Bevorraten und Lagern, Horten und Hamstern
Dieser Beitrag beruht auf eigenen Erfahrungen mit Mangelzeiten im Krieg und der Nachkriegszeit, den Wanderungen in Deutschland und den alljährlichen Winterbevorratungen, denn wer vier Kilometer mit Steigung und Gefälle zum nächsten Lebensmittelladen bei Schnee, Regen, Glatteis, Windböen mit dem Rad fahren muss, weiß eine gute Bevorratung zu schätzen.
Grundlagen.
Unumgänglich ist eigenes Wissen und Können. Wissen kann man aus Büchern lernen, Können muss man selbst erproben, einüben und eben immer wieder höchst eigenhändig ausführen.
Für die Lagerung braucht man einen passenden Raum: dunkel, meist trocken, sauber, geschützt vor Ungeziefer.
Als Lagerbehälter haben sich bewährt:
a) Vorratsgläser mit Glasdeckel, dichtendem Gummiring, Metallklemmverschluss;
b) Expeditionskanister aus lebensmittelechtem Kunststoff, vierkantig (lässt sich dicht an dicht stellen), große Öffnung mit wasserdichtem Schraubverschluss, Volumen 20, 25, 30 Liter. Übrigens: diese Behälter können leer auch als Schwimmkörper verwendet werden, vier 30-L Kanister tragen einen Mann.)
Was man einlagert, muss jeder für sich selbst bestimmen, ich gebe hier nur aus eigener Praxis Hinweise.
Wie viel von einem Gut eingelagert werden soll, hängt objektiv von der maximalen Lagerdauer ab. Im übrigen von der individuellen Berechnung: Wie viel brauche ich im Monat, multipliziert mit wie viele Monate soll der Vorrat reichen, plus einem Sicherheitszuschlag.
Brennwert und Bedarf. Der Tagesbedarf wird mit 2.100 kcal für Männer und 1.800 kcal für Frauen angegeben. Kohlehydrate und Eiweiß haben einen Brennwert von rund 4,5 kcal je Gramm; Fett hat einen Brennwert von 9 kcal je Gramm. Aus diesen Angaben kann sich jeder seine gewünschten Einlagerungsmengen errechnen.
Lebensmittel halten sich nicht ewig, der Lagerbestand muss ständig umgewälzt werden. Zu einer Lagerzeit von zehn Jahren gehört, dass jährlich zehn Prozent des Bestandes durch frische Ware ersetzt werden muss (und das Aussortierte verbraucht wird!); zu einer Lagerzeit von fünf Jahren gehört, dass jährlich ein Fünftel, also zwanzig Prozent, durch frische Ware ersetzt und das Aussortierte verbraucht wird. Also, erst richtig bis zu Ende denken, dann einlagern, horten, hamstern.
Welche Lebensmittel eignen sich zu Einlagerung?
Wasser. Wasser ist das wichtigste Lebensmittel, ohne Wasser überlebt der Mensch maximal einige Tage. Die Trinkwasserversorgung war nicht im Krieg, wohl aber nach dem Krieg für einige Wochen unterbrochen, und dass, obwohl im Versorgungsgebiet es keine kriegsbedingten Schäden gab. Ich gehe davon aus, dass es in normalen Friedenszeiten keine längere Unterbrechung der Trinkwasserversorgung gibt. Nutzbar ist in Deutschland Quellwasser, kleine Wasserläufe im Wald (nicht Feld, schon gar nicht Siedlung), stehende Gewässer im Wald, Regenwasser. Aufbereitung: Keramikfiltergeräte für Wanderungen und Expeditionen, die Filter halten Bakterien zurück nicht aber Viren, chemische Lösungen gar nicht. Quellwasser und Bachwasser schmeckt, Moorwasser schmeckt nicht, Wasser aus der Pfütze im Waldweg ist trinkbar, Wasser aus stehenden Waldgewässern ist trinkbar, Regenwasser ist trinkbar in kleinen Mengen.
