersehnten Regentropfen. Der Gott scheint zu schielen, denn das dominante linke Auge, das sich genau in der Bildmitte befindet, passt gar nicht zu dem sonst so realistisch ausgearbeitetem Gesicht. Ein starker Ausdruck hoher mystischer Dynamik ist hier im Kreuzungspunkt zweier Diagonalen.
Boymanns Eichenauer Orchester
Vor der Kapelle Roggenstein in Eichenau haben sich die Musikerinnen und Musiker rund um die im Herbstlaub geschmückte Linde versammelt. Der große Eichenauer Dirigent Boymann, ganz im kontrastreichen blauen Frack, schwingt bewegt den Taktstock. Auch aus dem Kirchlein kommt Musik. Die Künstlerin selber hat unproportional klein in den Vordergrund gesetzt. Als Einzige schaut sie nicht auf den Dirigenten. Sie hat einen großen, bunten Schal umgelegt.
Der letzte Herbst (1987)
Wie ein welkes Blatt ist der grün und braune Körper einer hässlichen männlichen Figur im Profil dargestellt. Das große „Ferle-Auge“ starr entsetzt auf die letzten fallenden Herbstblätter, die aus einem aufgerissenen Himmel in die dunkle Welt flattern. Mit aufgerissenem Mund verschlingt die Figur das vorletzte Blatt im letzten Herbst.
Der Feuervogel
Aus einem schwarz-roten Himmel stürzt sich der rote Feuervogel mit spitzem Schnabel auf die Schachtelhäuser der dunklen, grünen und leeren Großstadt bei Nacht. Eine einsame Straßenleuchte bescheint etwas die leere Straße, ein Damensalon hat noch sein Schaufenster beleuchtet. Nur vorne rechts ist ein helleres Haus mit drei erleuchteten aber vergitterten Fenstern und auf dem Dach steht die große Schrift: „God where are you?“
Tote Seelen
Die Unterwasserbilder, die Muschen oder korallenähnliche Wesen zeigen, gehören zum festen Bildrepertoire von Dora Ferle, ebenso wie die weißen, formlosen Lebewesen. Wie Würmer sind sie hier in die Muschelhäuschen gepresst. Im Goldenen Schnitt kauert eine Person, größer als die anderen Figuren, heimatlos auf dem Boden.
Requiem für Tschernobyl
Die Atomkatastrophe von Tschernobyl in der Ukraine, 1986, direkt bei der Partnerstadt Eichenaus, hat Dora Ferle stark berührt. In Eichenau wurden die verstrahlten Kinderspielplätze geschlossen.
Getrennt durch einen kleinen Graben stehen sich hier zwei braune, verwitterte Stelen mit unleserlichen Schriftzeichen einer weißen, vielleicht weiblichen Figur gegenüber. Im Hintergrund sind zwei große Menhire mit Andeutungen von menschlichen Gesichtern. Alles überstrahlt, wie meist bei Dora Ferle, eine gleißende, gelb-rötliche Sonne. Die Landschaft ist gelb, öde, kahl. Nur ganz links im Bild blüht eine hohe Pflanze. Das Pflanzensymbol wird im Schmuck der menschlichen Figur aufgegriffen. Im Gürtel sowie an Schulter und Ohr stecken Blütenzweige. Die Hände mit langen, dürren Fingerkrallen sind vor der Brust geöffnet, wie im verzweifelten Zugriff auf die Leere. Das friedliche Gesicht scheint den Blick von der Schrift auf den Stehlen abzuwenden und blickt ins Leere.
Die Masken fallen
Nun fallen die Masken wie die Herbstblätter. Unterhalb der Bilddiagonalen von links unten nach rechts oben befindet sich auf einem groben Birkenstamm eine satt und zufrieden grinsende, fast runde, Maske. Am rechten Bildrand steht eine nackte, weiße Frau, die dem Betrachter den Rücken zuwendet und nach links blickt. Mit dem linken Arm legt sie ein großes rotes Gewand auf den Ast eines kahlen Baumes. Im Hintergrund ist noch eine Birke im Herbstlaub.
