myheimat.de setzt auf dieser Seite ggf. Cookies, um Ihren Besuch noch angenehmer zu gestalten. Mit der Nutzung der AMP-Seite stimmen Sie der Verwendung von notwendigen und funktionalen Cookies gemäß unserer Richtlinie zu. Sie befinden sich auf einer sogenannten AMP-Seite von myheimat.de, die für Mobilgeräte optimiert ist und möglicherweise nicht von unseren Servern, sondern direkt aus dem Zwischenspeicher von Drittanbietern, wie z.B. Google ausgeliefert wird. Bei Aufrufen aus dem Zwischenspeicher von Drittanbietern haben wir keinen Einfluss auf die Datenverarbeitung durch diese.

Weitere Informationen

Demokratie mit kleinen Fehlern

„Demokratie“ bedeutet, so steht es im Duden, „Volksherrschaft“ (griechisch, so übel können die Griechen also wohl nicht sein). Und damit fangen die Probleme an: Volk – wer ist das Volk? Und wer soll da herrschen? Wieder im Duden: die Volksvertreter. Und wie kommen wir zu diesen Volksvertretern? Klar, durch Wahlen! Und damit kommen wir auch nicht weiter. - Also alles noch einmal von Anfang an.
Gegeben ist ein Raum, ein Gebiet; irgendwie abgegrenzt zu dem Rest der Welt. In diesem abgegrenztem Gebiet lebt eine bestimmte Population. Da diese Population aus lebenden Wesen besteht und da lebende Wesen die Eigenart haben zu entstehen, sich eine Weile zu entwickeln und dann zu sterben, besteht diese Population aus Lebewesen unterschiedlichen Alters. - Wer das alles weniger abstrakt haben möchte: Wir nehmen Deutschland (abgegrenztes Gebiet), wir nehmen die hier lebenden Menschen (lebende Wesen) und diese Menschen sind unterschiedlich alt.
Wer ist hier nun „das Volk“? Wir unterscheiden sofort in Deutsche und nicht Nicht-Deutsche. Diese Nicht-Deutschen können sein „Ausländer“ oder Nicht-Ausländer. Und diese Nicht-Deutschen unterscheiden wir weiter nach ihrer Herkunft oder Volkszugehörigkeit oder Religionszugehörigkeit oder Volkszugehörigkeit. Und wer von all diesen hier wohnenden ist denn nun „das Volk“?
So kommt man dann zu den „Wahlbürgern“, also denen, die da wählen dürfen, und das sind ja doch offenbar eben nicht alle. Aus der „Volksherrschaft“ wird so bestenfalls die Wahlbürgerherrschaft. Bei uns in Deutschland sind wahlberechtigt nur die Deutschen (Deutscher Pass) und manchmal auch einige bestimmte Ausländer (EU-Bürger).
Fragen wir gleich einmal nach der Mehrheit. Egal wie viele es sind, die Wahlbürger sind eine Untermenge der Bevölkerung und damit eindeutig weniger als alle hier Lebenden. Aber auch die Wahlbürger sind nicht alle wahlberechtigt. Wir wissen, wählen darf nur, wer ein bestimmtes Mindestalter erreicht hat. Also alle Kinder sind nicht wahlberechtigt. Und von den nach dem Alter Wahlberechtigten dürfen die einen oder anderen auch nicht wählen, weil ihnen gerade mal so das Wahlrecht aberkannt wurde.
Also rechnen wir mal:
Gesamtheit der hier Lebenden
- Nicht-Wahlbürger
- Nicht-wahlberechtigte Kinder
- Nicht-wahlberechtigte Sonstige
= Wahlberechtigte
Wahlberechtigt ist also nur eine Untermenge der Gesamtbevölkerung. Und nur diese Untermenge, die durchaus auch die Minderheit der Gesamtbevölkerung sein kann, bildet das Wahl-Volk, das Volk, das da über die Volksherrschaft bestimmt. Demokratie mit systematischem Fehler!
Jetzt geht es mit den bekannten Einengungen weiter. Von allen Wahlberechtigten wählt aber nur eine Untermenge, das sind die Wähler. Und von diesen Wählern gibt ein Teil einen ungültigen Stimmzettel ab. Und allein von den gültigen Stimmen wird dann eine die Wahl entscheidende Mehrheit festgestellt, es sei denn, das Wahlgesetz hält noch einige weitere Begrenzungen bereit. Bei uns bei einigen Wahlen eine (relative) Mindestmenge („fünf-Prozent-Hürde“) oder andernorts andere Eigenheiten (USA-Präsidentenwahl über Wahlmänner: Es kommt auf die Anzahl der Wahlmänner nicht auf die bei der Wahl abgegebenen Stimmen an.).
Wir rechnen erneut:
Gesamtheit der hier Lebenden
- Nicht-Wahlbürger
- Nicht-wahlberechtigte Kinder
- Nicht-wahlberechtigte Sonstige
= Wahlberechtigte
- Nichtwähler
= Wähler
- ungültige Stimmen
= gültige Stimmen
- wertlose Stimmen wegen Fünf-Prozent-Hürde; Wahlgesetz
= zu wertende Stimmen
Für die im Wahlergebnis dargestellten Mehrheiten kommt es also nur auf diese zu wertenden Stimmen an – alle anderen gehen unter. Welche Mehrheit, bezogen auf die Gesamtbevölkerung, hat denn bei dieser Art der Wahl der Wahlgewinner? Und was ist das für eine Demokratie?
Aber es geht noch schlimmer. In Niedersachsen soll bei Kommunalwahlen wieder die Stichwahl eingeführt werden. Die beiden, die bei der ersten Wahl die meisten Stimmen bekommen haben, sollen in einem zweiten Wahlgang gegeneinander antreten und wer da die (absolute) Mehrheit hat, wird zum Sieger der Wahl erklärt. Demokratie oder Wahlmanipulation? Bürgermeister oder Landrat sind für manchen durchaus erstrebenswert, jedenfalls sind sie ordentlich bezahlt, weil zwingend Beamte. Lassen wir also mal eine Horde übermütiger junger Leute nur so zum Spaß sich auf einen solchen Posten bewerben, es sollen deren hundert sein. Die Bevölkerung erkennt den Spaß – und verteilt ihre Stimmen gerecht unter allen Kandidaten, jeder bekommt genau ein Prozent der Stimmen, nein nicht jeder, zwei bekommen, ich weiß nicht wie, genau eine Stimme mehr. Diese beiden haben damit die meisten Stimmen, sie treten in einer Stichwahl gegeneinander an. Die Bevölkerung ist die Sache leid, es gehen nur drei Wähler zur Wahl: Der eine bekommt eine (seine eigene!) Stimme, der andere bekommt zwei Stimmen. Der Wahlsieger hat die Wahl mit 66,67 Prozent gewonnen! Prima Demokratie.
Bleiben wir bei der Bundestagswahl, da gilt die Fünf-Prozent-Hürde. Es gäbe genau zwanzig kandidierende Parteien. Neunzehn dieser Bewerber bekommen genau 4,99 Prozent der gültigen Stimmen – und sind damit nicht im Parlament. Die zwanzigste Partei bekommt den Rest der Stimmen, das sind immerhin 5,19 Prozent – sie bekommt alle Sitze im Parlament und kann nach Belieben die Verfassung ändern. Perversion der Demokratie!
Bitte etwas realistischer! Bitte sehr: Bevölkerung in Deutschland rund 82 Millionen. Davon mögen rund 20 Prozent nicht wahlberechtigt sein, es verbleiben: (82.000.000*0,80=) 65.600.000 Wahlberechtigte. Von denen nehmen nur 65 Prozent an der Wahl teil, es verbleiben: (65.600.000*0,65=) 42.640.000 Wähler gleich abgegebene Stimmen. Von diesen sind 1 Prozent der Stimmzettel ungültig, es verbleiben: (42.640.000*0,99=) 42.213.600 gültige Stimmen. Wegen der Fünf-Prozent-Hürde bleiben 10 Prozent der gültigen Stimmen wirkungslos, es verbleiben: (42.213.600*0,90=) 37.992.240 in Sitze umzurechnende Stimmen. Die Regierung soll davon die Hälfte plus eine Stimme bekommen, das macht:(37.992.240/2+1=) 18.996.121. bezogen auf die Gesamtbevölkerung von 82 Millionen sind das immerhin: (18.996.121/82.000.000=) 23,166 Prozent! Demokratie ohne Mehrheiten?
Welcher Anteil der russischen Bevölkerung stimmt für Putin? Und bleiben wir im Lande, welcher Anteil der deutschen Bevölkerung wählte 1933 Hitler? Demokratie im Vergleich – und zum Nachdenken.

27.05.2013
Hermann Müller
Bentierode
Bentieröder Bruch 8
D-37574 Einbeck

Weitere Beiträge zu den Themen

DemokratieWahlVolkBürgerVolksherrschaft

1 Kommentar

Die 5%-Hürde ist ein Problem, ja.
Stichwahlen ebenso.

Aber alles andere nicht.
So sind die Leute selbst schuld, wenn sie nicht wählen gehen und am Ende Minderheiten entscheiden.

Und Demokratie bedeutet ja, dass man sich seine Mehrheiten beschaffen darf -und muss. Man kann auch das Wahlsystem ändern. Selbst Parteien gründen oder Posten anstreben. Usw.

Was wäre denn eine bessere Alternative?

Beteiligen Sie sich!

Um zu kommentieren, öffnen Sie den Artikel auf unserer Webseite.

Zur Webseite

Themen der Woche

BurgGreener BurgBurg GreeneHüburg