Abwasser. Gibt es aus der Leitung kein Trinkwasser, funktioniert auch unsere Wasserentsorgung nicht! Wohl dem, der einen Garten und einen Spaten hat!
Salz. Kochsalz, Natriumchlorid, NaCl. Salz ist in geringen Mengen lebensnotwendig. Salz ist gesteinsbildend und über hunderte von Millionen Jahren beständig. Sauber und trocken im Vorratsglas gelagert, ist Salz praktisch unbegrenzt haltbar und als Nahrungsmittel verwendbar; Salz ist mein einziges Würzmittel.
Zucker. Normaler weißer Haushaltszucker, sauber und trocken gelagert, im Vorratsglas oder (mit der üblichen Verpackungspapiertüte) im Kanister, ist Zucker über viele Jahre haltbar und als Lebensmittel verwendbar. Zucker ist ein Kohlehydrat: Brennwert: 4,5 kcal je Gramm.
Hülsenfrüchte (Bohnen, Erbsen, Linsen). Kohlehydrat und Eiweiß: Brennwert: 4,5 kcal je Gramm. Lagerung (mit der üblichen Verpackung) im Kanister. Haltbarkeit: etliche Jahre (auch über das aufgedruckte Haltbarkeitsdatum hinaus), das natürliche unveränderte Korn vorausgesetzt. Verarbeitung: Bohnen und Erbsen einen halben Tag vor dem Kochen einweichen, dann mit diesem Wasser kochen (verkürzte Garzeit auf deutlich unter eine Stunde, salzen erst nach dem Kochen! Auf ein Teil Hülsenfrüchte drei bis vier Teile Wasser.
Getreide (Roggen, Weizen). Kohlehydrate und Eiweiß: Brennwert: 4,5 kcal je Gramm. Lagerung (mit der üblichen Verpackung) im Kanister oder im Vorratsglas. Haltbarkeit: etliche Jahre, das natürliche unveränderte Korn vorausgesetzt. Getreidemühle nicht vergessen, vorsichtshalber mit Handbetrieb: geht auch bei Stromsperre. Ich verwende im Garten selbst angebauten Roggen als Zuschlag zur Brotmischung oder Weizenmehl. (250g Backmischung + 300g eigenes Roggenmehl; 250 g Weizenmehl + 300g eigenes Roggenmehl + Hefe + 1 Teelöffel Salz). Brotbackenlernen!)
Über Winter: Kartoffeln, Kohlrüben, Weißkohl, Möhren. Lagerung nur für einige Monate nach der Ernte über Winter im Keller (+ 4 Grad, normale Luftfeuchtigkeit, dunkel). Hier gibt es gute Ratschläge für besondere Lagerung, suchen und den eigenen Gegebenheiten anpassen.
Konserven, Dosen. Klar, einfach, alles fertig. Hinweise zur Lagerung und Haltbarkeit, sollte man wenigstens vorher einmal gelesen haben.
Selbst Konservieren. Hierher gehört Einkochen (Einwecken), Trocknen (Dörren), Einsalzen, Einsäuern (Sauerkohl), bedingt: Einfrieren. - Sollte man lernen und bei Zeiten tränieren.
Eigener Anbau. Je nach Platz und den eigenen Fähigkeiten. Roggen (und Weizen) wächst immer und überall, Kartoffeln meistens.
Eigene Stromerzeugung. Fertige Module für kleine Leistungen gibt es für unter hundert Euro, reicht um über die USB-Schnittstelle ein Kleingerät aufzuladen.
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Und jetzt noch ein paar Tipps für Berufshamsterer aus meiner Nachkriegserfahrung. Nähnadeln, Schuhbänder, Nägel. Alles, was du nicht brauchst, ist Ware für den Tauschhandel. Es gilt die Nachkriegsregel: „Wer sein Leben liebt, der schiebt; wem Ehrlichkeit im Blute rauscht, der tauscht; wem beide Wege sind verbaut, der klaut.“
13.04.2020
Hermann Müller
Bentierode
Bentieröder Bruch 8
D-37574 Einbeck