Große Leere (1990)
Dies ist ein Bild, das wegen seiner kubistischen Elemente im Werk von Dora Ferle aus dem Rahmen fällt. Während sie sonst fließende, organischen, ineinander übergehende Strukturen bevorzugt, sitzen hier die Farbflächen winklig und eckig, durch eine schwarze Linie getrennt, direkt nebeneinander. Auf einer hochgesetzten Plattform wie einem Boxring sind fünf weiße, weibliche Figuren, denen die Arme in der Schulter abgehackt sind. Der Frau ganz links, die sich den vier anderen zuwendet, fehlt zudem der Unterleib. Die Frau vor ihr ist schongestürzt, während drei noch im rhythmischen Ballettschritt weiter tanzen. Es ist eine offensichtlich ausweglose Situation in feindlicher Umgebung.
Metamorphose des Falters
Wie beim Frosch fasziniert Dora Ferle die Verwandlung, aber auch die Masken und Faschingsbilder deuten darauf hin. Wieder in den Lieblingsfarben gelbrot und grün steht ein Falter einem Kokon, aus dem eine Raupe schlüpft. Vielleicht schaut die Mutter der Entwicklung der nächsten Generation zu.
Komische Hüte
Ähnlich wie beim „Regenmacher“ mit seinen Rasta Haaren steht ein junger Mann mit wirrer Kopfbedeckung im Mittelpunkt. Vor ihm sind zwei Mädchen mit komischen Hüten.
Albtraum
Hier ist der Kopf einer Person ohne Haare im Profil. Der Mund ist geöffnet, die Mundwinkel heruntergezogen, das Auge quillt hervor.
Die Venen und Arterien liegen blank. Das einzige funktionierende Körperteil scheint das Ohr zu sein, das noch gesund und leuchtend hervortritt. Aber schon machen sich zahlreiche Ameisen oder Termiten daran zu schaffen. Das Ohrläppchen ist reisig erweitert wie bei afrikanischen Ohrpflockträgerinnen. Zwei Termiten knabbern daran herum. Eine große Heuschrecke residiert drohend oben auf dem Kopf und blickt suchend und überlegen den Betrachter an. Eine große Fliege klammert sich an Auge und Nase. Eines ihrer vier langen Beine ist in die Pupille verhakt. Die Farben der Verwesung dominieren im Bild, nur die reinen Farben der beiden Insekten sowie des Ohres treten freundlicher hervor und scheinen den von ihnen verursachten Schrecken erträglicher zu machen. Nach der bildnerischen Phase in den 90er Jahren hat sich Dora Ferle der Textproduktion zugewandt. 1998 entstand auch ein Text „Albtraum“, der sich wie eine Vorahnung ihrer Krankheit an das Bild des Verfalls und der Verwesung anschließt (Puchheimer Leseheft, 2005) „... Ich ahne Angst, lege mich auf das gelbliche, durchsichtige Krankenhausbettgestell ... Ich schreie laut und verzweifelt, niemand kommt zu mir.. Wo bin ich, wo bin ich?.. Ich warte. Nichts. Totenstille und Leere ...“
Maria hat geholfen
Das kleine Seidenbild ist in zwei kleine quadratische und ein großes quadratisches Feld aufgeteilt. Die Teilung erfolgt im Goldenen Schnitt. Auf rotem Grund mit blauer Umrandung sind fünf Masken und Fratzen, die Dora Ferles belgischen Lieblingsmaler Emerson nachempfunden sind. Das blanke Entsetzen spricht aus großen, aufgerissenen Augen; der Mund wird zum Schrei aufgerissen. Vier kleine Gesichter umrahmen ein etwas Größeres, das von den Farben her freundlicher gehalten ist. Es kann ein Frauengesicht sein, das von einem Kopftuch eingehüllt ist. Nur der aufgerissene Mund passt zu den anderen Köpfen.
Links oben liegt ein Lamm vor einer blauen Wand, in der sich ein Fenster mit Eisengitter befindet. Das Lamm ist mit einer schweren Eisenkette an das Fenster angekettet. Links unten sind in einer Fläche von blauen, gelben roten Tupfern die von Dora Ferle geliebten Zwiebeltürme der oberbayrischen Kirchen eingebetet. Zwei rote organische Figuren, die sich unbestimmt einander zuneigen, dominieren um Vordergrund.
