Gegen das Vergessen - Für Demokratie
Erinnerungsprojekt an der Mittelschule Meitingen
Gegen das Vergessen – Für Demokratie
Dr. Bernhard Lehmann kam mit Zeitzeugen zu einer besonderen Geschichtsstunde an die Mittelschule Meitingen
Von Rosmarie Gumpp
Meitingen: Im Nationalsozialismus mussten seit 1939 bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges 1945 rund 8,4 Millionen zivile ausländische Zwangsarbeiter und 4,5 Millionen Kriegsgefangene Sklaven- und Zwangsarbeit in Konzentrations- und Arbeitslagern, anderen Haftstätten, in der Industrie und Landwirtschaft oder auch in der Verwaltung leisten. Hinzu kamen 1,7 Millionen KZ-Häftlinge, die von der SS an die Industriebetriebe „vermietet“ wurden. Auch in Meitingen und seiner Umgebung waren Zwangsarbeiter im Einsatz. Darüber informierte Dr. Bernhard Lehmann, ehemaliger Geschichts- und Englischlehrer am Paul-Klee-Gymnasium in Gersthofen Schülerinnen und Schüler des Mittlere-Reife-Zuges bei einem Besuch, zu dem er auch zwei Zeitzeugen mitgebracht hatte. Auf Einladung der Schulleitung kam der engagierte Pädagoge an die Mittelschule. Verschiedene Stolpersteine, die bereits in Meitingen von dem Künstler Gunter Demnig verlegt wurden, erinnern an dieses dunkle Kapitel. Dr. Bernhard Lehmann verstand es, die 9. und 10. Klassen des Mittlere-Reife-Zuges zu fesseln. Während seiner umfangreichen Ausführungen und Recherchen war es mucksmäuschenstill in der Mensa der Mittelschule Meitingen. Bei seiner Begrüßung meinte Rektor Peter Reithmeir, dass sich dieses dunkle Kapitel deutscher Geschichte nie mehr wiederholen dürfe, dass die Erinnerung daran aber wach gehalten werden müsse, dass darüber erzählt, berichtet und gesprochen werden muss. Und deshalb kam auch die Einladung an den Referenten und die Zeitzeugen zustande. Konrektor Andreas Tepper, der als Moderator die Veranstaltung leitete, berichtete was die Mittelschule Meitingen zur Demokratieerziehung beiträgt. Mit ihren Lehrkräften fahren die Schüler in die KZ-Gedenkstätte nach Dachau, die Schülersprecher werden von allen Schülern in Urwahlen gewählt (nicht nur von den Klassensprechern) und auch das Logo der Mittelschule Meitingen ist Ausdruck einer christlich-demokratischen Wertegemeinschaft – mit Werten, die in allen Weltreligionen zu finden sind (Achtung vor dem Leben und der persönlichen Freiheit). Dieses Logo wurde vom langjährigen Rektor und Diakon Bernhard Berchtenbreiter entwickelt, ausgearbeitet und verwirklicht. Die Mittelschule Meitingen ist stolz auf ihre Werteerziehung und sie leistet dadurch einen wertvollen Beitrag zur demokratischen Erziehung. Rund 600 Zwangsarbeiter mussten während des Krieges in Meitingen und Umgebung schuften. Während der NS-Diktatur gab es Millionen von Zwangsarbeitern, die aus den besetzten Gebieten im Ausland ins Deutsche Reich deportiert wurden. Es waren oft noch Kinder und Jugendliche, die aus der Ukraine, aus Russland, aus Frankreich, aus Polen und aus Italien gegen ihren Willen nach Deutschland gebracht wurden. Bei Siemens-Plania (heute: SGL Carbon) waren Zwangsarbeiter, bei der Bahnmeisterei oder auch bei vielen Familien in der Landwirtschaft. Darüber konnten die Zeitzeugen Maria Bergmeir (ehemals Langenreichen) und Wolfgang Liepert erzählen. „Unser Vater gab den Arbeitern öfters eine Scheibe Brot“. Gemeint waren die Zwangsarbeiter von Siemens Plania, die gegenüber der Familie Liepert „hausen“ mussten. Zu den ehemaligen „Häftlingen“ bestanden lange familiäre Beziehungen – man besuchte sich gegenseitig und versuchte so, ein trauriges Kapitel Geschichte miteinander aufzuarbeiten. „Die finanzielle Entschädigung ist lächerlich, ein Spott und Hohn für die Betroffenen“, so Dr. Bernhard Lehmann. Das Aufarbeiten und das Vermitteln eines Demokratieverständnisses sind dem Träger des Bundesverdienstkreuzes (2014) ein sehr großes Anliegen. Deshalb dürfen die dunklen Jahre der Geschichte nicht vergessen werden und es ist eine zentrale Aufgabe, jungen Menschen ein Gespür und ein Verständnis für Demokratie aufzuzeigen. Verschiedene Stolpersteine und Stolperschwellen sollen auf Anregung Lehmanns an die Kriegsgefangenen und Zivilisten erinnern, die in Meitingen und Umgebung Zwangsarbeit leisteten. Die nächste Stolperschwelle wird im Bahnhofsbereich von Meitingen am 22. 03. 2023 durch den Künstler Gunter Demnig verlegt werden. Die Mittelschule Meitingen wird zu einer würdigen Gestaltung beitragen.