Aktien – ein Kunstwerk …!
Aktien – was waren das einmal für hehre Kunstwerke! Sie waren etwas höchst Persönliches, individuell gestaltet, liebevoll – und sie vermittelten das Gefühl, Teil an etwas Besonderem zu haben.
Wie gigantische Geldscheine, zum Beispiel im Format 30 x 20 Zentimeter, bekam man ein Zertifikat ausgehändigt, in dem bestätigt wurde, dass für diese Aktie „less than 100 Shares“, also weniger als 100 Anteile ausgegeben wurden. Neben der Zahl der erworbenen Anteile fanden sich die genaue Angabe der Ausgabe-Firma, der Name des Anteileigners, ein Stempel mit Tagesdatum, mehrere Unterschriften, Lochungen unterschiedlicher Bedeutung, weitere Notizen und mehrere Unterschriften auf der Rückseite der Aktie. Eine der Aktein aus dem Beitrag, die aus einem Kalender von 1980 stammen, trägt sogar die Originalunterschrift des späteren Multmilliardärs Paul Getty (Bild 7).
Bevorzugte Aktiengesellschaften fanden sich im Bergbau („Mining Company“, „Nickel Company“), bei der Eisenbahn („Railroad Company“), im Bereich der technischen Weiterentwicklung („Development Company“), bei den großen Tabakfirmen („Tobacco Products“) oder bei Firmen der Schiff- und Seefahrt („Sperry Company“).
Voll Stolz erwarb man diese Aktien, bewahrte sie sorgfältig auf mit dem Wissen, dass deren Wert im Normalfall automatisch stetig steigen würde und damit eine garantierte Alterssicherung verbunden war. Und nach dem Tod wurden sie ebenso stolz weitervererbt.
Heute sind Aktien eine Mausklick-Angelegenheit für jeden, der ein Aktiendepot und einen PC besitzt. Voll Stress verbringen immer mehr unserer ganz normalen Mitbürger immer mehr Zeit am PC, sämtliche großen Börsen der Welt stets im Blick, um sekundengenau günstige Schweinhälften in Tokio ein- und 10 Sekunden später in New York, Frankfurt oder Paris wieder zu verkaufen. Doch auch das System ist längst veraltet. Firmen, Banken, Versicherungen u.v.m. handeln nur noch per Computerhandel:
Das PC-Programm erfasst automatisch alle aktuellen Aktien an den Weltbörsen, reagiert automatisch auf alle Kursschwankungen und tätigt ohne jede menschliche Beteiligung milliardenschwere Ein- und Verkäufe, wenn z.B. die „Stop-Loss-Marke“ erreicht ist, die Verluste verhindern soll.
Unfassbare Folge: Pro Euro, der heute durch Arbeit verdient wird, werden in Deutschland 50.000 Euro an den Börsen verspekuliert!
Kein Wunder, dass keiner mehr die Aktien oder Schweinehälften … zu Gesicht bekommt – alles ist nur noch virtuell – und seelenlos. Es werden sogar milliardenschwere Spekulationen auf Kurse von Aktien, die man gar nicht besitzt, getätigt („Leerverkäufe“). Und es ist möglich geworden, dass ein einzelner Broker fünf Milliarden Euro seiner Bank völlig unkontrolliert verspekulierte (Jéròme Kerviel).
Das ist der Boden, auf dem Wirtschaftskrisen gemacht werden. Unser Land, unsere Produkte, wir selbst - wir alle werden heute virtuell verkauft. Und schlimmer:
Der weltweite Hunger ist durch den Getreide-Börsen-Spekulations-Kurs gerade heuer dramatisch angestiegen - denn traditionelle Werte wie Öl, Immobilien, Finanzwerte sind als Anlage nicht mehr renditesicher genug. Mit dem Hunger dagegen lässt sich zu allen Zeiten Gewinn machen ...
> "Hätten Erhardt und die Gründer der "Sozialen Marktwirschaft" auch nur im Entferntesten geahnt, wie sich ihr Modell entwickelt (nämlich, dass die Reichen immer reicher werden, die Armen immer ärmer - vor allem auch durch die Finanzkrise) (...) hätten sie diese hehre Meinung niemals gehabt."
Sorry, aber die waren nicht dumm. Die wussten sicher, wie sich sowas entwickelt, weil es ja auch schon immer und überall solche Entwicklungen gab (allein in der ersten Hälfte des Jahrhunderts gab es da genug Beispiele).
Und ja, die Bedingungen waren anders in den 50ern/60ern - deshalb konnte man den Leuten ja auch diesen angeblich sozialen und unendlich wachsenden Krempel andrehen.