Philemon und Baucis
Immer wieder hat Dora Ferle sich und ihren Mann Horst gemalt, hier unter dem Titel Philemon und Baucis. Zwei Köpfe im Profil begegnen sich ganz und scheinbar körperlos. Ein großer, grüner Umhang umschlingt beide. Zwei überdimensioniert große Hände umschlingen liebevoll den Kopf des Mannes, den sie zu sich in den Umhang zieht. Wie ein großer Erdball liegt der Kopf des Mannes vor ihr, sodass sich nur die Nasen berühren. Die Augen sind bei beiden fast geschlossen, so als würden sie träumen. Die Farbe des ruhigen, braunen Hintergrundes lässt die helleren Gesichter deutlich hervortreten, aber die Gesichter sind alt und müde. Nur die roten, leicht geöffneten Lippen zeigen, dass sie leben. Eine Ikone der Zuneigung.
Mahnmal
Wild und zerbrochen liegt die Welt in Trümmern vor einem blutroten, teilweise leuchtendem Hintergrund Details der Trümmer sind nicht erkennbar, eine wirre Applikation von Fäden unterstützt das Durcheinander der kräftigen Farben. Wie ein Zufall, so scheint es, haben sich zwei Elemente zu einem Kreuz genau in der Bildmitte vereinigt. In den Trümmern hält ein roter Faden den verschlungenen Weg des Lebens zusammen und schließt sich zum Kreis.
Schwamm in Wut
Im grünen Wasser ragt eine Kolonie von großen roten Röhrenmuscheln, Bohrmuscheln, vom Boden auf und ein Schwarm Fische tanzt durch das Bild. Ein schwammiger, formloser gelber Klumpen trennt sich von den Muscheln und steigt auf. In seiner Mitte formt sich rotbraun ein Trichter, das Gelb des Schwammes dominiert das Bild, formt aber mit Rot und grün eine Diagonale durch das ganze Bild. Diese Achse wird von den amorphen Gebilden, Spiegelungen und Treibgut umrahmt. Dynamik und Ruhe kontrastieren im Bild.
Zärtlichkeiten
Die Zärtlichkeiten sind hier wie in einer Ikone in Holz gefasst, ein paar wird von den knorrigen Teilen einer jahrhundertealten Olive umschlossen. Das Paar steht aber bewegungslos, fast beziehungslos nebeneinander. Die Zärtlichkeiten gehen vom Holz aus. Die Augen der Frau sind offen und suchend blickt sie aus dem Bild heraus, während sie beim Mann in sich gekehrt, fast geschlossen sind. Eine Applikation aus Fasern und Papier umschließt die Gesichter und bildet gleichzeitig Haare und Holz. Das Holz aber lebt und strebt nach draußen, ganz zart sind Blätter angedeutet, sodass die Gesichter in der Mitte wie ein ruhiger Zauber wirken.
Erste Begegnung
Auf einem vom Mond beschienenen Waldweg treffen sich zwei junge nackte Menschen. Die Frau zeigt den Rücken, der Mann die Front. Es sind nicht Adam und Eva, denn die Frau trägt über dem langen Haar einen Hut mit Band und der Mann führt einen Hund an der Leine. Der Hund wendet sich dem Mann zu so als hätte er etwas gehört. Der Eindruck wird durch einen hellen Farbtupfer vor dem Gesicht des Mannes verstärkt, so als würden sich Worte im Licht formen. Die Menschen sind überdimensioniert im Vergleich zu den Bäumen im Hintergrund. Die Bilddiagonale des Weges, der zum Mond führt, trennt beide, aber der Hund vermittelt zwischen den Armen, die sich aufeinander beziehen.
3 Bilder Nolde
Drei wahrscheinlich unvollendete Bilder, die zeigen, wie die Künstlerin arbeitet. Mit kräftigen Bleistiftstrichen fertigte sie eine bewegte Vorzeichnung, die sie dann schrittweise mit Farbflächen, selten mit Begrenzungslinien oder Strichen vollendete.
Leidenschaft in Düne
Fünf nackte Frauen sonnen sich in den Dünen am Strand. Vier von ihnen, zwei rotbraun, zwei hell und dunkelgrün bilden einen Kreis. Links von ihnen steht halb verdeckt noch eine ungebräunte Frau. Die hellgrüne Frau geht mit dem Handtuch zum Wasser, die dunkelgrüne Frau kauert in sich verschlossen auf einem Handtuch im Vordergrund. Nur die zwei roten Frauen treten in Beziehung. Die linke hebt mit Zorn den rechten Arm und scheint zu sprechen, die rechte liegt schmunzelnd im Sand und sieht sich das Ganze gelassen an. Wo ist die Leidenschaft geblieben?
