Festspielkonzert Bad Hersfeld: Edertalschule Frankenberg und Christian-Rauch-Schule Bad Arolsen geben zwei Konzerte in ehrwürdiger Stiftsruine
Die Atmosphäre ist unbeschreiblich: Vögel, die über den Köpfen der Zuschauer herumfliegen und kurz in Mauerspalten verschwinden, Wind, der die Bäume hinter den Mauern rauschen, die Notenblätter durcheinander geraten und die Haare zwischen die Violin-Saiten fliegen lässt, die imposante Kulisse mit dem einfallenden Sonnenlicht und dem blitzblauen Himmel im Hintergrund, und zu alldem die mitreißenden Musik, gesungen und gespielt von 120 jungen Musikern bei sommerlichen Temperaturen.
Draußen Musik zu hören ist seit Menschengedenken ein besonderes Erlebnis. Den Rhythmus des Lebens zu spüren, die Kraft der Musik zu erleben, das konnten die Zuschauer der zwei Konzerte in der altehrwürdigen Bad Hersfelder Stiftsruine am Samstag und Sonntag. Auf Einladung des künstlerischen Direktors Prof. Siegfried Heinrich gastierten die führenden nordhessischen Schulmusikensembles aus Frankenberg und Bad Arolsen auf der großen Bühne, stolz und sich dieser großen Ehre durchaus bewusst.
„The rhythm of life“ war das Motto des Konzertes am Samstag (5.7.2014), welches die Chöre der Edertalschule Frankenberg (Leitung Matthias Müller) und der Christian-Rauch-Schule aus Bad Arolsen (Leitung Steffen Hause) sowie das Jugendsinfonieorchester der Edertalschule (Leitung Markus Wagener) spielten. Unter anderem mit Stücken wie „Can you feel the love tonight“ aus König der Löwen und vor allem zwei Nummern aus „Die Kinder des Monsieur Mathieu“ füllten die großartig vorbereiteten Stimmen voller Emotionalität den Raum. Highlight war die große Schlussnummer, bei dem die Chöre und das Orchester mit einem ausgezeichneten und so noch nie gehörten Chor-Arrangement von Matthias Müller für „Phantom der Oper“ Premiere feierten. Mit Musik aus „Les Miserables“, „Herr der Ringe“ und „Batman“ bewies hingegen das Jugendsinfonieorchester, das es den hohen Erwartungen an ein Konzert in der Stiftsruine absolut gewachsen ist.
Wenn südamerikanisches Lebensgefühl in diesen Wochen der Fußball-WM allgegenwärtig ist und auf das Lebensgefühl europäischer Jugendlicher trifft, dann war dies der rote Faden, der das Konzert der beiden Orchester aus Frankenberg und Bad Arolsen am Sonntag (6.7.2014) durchzog. Das Thema „Tango meets Movie“ bedeutete, dass südamerikanische Musik mit Themen aus internationalen Filmblockbustern kombiniert wurde.
Rainer W. Böttcher hatte sein Jugendsinfonieorchester bestens vorbereitet und bereitete in seinem Programmteil einerseits zwei Solistinnen glanzvolle Auftritte. Isabel Thamm spielte das Violin-Solo zu John Williams „Tango por una cabeza“, Charlotte Fortak meisterte das Oboen-Solo von Astor Piazollas gefühlvollen „Oblivion“. Wie immer ist es bemerkenswert, dass es Schülerinnen sind, die durch Fleiß und viel Übung zu solchen Leistungen kommen und es schaffen, das Publikum für einen Moment mit in eine wehmütige Stimmung zu versetzen.
Mit „Children of Sanchez“ spielten die jungen Leute andererseits eine Orchesterversion des Big Band Stücks von Chuck Mangione, das an Rhythmik und genauem Zusammenspiel hohe Ansprüche stellt. Die Spielfreude der jungen Musiker aus Bad Arolsen zeichnete auch bei Rixners spanischem Tanz „Malaga“ ein beeindruckendes Bild südamerikanischer Lebensfreude.
In dieser Mischung aus großem Orchesterklang und einzelnen Soli stach am Sonntag auch Anna Sophie Kobus mit ihrer Interpretation von Pablo Sarasates „Zigeunerweisen“ hervor. Zusammen mit Benedikt Kantert am Klavier verführte sie das geradezu paralysierte Publikum in die oft melancholische Gedankenwelt Ungarns. Weiterer Programmpunkt am Sonntag war Griegs „Holberg Suite“, mit der die Frankenberger Streicher das Publikum noch einmal kurz ausruhen ließen, bevor es zum Finale kam, bei dem die beiden abermals vereinten Orchester Andrew Lloyd Webbers „Phantom der Oper“ spielten.
Für einen der emotionalsten Höhepunkte sorgte das Gesangssolo des erst achtjährigen Mattis Wagener in der Filmmusik zu „Herr der Ringe“, das vor allem am Sonntag durch das immense Klangvolumen der beiden Orchester unter die Haut ging. Das Arrangement sieht ein Gesangssolo eines „Young boy“ vor – bei dieser Premiere erlag das Publikum schlicht der Niedlichkeit des Jungen.