Bevölkerungspolitik 7 - Geschlechterverhältnis bei der Geburt
Eigene Kinder oder Einwanderer?
Schulen oder Altersheime?
Kindergeld oder Renten?
Zukunft oder Vergangenheit?
Leben oder Aussterben?
Das ist Bevölkerungspolitik!
Dieser Beitrag setzt die Kenntnis der vorhergehenden Beiträge voraus.
Das Verhältnis der Geschlechterverteilung – männlich/weiblich – zum Zeitpunkt der Geburt ist eins der drei Elemente der „natürlichen Bevölkerungsbewegung“.
Das Verhältnis der beiden Geschlechter bei der Geburt ist nicht gleich. Es werden – wenn der Mensch nicht in die Natur eingreift – etwas mehr männliche Kinder geboren. Die Statistik gibt in langen Zeitreihen an, wie viel männliche Geborene auf 1.000 (oder 100) weibliche Geborene kommen. Die von mir gefundenen tiefsten Werte (männlich zu 1 weiblich) für Deutschland seit 1872 liegen bei 1,050 (in 1881 und 1887); die höchsten Werte bei 1,073 (in 1921; 1823; 1924), 1,075 (in 1922; 1947; 1949), 1.079 (in 1946) und 1,080 (in 1948). Ein mittlerer Wert liegt bei rund 1,060. Daraus ergibt sich die Wahrscheinlichkeit der Geburt eines männlichen Kindes (bitte nicht: einer männlichen Geburt, denn bis jetzt hat noch kein Mann ein Kind geboren) zu: (1060 / (1060 + 1000)) = 0,514563106, gerundet: 0,515 und die eines weiblichen Kindes mit (1 - 0,515 =) 0,485.
Interessant: Die Sexualproportionen vor der Geburt sind deutlich anders. Es wurde gefunden männlich zu weiblich:
115 zu 100 bei Totgeborenen;
123 zu 100 bei Fehlgeburten im 6. Schwangerschaftsmonat;
202 zu 100 bei Fehlgeburten im 4. Schwangerschaftsmonat.
Daraus ergibt sich, dass zwischen dem Geschlechterverhältnis zum Zeitpunkt der Zeugung (primäres Geschlechterverhältnis) und dem Zeitpunkt der Geburt (sekundäres Geschlechterverhältnis) unterschieden werden muss.
Die jährlichen Schwankungen seien abhängig:
• von der Sozialschichtenzugehörigkeit der Eltern,
• von der Reihenfolge der Geburt (Erstgeborene sind häufiger männlich),
• von sexualphysiologischen Faktoren (zeitlicher Zusammenhang zwischen Eisprung und Geschlechtsverkehr),
so die Erklärungsversuche. Die Höchstwerte nach den Kriegen werden als der Versuch der Natur, die vorwiegend männlichen Kriegsverluste auszugleichen, erklärt; aber auch mit der Mangelernährung in den Nachkriegsjahren.
Der Mensch greift in das natürlich gegebene Geschlechterverhältnis auf drei Arten ein:
• Tötung des Lebendgeborenen, wenn das Geschlecht nicht genehm ist. In unserer Systematik bedeutet dies eine Erhöhung der einjährigen Sterbewahrscheinlichkeit für das Alter 0 des betreffenden Geschlechts.
• Abtreibung des Ungeborenen, wenn das Geschlecht nicht genehm ist. In unserem System bedeutet dies eine Senkung der Geburtenziffer aber auch eine Änderung des Anteils der männlichen Geborenen, wenn die Abtreibungen systematisch gegen ein bestimmtes Geschlecht (meistens das weibliche) gerichtet sind.
• Manipulierung bei der Verwendung des Spermas (künstliche Befruchtung nach Sperma-Bearbeitung). In unserem System bedeutet dies eine Änderung der „Naturkonstanten“ Anteil männlicher Geborener.
Solange die menschlichen Eingriffe aber von der Menge her nicht all zu hoch liegen, kann man für unsere Berechnungen für die Wahrscheinlichkeit eines männlichen Geborenen diesen Wert als eine „Naturkonstante“ ansehen und ihn mit einem plausiblen Wert (z.B. 0,515) in die Rechnung einsetzen.
Männermangel und Männerüberschuss.
Es gibt heute kaum noch einen Zweifel: das weibliche ist das eigentliche, das primäre Geschlecht, die Männer sind nur ein Anhängsel, ein ausgelagertes Gendepot. Aber ganz ohne sie geht die Reproduktion auch nicht, jedenfalls nicht bei dem Tier Mensch. Also wie wirkt sich Männerüberschuss oder Männermangel auf die Reproduktion aus?
Biologisch ist die Fruchtbarkeit vorgegeben: Die Frau wird in ihrem Leben kaum mehr als 30 Geburten fertigbringen und dass bedeutet praktisch, sie wird kaum mehr als 30 Kinder haben. Die biologische Obergrenze der Fruchtbarkeit des Mannes liegt erheblich höher, wie nicht nur einfache theoretische Überlegungen ergeben, sondern auch ganz praktische Beispiele so manches Haremsbesitzers zeigen, dem mehrere Hundert Kinder nachgesagt werden. Der Mann ist also bisweilen nur ein Zuchtbock.
Für unsere Überlegungen bedeutet dies, dass ein Männerüberschuss die Reproduktion nicht oder nur sehr gering beeinflussen kann, weil hier sehr bald an die biologischen oder Willensgrenzen des weiblichen Teils der Bevölkerung gestoßen wird. Der Männerüberschuss kann natürlich (theoretisch) dazu führen, dass der weibliche Bevölkerungsanteil gezwungen wird, seine Willensgrenze mehr oder weniger aufzugeben, bzw. nach oben zu verschieben, aber eben an der biologischen Grenze ist in jedem Fall das Ende aller Möglichkeiten erreicht. Im Ergebnis können wir also feststellen, dass ein Männerüberschuss für die Reproduktion praktisch bedeutungslos ist.
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Wir führen unsere Basistabelle fort und fügen diese Spalten an:
Spalte K: „l[x]“ mit dem Startwert „51500“;
Spalte L: „l[y]“ mit dem Startwert „48500“;
Spalte M: „l[x] + l[y]“ und der Summe aus den Spalten K und L;
Spalte N: „x“ als unsere Trennspalte.
Unsere weitergeführte Sterbetafel zeigt für die Lebenden bei gleichem Startwert von 100.000, dass die Anzahl der Lebenden weiblich (l[y]) ab dem Alter 1 über den Zahlen der männlichen (l[x]) liegt, die geringere Sterbewahrscheinlichkeit des weiblichen Bevölkerungsteils wirkt sich deutlich aus. Setzen wir den Startwert entsprechend der Geschlechterverteilung bei der Geburt auf 51.500 männlich und 48.500 weiblich, dann kippt im Alter von 63/64 (bei dieser Sterbetafel!) die bisherige Unterzahl des weiblichen Anteils jetzt in die Mehrheit. Trotzdem ist die Gesamtzahl der Lebenden beider Tabellen mit über acht Millionen mit 6.906 Unterschied vom Geschlechterverhältnis beim Startwert kaum abhängig.
Fortsetzung folgt.
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12.06.2020
Hermann Müller
Bentierode
Bentieröder Bruch 8
D-37574 Einbeck