Sepp Ertls Himmelfahrt (1987)
Der Blick geht über ein hügeliges Ackerland mit einem kleinen Haus und im Vordergrund sitzt ein erstaunter Hahn auf dem Zaun und schaut in den Himmel dort steigt Sepp Ertl, herausgeputzt im Festtagsgewand in den Himmel hinaus, so als würde ihn Kinderwindrad mit fünf kleinen Rädern hinaufziehen. Ein Wundervogel mit langem Schweif begleitet ihn wie der Heilige Geist.
Großstadt (1980)
Eine Familie ist in die Großstadt gekommen, wahrscheinlich will sie die Emil Node Ausstellung im Februar 1990 ansehen. Sie betrachten das haushohe Einladungsplakat. Der junge Sohn scheint aber nicht sonderlich interessiert, er blickt weg. Durch die Straßenschlucht nähert sich ein Lieferwagen und lenkt den Blick auf all das, was sonst noch in der Stadt los ist. Da geht es ganz schön durcheinander. Eine riesige schwarze Figur schreitet über die Dächer, ein Turm stürzt ein, der Kirchturm der Dorfkirche fällt, Autos fliegen durch die Luft und das Graffiti an der Hauswand meint: Fuck me.
Wandteppich: im Paradies
Wie alle Bilder, so ist auch der Wandteppich in Dora Ferles Küche entstanden. Die Umrandung gibt den Lebensweg von Horst und Dora Ferle links unten begegnen sich ihre Wege und sie schreiten gemeinsam in die Zukunft. Umschlungen legt er seinen Arm um ihre Hüfte. Es gibt immer wieder kleine Pausen und Schnörkel, aber der Weg setzt sich fort, bis er rechts unten 190 bei einem Kreuz endet. Oder liest er sich anders herum, wie die Zahlen andeuten? Die Zahl 1967 mit dem Häuschen in Eichenau steht unter 1968. Unter dem Bild und über dem Lebensbaum steht auch noch Text .....
Das Bild selber stellt Dora und Horst im Paradies vordem Lebensbaum dar. Die Sinne ist im dunklen Himmel blutrot und doch ist alles friedlich, selbst die Schlange bringt eine Blume. Der Löwe steht gleich neben dem Lamm und alles Getier vergnügt sich genauso wie das Paar vor dem Baum.
Garten der Lüste
Das größte Bild von Dora Ferle ist aus Spanplatte und enthält auf der Rückseite einen Entwurf von der Kurischen Nehrung, ihrer Heimat. Der Erinnerung an ihre Jugendzeit in Königsberg hat sie auch ein Buch „Über die Honigbrücke“ gewidmet. Hier ist es die Weite der Landschaft und die Vermischung von Wasser und Land in den goldenen ruhigen Tönen, die den Bildeindruck bestimmen. Die Sonne ist mild und alle Vögel friedlich.
Das Bild der Vorderseite ist genau das Gegenteil. In Symbolen stellt sie fünf verschiedene Szenen dar. Wieder ist die gleißende Sonne vor dunklem Himmel, die ein helles Mittelfeld erleuchtet. Im Vordergrund steht vor roter Erde eine maskierte Figur im wallenden Gewand wie in einer Mönchskutte. Die Maske zeigt durch die Augenschlitze, dass hinter der erstarren Fratze ein lebhaft interessierter Betrachter wartet. Am rechten Bildrand erhebt sich der Baum der Brüste. Im nähert sich unterwürfig ein affenähnlicher Mensch, der dem Betrachter wie ein Pavian sein Geschlecht zeigt. Im Vordergrund verschlingt eine vaginaähnliche fleischfressende Pflanze ein wirres Wesen und im Hintergrund sind zwei Sichelwesen im Sexualakt verstrickt. Wie ein Bild im Bild ist der Garten der Lüste als Vorhang hinter den Gedanken des vermummten Mannes dargestellt. Der Vorhang kann sich heben und dann den Blick auf die öde braune Wildnis freigeben.
Michael Gumtau 14.1.2008
Basisartikel zu Eichenau.
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